Interview: Ulrich Binkert

Alexander Demisse
Kennen Sie chinesische Bauprojekte in Afrika, bei denen deutsche Firmen zugeliefert haben?
Beim Bau der Großen Moschee von Algier, der drittgrößten der Welt, hat die ausführende Baufirma, die China State Construction Engineering Corp., viele Materialien aus Deutschland verbaut, vor allem von BASF. Made in Germany war da einfach gefragt, was möglicherweise auch an der Bauaufsicht durch eine deutsche Firma gelegen hat.
Müssten deutsche KMU mehr in Vertrieb und Präsenz in Afrika investieren?

Moritz Weigel
Absolut. Beim Bau der Moschee wären sicherlich noch mehr deutsche Unternehmen erfolgreich gewesen – passende Angebote hätten sie gehabt. Auch in anderen afrikanischen Ländern würde sich eine Vertretung schon heute lohnen: Dort, wo Projekte gerade auch chinesischer Investoren genügend Nachfrage nach hochwertigen Produkten zum Beispiel aus Deutschland schaffen. In noch weniger entwickelten Märkten wiederum kann eine Präsenz künftige Marktchancen wahren. Deutsche Firmen halten sich da bisher sehr zurück.
Ein Beispiel?
Zur – von Chinesen finanzierten und gebauten – Eisenbahnlinie zwischen Addis Abeba und Dschibuti sagt die staatliche äthiopische Bahngesellschaft heute: „Wir hätten damals auf eine andere Signaltechnik gedrungen, hätten wir die Alternativen eingehend präsentiert bekommen.“ Und für die jetzt geplante Nordabzweigung dieser Bahnstrecke nach Kombolcha erhielt Bombardier den Zuschlag. Die Kanadier haben schon vor zwei Jahren in Addis Abeba ein Büro eröffnet, um für eben solche Projekte zur Stelle zu sein. (An der neuen Bahnlinie sind keine Chinesen beteiligt, Anm. der Redaktion.)
Kennen Sie andere Beispiele, wo sich der Aufwand in Vertrieb und Präsenz auszahlen?
Ein chinesischer Privatkonzern bewarb sich mit unserer Hilfe bei einer äthiopischen Ausschreibung für Aufzüge. Er bekam den Zuschlag, obwohl keine chinesische Finanzierung im Spiel war. Zur Abwicklung richtete der Aufzugbauer in Addis Abeba ein Büro ein, das sich nebenher auch um die Akquise weiterer Projekte kümmert. Bei einer neuen Strom-Übertragungsleitung bekam die Firma damit inzwischen den Zuschlag für die Umspanntechnik.
Kommen Anbieter aus Drittländern auch bei den typischen chinesischen Großprojekten zum Zug – wo die Chinesen ja, anders als bei der algerischen Moschee, die Kredite gleich mitbringen?
Das ist in der Tat schwierig. Bei diesen Vorhaben sind üblicherweise meist nur chinesische Unternehmen im Boot. Die Beteiligten werden später auch in China bezahlt. Damit gibt es einen geschlossenen, nur in China ablaufenden Geldfluss, bei dem die Regierung das Projekt besser kontrollieren kann.
Wie läuft so ein Projekt ab?
Am Beginn steht typischerweise die Idee einer afrikanischen Regierung, etwa die genannte Bahnstrecke. Äthiopien handelt dann mit China einen Kredit aus, abgewickelt von der chinesischen Exim-Bank und vergeben mit der Bedingung, dass das Projekt in China ausgeschrieben wird. Das Handelsministerium in Beijing hat eine Liste geeigneter inländischer Anbieter, die sie zur Abgabe von Angeboten auffordert.
Ausländische Firmen …
… haben da natürlich keine Chance, zumindest nicht als Generalunternehmer. Eher schon bei der Bauaufsicht und anderen Dienstleistungen. Besonders dann, wenn der afrikanische Partner darauf dringt. Das kommt heute viel häufiger vor; große Infrastrukturprojekte in Afrika werden stärker als früher von afrikanischer Seite durchdacht. Dafür sind europäische Ingenieurdienstleister schon seit Langem bei chinesisch finanzierten Projekten unterwegs. Ein Beispiel ist der Bau der Light Rail in Addis Abeba, den auf Wunsch der äthiopischen Behörden eine schwedische Firma beaufsichtigt hat.
Und wenn es diesen Druck nicht gibt?
Auch die chinesische Regierung dringt im Interesse einer guten Projektkontrolle darauf, dass die ausführende Baufirma Termine, Kosten und Qualität einhält. Unabhängige, nichtchinesische Dienstleister können da mitunter besser das Erreichen der Wegmarken überwachen, anhand derer die Projektfirmen bezahlt werden.
Laut Beobachtern bringen chinesische Unternehmen vieles schon aus der Heimat mit, sie beschaffen aber schon aus Kostengründen offenbar auch am Projektort. Wie gehen sie da vor?
Das sind ganz normale Beschaffungen. Ausschreibungen vor Ort ergeben mangels potenzieller Bewerber meist keinen Sinn; regelmäßig gibt es dort kein ausreichendes Angebot. Wären deutsche Anbieter besser in Projektnähe vertreten – Stichwort Vertriebsanstrengungen – dann würden die Chinesen sicher auch öfter deren Produkte kaufen.
Mischen auch private chinesische Firmen bei afrikanischen Infrastrukturprojekten mit?
Sie werden zunehmend aktiv, auch wenn Chinas Staatsbetriebe noch immer den Ton angeben. Die Privaten haben ein jüngeres Management und sind auch offener für Angebote nichtchinesischer Firmen. So sind ja auch wir als Berater mit dem genannten Aufzugsbauer ins Geschäft gekommen.
Wie können deutsche Anbieter mit chinesischen Infrastrukturfirmen in Afrika Kontakt aufnehmen?
Am besten vor Ort oder über die jeweiligen Firmenzentralen des Anbieters in China. Hierzu stehen wir gerne beratend zur Verfügung. Ein guter Anlaufpunkt für deutsche Firmen bezüglich Kooperationen mit chinesischen Infrastrukturfirmen in afrikanischen Ländern kann auch der Chinesische Verband Internationaler Auftragnehmer (China International Contractors Association) sein, der viele Infrastrukturfirmen gruppiert, die in Afrika tätig sind. Ansatzpunkte bietet möglicherweise auch das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung in Peking, dass sich auf „trilaterale Zusammenarbeit“ zwischen afrikanischen, chinesischen und deutschen Akteuren spezialisiert hat und das auf deutscher Seite durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit vertreten ist.
© The China Africa Advisory
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