April 2018
Autor: Michael Sauermost
Bürogebäude und altes buddhistisches Stupa und Gebetsfahnen im Herzen von Phnom Penh. © Getty Images/Didier Marti
Die Skyline von Phnom Penh ist ein außerordentlich beliebtes Fotomotiv. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich laufend verändert. Im Jahr 2010 wurde das erste Gebäude mit mehr als 30 Stockwerken fertiggestellt. 2015 gab es schon ein paar Dutzend Hochhäuser zwischen fünf und 54 Stockwerken. Mittlerweile ragen nahezu 1.000 Wolkenkratzer in Kambodschas Himmel. Die Satellitenstadt Koh Pich (Diamond Island) in Phnom Penh verkörpert den gegenwärtigen Bauboom des Landes besonders – und gleichzeitig den Einfluss chinesischer Investoren.
Das Wirtschaftswachstum Kambodschas ist beeindruckend und konstant. Wie schon im Zeitraum 2016 bis 2018 wird es 2019 eine reale Steigerung des Bruttoinlandsprodukts von knapp sieben Prozent geben. „Das tonangebende Quartett für die Wirtschaft bilden die Bekleidungsindustrie, die Bauwirtschaft, der Agrarsektor sowie der Tourismus“, sagt Tassilo Brinzer. Er hat die rasante Entwicklung des kleinen Asean-Staates (Association of Southeast Asian Nations) als erfolgreicher Unternehmer und Publizist vor Ort hautnah miterlebt. Als Vorsitzender des Arbeitskreises der Deutschen Wirtschaft will er die Entwicklung vor Ort weiter voran-
treiben.
Bauvorhaben nahmen in Kambodscha zwischen 2000 und 2017 ihren Anfang. Gesamtwert der Projekte: umgerechnet etwa 37 Milliarden US-Dollar.
Quelle: Ministry of Land Management, Urban Planning and Construction
Die Regierung rollt Investoren aus dem Ausland den roten Teppich aus – garniert mit verschiedenen Anreizen. Unternehmer dürfen Kapitalgüter zollfrei importieren und Kapitalerträge problemlos außer Landes bringen. Von den 6,3 Milliarden US-Dollar, die im Jahr 2017 ins Land flossen, kam ein Anteil von etwas mehr als 70 Prozent aus der Volksrepublik China. Nicht umsonst wird Kambodscha bisweilen als Lieblings-Asean-Staat der Chinesen bezeichnet.
China investiert zum Beispiel in die unzureichende Transportinfrastruktur. Diese bremst das Wachstum, denn sie macht es Industrieunternehmen schwer, Vorerzeugnisse ein- und fertige Waren auszuführen. Das Unternehmen China Road and Bridge Construction will für eine Summe von zwei Milliarden US-Dollar bis 2023 einen 190 Kilometer langen, vierspurigen Expressway von Phnom Penh nach Sihanoukville errichten. Über die Hafenstadt wird ein Anteil von rund 70 Prozent des Handels abgewickelt. Bei ihren strategischen Investitionsvorhaben überlassen die chinesischen Investoren nichts dem Zufall. Neben dem Kapital bringen sie auch ihre Arbeitskräfte, notfalls den eigenen Koch, aus dem Reich der Mitte mit.
Chinesen planen Großprojekte
China hat zahlreiche spektakuläre Großprojekte angekündigt. Beispielsweise zwei neue Flughäfen in Phnom Penh sowie in der Touristenhochburg Siem Reap, wo die Tempelanlage Angkor Wat jährlich neue Rekordzahlen an chinesischen Touristen verzeichnet. Auch ein neues Nationalstadion wollen die Chinesen spendieren, wo dann im Jahr 2023 rund 60.000 Zuschauer die 32. Südostasienspiele verfolgen können. Noch nie gab es so ein großes Sportevent in Kambodscha.
Was die Industrie vor Ort betrifft, so lautet das Zauberwort: Diversifikation – langsam weg von lohnintensiven Branchen. Ohnehin sei die Konzentration auf einen Exportsektor riskant, mahnen Kritiker. Derzeit läuft die Bekleidungsindustrie Gefahr, den Präferenzhandel mit der EU zu verlieren. Den Sprung direkt zur industriellen Hightechproduktion wird es indes noch nicht geben. Im Fokus stehen erst einmal insbesondere Produkte der Leichtindustrie wie Fahrräder, elektronische Geräte, elektrische Leitungen, Möbel, Spielwaren sowie Kleineisenwaren. Europäische Unternehmen hätten durchaus Chancen in Nischenbereichen, berichtet Rainer Israel, Direktor des Bauunternehmens Inros Lackner, das unter anderem erfolgreich Fotovoltaikanlagen auf Gebäuden installiert.
Dem Großteil der lokalen Betriebe fehlt betriebswirtschaftliches Know-how. Eine ganze Generation gebildeter Kambodschaner fiel der Schreckensherrschaft der Roten Khmer bis 1979 zum Opfer. Die wenigen exportorientierten Großunternehmen residieren oft in einer der rund 30, im Jahr 2005 eingeführten Sonderwirtschaftszonen, weil Transport und Logistik dort besser funktionieren als im Rest des Landes. Die Unternehmen gehören meist Ausländern. Die Investoren stammen aus Südkorea, aus Japan – viele sind auch Chinesen. Kambodscha ist eben ihr liebster Asean-Staat.
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Weitere Informationen zu Kambodscha finden Sie auf der GTAI-Länderseite.
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