Coolturgut
Mangas, Animes oder Merchandising-Renner à la Hello Kitty und Pokémon: Japanische Popkultur hat in den vergangenen Jahren die Welt erobert. Die Regierung fördert die Kreativindustrie des Landes seit 2012 sogar gezielt unter dem Motto „Cool Japan“.
Oktober 2020
Autor: Jürgen Maurer
© picture alliance/MAXPPP
Ob Daumen hoch, Herzaugen-Smiley oder Glückskleeblatt – wer heute eine Nachricht auf dem Smartphone schreibt, kommt kaum ohne Emojis aus. Die Liste der weltweit am häufigsten getwitterten Symbole führt laut Emojitracker übrigens der Tränen lachende Smiley an, gefolgt von einem roten Herz. Japan spielte in deren Entwicklung eine grundlegende Rolle, nicht nur weil das Wort Emoji japanischen Ursprungs ist: „e“ steht für Bild und „moji“ für Zeichen.
Japanische Phänomene wie Animes, Mangas, J-Pop und Computerspiele wie Super Mario sind inzwischen weltweit beliebt und sogar ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden. Die Zeitschrift „Nikkei Asian Review“ subsummiert dies unter dem Ausdruck Kawaiinomics, ein Wortspiel aus Kawaii (niedlich, nett) und Economics. Wobei niedlich nur halb richtig ist: Was als Subkultur startete, hat sich mittlerweile zu einer Marketingmaschinerie entwickelt.
Charaktere sind weltweit beliebt
Japan will die Soft Power dieser Milliardenindustrie in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Chancen bietet das vor allem im Lizenzgeschäft: Der Umsatz belief sich im Jahr 2016 auf 12,5 Milliarden US-Dollar und macht Japan damit zum drittgrößten Lizenzmarkt weltweit. Lizenzgebühren spülten 2017 laut des „Annual Global Licensing Industry Survey“ 656 Millionen US-Dollar in die Kassen, das entspricht 4,7 Prozent der globalen Lizenzeinnahmen.
Eine Besonderheit ist der hohe Anteil von Popkulturcharakteren, die rund 60 Prozent ausmachen. Pokémon, Dragon Ball und Hello Kitty kennen auch in Europa nahezu alle Kinder. Auch viele neue Emojis lassen sich gegen Gebühr herunterladen.
Interview
»Emojis sind vielfältiger geworden.«
Shigetaka Kurita ist ein japanischer Interface-Designer und gilt als Erfinder der Emojis. Der heute 48-Jährige über die Idee hinter den gefühlvollen Bildchen – und was sie ihm noch bedeuten.
Herr Kurita, als Sie Ende der 1990er-Jahre Emojis entwickelten, gab es noch keine Smartphone-Chats, geschweige denn Smartphones. Wie ist die Idee der bildhaften Darstellung entstanden?
Als ich im Februar 1998 an der Entwicklung eines Messaging-Dienstes für NTT Docomo saß, merkte ich, dass die Kurzmitteilungen leicht zu Missverständnissen in der Kommunikation führen. Daher kam mir die Idee, verschiedene Piktogramme in den Text einzufügen, um die Ausdrucksfähigkeit zu erhöhen, die Kommunikation klarer und leichter zu machen.
Was bedeuten Emojis heute für Sie?
Die heutzutage genutzten Emojis unterscheiden sich deutlich von meinem ursprünglichen Design und sind vielfältiger geworden. Zwar greife ich auch darauf zurück, aber ich verbinde das nicht mit meiner Arbeit.
Worauf fokussieren Sie sich mittlerweile?
Aufgrund der Covid-19-Krise spielen Telearbeit und Telelernen eine wachsende Rolle. Ich denke, es besteht viel Potenzial darin, Onlineplattformen zu entwickeln, die Kommunikation leichter und effizienter zu gestalten. Das gilt auch für das Schaffen entsprechender Inhalte. Darauf ist die Firma Dwango spezialisiert, bei der ich seit 2015 arbeite.
Informationen auf kleinstem Raum
Deren Geburtsstunde schlug in Japan übrigens mit einem Herzsymbol oder, besser gesagt, mit seinem Verschwinden. Der damals wie heute größte Mobildienstanbieter der Insel, NTT Docomo, hatte das Herz bereits 1996 auf seinen Pagern verfügbar gemacht, schaffte es zwei Jahre später jedoch wieder ab. Als Kunden daraufhin in Scharen zu anderen Anbietern wechselten, kam dem damals 25-jährigen Designer Shigetaka Kurita eine rettende Idee. Er kreierte im Jahr 1998 nicht nur ein neues Herz, sondern 176 meist selbsterklärende Symbole, unter anderem auch Smileys. Sein Ziel: Informationen auf kleinstem Raum rüberzubringen. Pro Emoji standen Kurita 12 mal 12 Pixel zur Verfügung – heute sind es 128 mal 128.
Japans Regierung vermarktet die Erzeugnisse und Dienste der Kreativindustrie seit 2012 offiziell unter dem Motto „Cool Japan“. Einnahmen aus Lizenzen für Produkte und Dienste steigen von Jahr zu Jahr, wobei japanische Unternehmen wie Pokémon, Bandai, Sanrio oder Konami zu Hause wie auch international gute Geschäfte machen.
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