Februar 2018
Autor: Oliver Idem
Yasmeen Khamis (links) und Farah El Masry sind die Gründerinnen von The Doodle Factory, einem ägyptischen Start-up, das Kinderzeichnungen für Modeaccessoires nutzt und damit Kinderorganisationen unterstützt. Erfolgsgeschichten wie diese stellt www.startupsceneme.com regelmäßig vor.
© Valentina Primo/MO4 NETWORK/www.startupsceneme.com, Photo: Ahmed Najeeb
Ahmed Adel hat ein innovatives Geschäftsfeld aufgebaut: Mit seinem Unternehmen Mogassam stellt er günstige 3-D-Drucker für den Dentalbereich her. „Die meisten unserer Zulieferer stammen aus Deutschland“, sagt Adel. Das Unternehmen legt besonderen Wert auf seinen After-Sales-Service. Es war nicht einfach, das Geschäftsfeld aufzubauen. „Für uns war es vor zwei Jahren sehr aufwendig, spezialisierte Talente zu finden“, sagt der Geschäftsführer.
Ähnlich wie Adel gründen immer mehr junge Ägypterinnen und Ägypter ein eigenes Unternehmen. Seit der Revolution im Jahr 2011 ist besonders Kairo zu einem Gründerzentrum herangereift. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ kürte die Stadt Ende 2015 zu einer der zehn Topstädte für den Start-up-Aufbau. In Kairo leben viele Ingenieure und IT-Experten, ein Teil der Absolventen baut Abschlussarbeitsthemen zu Geschäftsideen aus.
Die Start-ups konzentrieren sich mit ihren Angeboten oft auf Lücken, die Staat und Markt offenlassen. So gibt es viele junge Unternehmen, die auf Technik und IT setzen, andere konzentrieren sich auf erneuerbare Energien, Umwelt und Recycling oder auf lokale Rohstoffe und traditionelle Handwerkskunst. Erfolgreich sind zudem Start-ups, die sich auf landesspezifische Dienstleistungen spezialisiert haben, so wie das Vermittlungs- und Bewertungsportal für geprüfte Handwerker, Fixawy. Ganz ähnlich funktioniert Vezeeta, eine Plattform, die elektronische Terminvereinbarung bei Ärzten sowie deren Bewertung anbietet.
Unterstützung aus dem In- und Ausland
Junge Unternehmen, die sich nicht selbst finanzieren können, sind in ihren ersten Jahren auf Unterstützung angewiesen. Die kommt aus dem Inland und aus dem Ausland gleichermaßen: Auf dem jährlichen RiseUp Summit in Kairo treffen jedes Jahr Gründer und Investoren aus aller Welt aufeinander. Im vergangenen Jahr mobilisierte der Gründergipfel etwa 150 Unternehmen auf dem Gelände des Greek Campus der American University. Zudem gibt es verschiedene Akzeleratoren wie beispielsweise Flat6Labs. Auch die Cairo Angels investieren in junge Unternehmen. Aus Deutschland greifen Institutionen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit den Start-ups unter die Arme. Der ägyptische Staat wiederum engagiert sich mit dem Technology Innovation and Entrepreneurship Center und der neuen Regierungsinitiative Fekretak Sherketak, was so viel bedeutet wie „Deine Idee ist dein Unternehmen“. Mit einem neuen Gesetz für kleine und mittlere Unternehmen will der Staat seine Gründer zudem steuerlich entlasten. Eine Neuregelung des Insolvenzrechts soll außerdem Verfahren standardisieren und das persönliche Risiko für Gründer reduzieren.
Biodiesel Misr hat die finanziellen Hürden der Gründungszeit bereits genommen. Zu Beginn war es für Start-ups gar nicht möglich, die geforderten Unterlagen der vergangenen drei Jahre bei Banken einzureichen. „Anfangs wäre Risikokapital wünschenswert gewesen“, sagt der Geschäftsführer von Biodiesel Misr, Mahmoud Abu El Rokab. „Wenn sich erst einmal Erfolge einstellen, kommt man leicht an Kredite.“ Das Unternehmen stellt aus nicht essbaren Ölen und Altspeiseöl Biodiesel her. „Wir setzen darauf, langfristige Partnerschaften aufzubauen“, unterstreicht El Rokab. Damit ist das Unternehmen auch international erfolgreich: Biodiesel Misr exportiert mittlerweile in die Niederlande. Auch andere erfolgreiche ägyptische Jungunternehmen orientieren sich häufig in Richtung Ausland. Wegen der höheren Kaufkraft und der sprachlichen und kulturellen Nähe ist die Golfregion ein begehrtes Ziel. Die europäischen Länder eignen sich ebenfalls als Anknüpfungspunkt, zum Beispiel durch den gemeinsamen Binnenmarkt. Deutschland kommt als großer Absatzmarkt und mit einer spezialisierten und innovativen Unternehmens- und Forschungslandschaft infrage, beispielsweise bei einer Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung.
Gute Ideen
Ägyptische Start-ups
Ein kleines Gerät namens Touchizer macht jede Oberfläche zu einer interaktiven Basis. So kann beispielsweise eine Wand als Tafel genutzt werden. Mit dem System ist auch ein Livestream zu anderen Geräten möglich, etwa in überfüllten Hörsälen oder entlegenen Gegenden.
CUBII ist ein bereits expandierendes ägyptisches Maschinenbau-Start-up. Design, Herstellung und Wartung von Fertigungslinien für kleine und mittlere Lebensmittelhersteller sind das Geschäftsfeld des Unternehmens.
Ta2heal bietet E-Learning an, zum Beispiel für Kinder mit Autismus. Das Unternehmen passt sein Programm an die individuellen Bedürfnisse an und ist kindgerecht aufbereitet. Das Angebot kann auch flexibel an andere Sprachen angepasst werden.
Deutsche Unternehmen als Mentoren
Darauf hofft das Start-up Agrimatics. Das Unternehmen hat ein geschlossenes System entwickelt, bei dem Pflanzen- und Fischproduktion miteinander verbunden werden, ohne Agrarland zu benötigen. Damit lassen sich gegenüber der traditionellen Landwirtschaft bis zu 95 Prozent Wasser sparen. „Wir würden uns gerne mit deutschen Forschern und Betreibern von Aquaponiksystemen austauschen“, sagt Nadeem M. Aburabia, Verantwortlicher für innere Angelegenheiten. „Im Moment arbeiten wir daran, zusätzliche Pflanzenarten zu züchten und die Erträge weiter zu steigern.“
Viele ägyptische Gründer wollen gern deutsche Unternehmen als Mentoren gewinnen. Dabei kann die Initiative Enpact helfen: Sie möchte Brücken zwischen europäischen Unternehmen und Start-ups aus der Region Nahost und Nordafrika bauen, wird unter anderem vom Auswärtigen Amt getragen und organisiert Mentoringprogramme, Räumlichkeiten und Delegationsreisen – unter anderem auch nach Berlin. Die Stadt ist auch in Ägypten für ihre Start-up-Szene bekannt. Die meisten Berliner Gründer sprechen fließend Englisch, das erleichtert den Kontakt zu ägyptischen Kollegen. Laut Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY flossen im Jahr 2016 in Berlin knapp 1,1 Milliarden Euro Wagniskapitalinvestitionen, auch das weckt im Ausland Interesse. Zudem suchen viele Berliner Unternehmen Softwareingenieure – Ägypten könnte hier helfen.
Service & Kontakt
GTAI Ansprechpartnerin Ägypten
Meike Eckelt
+49 228 24 993 278
Schreiben Sie uns!
Weitere Informationen zu Ägypten finden Sie auf der GTAI-Länderseite: www.gtai.de/aegypten.
Kommentare (0)
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!