April 2018
Autor: Achim Kampf
Mehr als 70 Prozent aller Güter reisen in Containern um die Welt. Unternehmer müssen sich darum kümmern, dass hier alle Vorschriften eingehalten werden.
© Thies Raetzke/laif
Exportkontrolle: Viele Unternehmer denken bei diesem Wort an Verwaltungsbeamte, die streng den Zeigefinger heben und damit alle Auslandsgeschäfte gefährden. Die Praxis zeichnet aber ein anderes, ein kooperatives Bild. Exporteure sollten sich dennoch fragen, wie und ob sie ihre Ausfuhr gesetzeskonform realisieren – denn sie können selbst die besten Voraussetzungen dafür treffen, wenn sie sich frühzeitig mit den Vorschriften auseinandersetzen und die unternehmensinternen Prozesse entsprechend ausrichten.
Warum müssen sich Unternehmen mit Exportkontrollen überhaupt auseinandersetzen?
Warenexporte können unzulässig sein oder eine Genehmigung erfordern. Allein schon, um hier nicht von unangenehmen Sanktionen überrascht zu werden, ist es sinnvoll, dass sich Unternehmen frühzeitig mit diesen Themen befassen. Folglich ist ein Grundprinzip der Exportkontrolle die Eigenverantwortung der Unternehmen. Das bedeutet: Unternehmen müssen zunächst prüfen, ob sie von existierenden Rechtsvorschriften betroffen sind. Sie müssen also ihre Verantwortung wahrnehmen und damit nachweisen können, dass sie willens und in der Lage sind, mit allen Instrumenten der Exportkontrolle umzugehen, also mit Compliance leben können. „Das ist der Preis der außenwirtschaftlichen Freiheit“, sagt Georg Pietsch, Abteilungsleiter Ausfuhr im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa.
Welches Ziel verfolgen der Gesetzgeber und die Bundesregierung mit Exportkontrollen?
Das Exportkontrollrecht hat in erster Linie außen- und sicherheitspolitische Hintergründe. Es dient sowohl der Sicherheit Deutschlands als auch der Aufrechterhaltung des Friedens. Auch die Wahrung der Menschenrechte ist ein wichtiges Ziel. Den Unternehmen wird eine verantwortungsvolle Teilnahme am Außenhandel ermöglicht.
Was sind die wichtigsten Rechtsgrundlagen?
Zu den wesentlichen Rechtsgrundlagen zählen unmittelbar in Deutschland anwendbare EU-Rechtsnormen sowie nationale Rechtsvorschriften. „Bei den wesentlichen Rechtsgrundlagen muss man unterscheiden, ob daraus für die Unternehmen Verbote resultieren, besonders für Handlungen im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen, den Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung oder der Mehrzahl der Embargos“, sagt Georg Pietsch. „Sollte kein Verbot vorliegen, sind Genehmigungsvorbehalte zu prüfen.“ Das gilt vor allem für die Ausfuhr, die Beförderung innerhalb der EU sowie für technische Unterstützung, Handels- und Vermittlungsgeschäfte und zunehmend auch für den Kapital- und Zahlungsverkehr. Genehmigungen sind vor allem bei Gütern nötig, die gelistet sind, beispielsweise in der deutschen Ausfuhrliste, in einem Anhang zur Außenwirtschaftsverordnung oder in den Anhängen I und IV zur EG-Dual-Use-Verordnung.
Exportkontrolleur: das BAFA
Das Bundesamt für Wirtschaft undAusf uhrkontrolle (kurz Bafa) ist die zuständige Verwaltungs- und Genehmigungsbehörde für Exportkontrollen. Im Rahmen der politischen Vorgaben setzt das Bafa die Sicherheitsbelange der Bundesregierung und die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik auf dem Gebiet des Außenwirtschaftsrechts um. Unternehmer, die Informationen suchen oder sich beraten lassen wollen, können sich jederzeit an das Bafa wenden.
© BAFA/Michael Rostek
Müssen Exporteure auch vorsichtig sein, wenn ihre Produkte zivil genutzt werden?
„Die Antwortet lautet grundsätzlich: Ja“, sagt Experte Pietsch. „Denn in der Regel haben viele Güter das Potenzial, auch für militärische Zwecke oder in Zusammenhang mit Waffenvernichtungswaffen genutzt zu werden.“ Dabei muss jeder Exporteur beachten, dass Rüstungsgüter immer einer umfassenden Kontrolle unterliegen, das gilt auch für Feuerwaffen. Gelistete Dual-Use-Güter, also Güter die man zivil oder militärisch verwenden kann, unterliegen einer Kontrolle, wenn sie in einschlägigen Güterlisten ausdrücklich genannt sind. Für nicht gelistete Güter gilt: Sie unterliegen je nach Verwendung einer Kontrolle, beispielsweise, wenn sie dazu eingesetzt werden, Massenvernichtungswaffen aufzurüsten. Zudem gibt es viele Güter, die aufgrund von Embargobeschlüssen internationaler Gremien wie den Vereinten Nationen oder der Europäischen Union kontrolliert werden müssen. Ein Restrisiko einer missbräuchlichen Verwendung bleibt immer bestehen.
Sind Güter, die nicht gelistet werden, deshalb unproblematisch?
„Nein“, sagt Georg Pietsch vom Bafa. „Grundsätzlich können ganz unterschiedliche Güter einer Kontrolle unterliegen.“ Neben den technischen Parametern, die dazu führen, dass Güter in einer Ausfuhrliste erfasst werden, kommt es auch auf die Verwendung an. So gibt es bei den vielen Embargos und den Vorschriften beim Kapital- und beim Zahlungsverkehr auch Listen, die Personen oder Unternehmen aufführen, welche aufgrund besonderer Regelungen gar keine wirtschaftlichen Ressourcen erhalten dürfen. Hinzu kommen kann zukünftig, dass Ausfuhren kontrolliert werden, bei denen Güter im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen stehen könnten. Das ginge über den klassischen Kontrollbereich hinaus. Diese Güter sind nirgendwo gelistet.
Wie sollten sich Unternehmen organisieren, um alle Vorschriften einzuhalten?
Unternehmen brauchen Internal-Compliance-Programme, kurz ICP. Ohne sie dürfte ein verantwortlicher Umgang mit den zunehmend komplexeren Exportkontrollvorschriften kaum mehr möglich sein. Darauf weist auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hin, wonach Exporteure einen sogenannten Compliance Officer beauftragen müssen, wenn sie selbst nicht in der Lage sind, sorgfältig zu arbeiten. Bei Verstößen müssen Unternehmen meist Geldbußen zahlen – deren Höhe bemisst sich auch daran, ob ein Unternehmen ein effizientes Compliance-Management installiert hat. Gute Internal-Compliance-Programme enthalten stets ganz bestimmte Elemente.
Wichtige Infos auf einen Blick
Welche EU-Vorschriften Exporteure kennen müssen
- Embargoverordnungen: Sie verbieten bestimmte Geschäfte, etwa den Import von Rüstungsgütern von der EU in den Iran.
- EG-Dual-Use-Verordnung 428/2009: Sie regelt die Genehmigungspflicht für Güter, die sowohl militärisch als auch zivil verwendbar sind.
- EG-Feuerwaffenverordnung 258/2012: Sie regelt die Ausfuhr bestimmter Schusswaffen.
- EG-Anti-Folter-Verordnung 1236/2005: Diese Verordnung verbietet die Ausfuhr von Gütern, die eingesetzt werden könnten, um Menschen zu foltern oder um die Todesstrafe zu vollstrecken. Gleichzeitig schreibt die Verordnung Genehmigungen für bestimmte Güter aus dieser Kategorie vor.
- EG-Verordnung 2580/2001 und EG-Verordnung 881/2002: Die Verordnungen regeln Verbote und Genehmigungen für Güter, die im Zusammenhang mit Terrorismus stehen könnten.
Welche Elemente Internal-Compliance-Programme enthalten sollten
- Bekenntnis der Unternehmensleitung zu den Zielen der Exportkontrolle
- Aufbauorganisation/Verteilung von Zuständigkeiten
- Personelle und technische Mittel, Arbeitsmittel
- Ablauforganisation
- Führen von Aufzeichnungen und Aufbewahrung von Unterlagen
- Personalauswahl, Schulungen und Sensibilisierungen
- Interne Prüfung/Überwachung/Korrekturmaßnahmen/Hinweisgebersystem
- Physische und technische Sicherheit
- Umfassende Risikoanalyse
Das Bafa hat zu dem Thema eine Informationsbroschüre veröffentlicht.
Ausführliche Informationen zum Thema: www.bafa.de
»Verantwortung in der Exportkontrolle ist der Preis der außenwirtschaftlichen Freiheit.«
Georg Pietsch, Abteilungsleiter im Bereich Ausfuhrkontrolle, Bafa
Was müssen Unternehmen beim Technologietransfer beachten?
Einige Staaten versuchen, an das Wissen zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu gelangen, um es dann gewinnbringend an andere Staaten zu verkaufen. Das betrifft beispielsweise das spezifische Wissen in der deutschen Industrie, aber auch viele natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschungseinrichtungen bis hin zu bestimmten Fachbereichen deutscher Universitäten. Forschungsinstitute, die körperliche Exporte, aber auch Technologietransfer zum Alltag zählen, müssen das in ihren internen Abläufen berücksichtigen. „Hier wird schnell mal eine Mail in guter Absicht zwischen Forschungsabteilungen ausgetauscht, wobei ihr Inhalt aber durchaus genehmigungspflichtigen Inhalt haben kann“, sagt Pietsch. Das Bafa hat daher einen Leitfaden zum Thema Technologietransfer für die Industrie und Wissenschaft entwickelt.
Was passiert, wenn Unternehmen sich nicht an die Vorschriften halten?
Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten, riskieren strenge Sanktionen. Nach deutschem Exportkontrollrecht sind Verstöße gegen Waffenembargos für die handelnden Personen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht. Gegen Unternehmen sind Geldbußen von bis zu 500.000 Euro möglich. Also im Zweifel lieber vorher das Bafa kontaktieren.
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