Hochgeschwindigkeitsstrecken für Züge plant Schweden zwar schon lange,
Juli 2018
Autor: Heiko Steinacher
Hauptbahnhof Stockholm: Künftig sollen Passagiere von hier aus mit bis zu 320 Kilometern pro Stunde reisen. Die Fahrtzeit nach Göteborg würde von drei auf zwei Stunden sinken. © Rob Cousins/robertharding/laif
Die Almedalsvecka in Visby auf Gotland ist das größte Politereignis Schwedens. Vor zweieinhalb Jahren kündigte Premierminister Stefan Löfven dort erstmals persönlich an: „Für das ganze Land bauen wir neue Strecken für Hochgeschwindigkeitszüge.“ Die Ausbaupläne betreffen vor allem die Achsen Göteborg–Stockholm und Malmö–Stockholm. Dann wurde bekannt, dass die Kosten deutlich höher ausfallen könnten als ursprünglich angenommen – bis zu 27 Milliarden Euro. Es kam zeitweise heftiger Gegenwind aus der Politik. Und es wurde ruhig um das Großprojekt.
Nun aber scheinen die beteiligten Akteure den Plan tatsächlich umsetzen zu wollen. Mitte November begann der Bau einer neuen Güterverkehrsstrecke bei Norrköping: Experten bewerten das als ersten Spatenstich für ein wichtiges Teilstück des neuen Hochgeschwindigkeitsnetzes, nämlich den etwa 150 Kilometer langen Abschnitt Ostlänken zwischen Järna und Linköping. Denn erst die neue Cargotrasse schafft den notwendigen Platz für den Streckenbau durch Norrköping.
Viele Details sind noch ungeklärt
Allein für Ostlänken sind rund 5,5 Milliarden Euro vorgesehen: für doppelt so viele Gleise wie bisher, auf 25 Kilometern neue Tunnel, rund 150 Brücken und komplett neue Bahnhöfe in Linköping, Norrköping, Skavsta und Vagnhärad. Der Bahnhof in Nyköping wird renoviert und modernisiert. Die ersten Hochgeschwindigkeitszüge sollen ab 2028 verkehren.
Die neuen Strecken sollen Bahngeschwindigkeiten von bis zu 320 Kilometern pro Stunde erlauben. Dadurch würde sich zum Beispiel die Fahrzeit von Stockholm nach Göteborg von drei auf zwei Stunden verringern. Nicht nur für Ostlänken sind die Pläne bereits weit fortgeschritten, sondern etwa auch für die Teilstrecke Göteborg–Boras.
Für andere Abschnitte entlang der geplanten Trassen diskutieren die Planer noch alternative Streckenverläufe. Machbarkeitsstudien laufen, etwa für die Trassen Jönköping–Malmö und Boras–Linköping. Viele Details sind daher noch unklar. Es gibt bisher kein Finanzierungsmodell, die Beteiligten sind auch noch uneins darüber, welche Teilstrecken für welche maximalen Höchstgeschwindigkeiten ausgebaut werden sollen.
Klar ist immerhin, dass die neuen Schienenwege eine feste Fahrbahnkonstruktion erhalten sollen. Durch die schotterlose Technologie verringerten sich der Verschleiß sowohl am rollenden Material als auch an den Gleisen, versprechen Experten. Weil das Projekt einen so gewaltigen Umfang hat, lässt sich kaum zuverlässig sagen, wann alle Arbeiten fertig sein werden. Geplant ist der Abschluss für das Jahr 2035.
Chancencheck
Das Ostlänken-Projekt – so kommen Sie zum Zug
Wenige, dafür große Aufträge:
• Mindestwert pro Auftrag umgerechnet circa 310 Millionen Euro
• Hauptvertragsform: Design and Build
• Vorauswahl der Lieferanten bei allen Ausschreibungen für Großaufträge
• Sämtliche Bauarbeiten (Trassierung, Brücken, Tunnel etc.) auf einem bestimmten Abschnitt werden in einem Auftrag zusammengefasst
Bei folgenden Projektarten werden die Aufträge einzeln ausgeschrieben:
• Komplexe Fälle, zum Beispiel Verknüpfungsstellen zu Bestandsstrecken
• Längere Tunnelbauten
• Elektro- und Systemtechnik
• Vorarbeiten wie Abriss, Errichtung von Baustraßen etc.
Vergütung:
• Festpreise für Design-and-Build-Verträge
• Einheitspreise für reine Bauverträge
• In einigen Fällen können auch Anreizverträge (Zielkosten) zum Einsatz kommen
Deutsche Bahntechniker haben Chancen
Internationale Bahntechnikanbieter hoffen dabei auf große Geschäfte, zumal die schwedische Verkehrsbehörde Trafikverket den grenzüberschreitenden Wettbewerb seit einigen Jahren tüchtig forciert. Dazu organisiert die Behörde Treffen mit potenziellen Zulieferern bei international bedeutenden Events wie der Schienenverkehrsmesse Elmia Nordic Rail in Jönköping, die ihre Tore wieder im Oktober 2019 öffnen wird. Darüber hinaus gibt es regelmäßig einen „Suppliers Day“, auf dem Trafikverket über anstehende Bauprojekte im Verkehrsinfrastrukturbereich informiert. Außerdem wird unter www.trafikverket.se ein Zeitplan für Auftragsvergaben veröffentlicht.
Unternehmen aus dem deutschen Sprachraum engagieren sich schon seit einigen Jahren stärker im schwedischen Tiefbau. Neben Strabag und seiner Tochter Ed. Züblin konnten auch bereits Hochtief, Bilfinger SE und Wayss & Freytag Ingenieurbau Großprojekte in dem Königreich an Land ziehen.
Auftragnehmer und Subunternehmer müssen sich allerdings nach dem neuen schwedischen Vergaberecht richten und zum Beispiel bereit sein, Arbeitslose einzustellen, sagt Stefan Holm, Experte beim Arbeitgeberverband der schwedischen Dienstleistungsunternehmen Almega. Dennoch ist vor allem der Preis ein sehr wichtiges Kriterium bei den meisten Vergabeentscheidungen. Insbesondere Beratungsunternehmen klagen über den starken Preisdruck. Dabei noch gute Qualität zu liefern, sei oft schwierig.
DB Engineering & Consulting
Deutsches Know-how für Schweden
Bei der Planung eines Teilabschnitts der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Göteborg–Boras, die Trafikverket an das schwedische Ingenieurbüro Sweco vergeben hatte, wirkt auch DB Engineering & Consulting mit, die Ingenieur- und Beratungsgesellschaft der Deutschen Bahn. Lage und Gestaltung des rund 25 Kilometer langen Abschnitts umfassen neben zahlreichen Brücken und Tunneln auch einen neuen unterirdischen Bahnhof am internationalen Flughafen Göteborg Landvetter. Die Spezialisten der Deutsche-Bahn-Tochter fungieren als Berater für den Hochgeschwindigkeitsverkehr. Sie führen unter anderem aerodynamische Berechnungen für die Ausgestaltung der Tunnel und Tunnelbahnhöfe durch und unterstützen die Schweden bei der Entwicklung der Richtlinien für das geplante schwedische Hochgeschwindigkeitsnetz. Das Projekt läuft Mitte 2018 nach mehr als drei Jahren Kooperation aus.
Service & Kontakt
Weitere Informationen zu Schweden, auch zur Baubranche, finden Sie auf der GTAI-Länderseite.
Die Plattform für öffentliche Ausschreibungen in Schweden finden Sie (auf schwedisch) unter: www.opic.com.
GTAI-Ansprechpartnerin Schweden
Edda van Dorp
+49 228 24 993 279
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