Aus der Gefahrenzone

Auch der neu gewählte mexikanische Präsident will angesichts der Diskussion um den nordamerikanischen Freihandel ­unabhängiger von Exporten in die USA werden. Deutsche Firmen sind willkommene ­Partner, um die mexikanische Industrie dabei zu unterstützen.

August 2018
Autor: Florian Steinmeyer

Mehr Dialog, mehr Partnerschaft mit den USA: Mexikos Staatschef Andres Manuel Lopez versucht es mit versöhnlichen Tönen.

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Dann eben Europa. Oder Ostasien. BMW lege sich mit dem neuen Werk im zentralmexikanischen San Luis Potosi keinesfalls auf den Export in die USA fest, betont Andreas Klugescheid, der bei BMW Politik, Außenbeziehungen und Nachhaltigkeitskommunikation steuert. „Mexiko verfügt über ein sehr breites Netz an Freihandelsabkommen“, sagt er. „Das wollen wir für die weltweite Vermarktung der dort gefertigten Fahrzeuge nutzen.“

Das wird man in der neu gewählten mexikanischen Regierung gern hören. Seit August vergangenen Jahres verhandelt Mexiko mit den USA und Kanada das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta neu, bislang ohne Ergebnis. Ein Abschluss ist frühestens 2019 zu erwarten, zuletzt wurde gar ein Ende von Nafta diskutiert. Für die Mexikaner wird immer deutlicher: Im Außenhandel können sie sich nicht mehr auf den riesigen US-Markt verlassen. Aktuell gehen rund 80 Prozent der Ausfuhren in die USA. Würde der Handel jetzt eingeschränkt werden, hätte vor allem die Kfz-Branche ein Problem, sie gilt als Zugpferd der mexikanischen Wirtschaft. Aber auch andere Sektoren wie die Elektro-, Luftfahrt- und Konsumgüterindustrie hängen stark am US-Geschäft.

Neue Handelsbündnisse

Immerhin schreitet die handelspolitische Diversifizierung zügig voran. Im März dieses Jahres unterschrieb die mexikanische Regierung zusammen mit zehn weiteren Pazifikanrainern das neue Abkommen Trans-Pacific Partnership, kurz: TPP-11. Mexiko ratifizierte als erstes Land den Vertrag. Mit der Europäischen Union einigte man sich im April darauf, den Freihandelsvertrag zu aktualisieren, dadurch sinken die Hürden für den Nahrungsmittelhandel.

Trotzdem bleibt es für mexikanische Unternehmen schwierig, auf Märkten jenseits Nordamerikas Fuß zu fassen. „Vielen Firmen fehlen Kenntnisse über die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden“, sagt Edmund Duckwitz, ehemaliger deutscher Botschafter in Mexiko und derzeit Präsident der dortigen deutschen Auslandshandelskammer (AHK). Darüber hinaus exportiere Mexiko häufig einfache Industrieprodukte, die auch von anderen Ländern angeboten werden und damit leicht ersetzbar seien. „Gute Qualität bei einem angemessenen Preis, eine flexible Fertigung und mittelfristig ein höherer Innovationsgrad sind essenziell für die Mexikaner“, sagt Duckwitz. „Nur so können sie auf neuen Märkten erfolgreich sein.“

Deutsche Firmen sind gut im Geschäft

Deutsche Firmen können die Mexikaner bei der Professionalisierung unterstützen – und dabei selbst profitieren. Der mexikanische Maschinen- und Anlagenbau beispielsweise steckt noch in den Kinderschuhen. Rund 80 Prozent aller verwendeten Anlagen stammen aus dem Ausland, schätzt das mexikanische Statistik­amt Inegi. Entsprechend gefragt ist hochwertiges Equipment, um die Produktion zu modernisieren. Mexiko importierte im vergangenen Jahr deutsche Maschinen im Wert von 3,2 Milliarden Euro und war damit hinter den USA und China der drittwichtigste Überseemarkt der Branche.

Die Kfz-Industrie ist bei Geschäften in Mexiko oft Vorreiter, so wie der Autobauer BMW. „Wir kaufen bereits Teile in Mexiko ein und sind mit der Qualität absolut zufrieden“, sagt Andreas Klugescheid. „Es handelt sich meistens um Tochterunternehmen ausländischer Zulieferer, die in Mexiko produzieren. Bei heimischen Firmen sehen wir noch Potenzial dafür, dass sie ihr Angebot stärken.“

Auch für Hector Melicoff, Geschäftsführer des deutschen Maschinenbauers Wafios in Mexiko, ist die Automobilindustrie besonders interessant. „Die meisten Zulieferer fragen Ausrüstung der jüngsten Generation nach, um den Ansprüchen ihrer Kunden nachzukommen. Das kommt deutschen Lieferanten zugute.“ Wafios hat sich auf Maschinen zur Metallbearbeitung spezialisiert.

Höhere Wettbewerbsfähigkeit ist in Mexiko nicht nur eine Frage der Ausrüstung: Auch die Mitarbeiter müssen besser qualifiziert sein. „Zentrale Voraussetzung ist eine bessere Ausbildung, vor allem auf der Ebene der Facharbeiter“, sagt AHK-Präsident Duckwitz. Die deutsche AHK und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit unterstützen Mexiko dabei, ein duales Ausbildungsmodell zu etablieren.

Deutsche Firmen sollten den Facharbeitermangel in die Geschäftsstrategie einbeziehen. „Wir verkaufen unsere Produkte zusammen mit Fortbildungsleistungen an den Maschinen“, sagt Wafios-Geschäftsführer Hector Melicoff. „Das ist für viele Kunden ein wichtiges Kaufargument. Bei Problemen stehen wir darüber hinaus mit eigenen Technikern bereit.“

 Im Außenhandel kann sich Mexiko nicht mehr auf den riesigen US-Markt verlassen.

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