Die Förderer

Unterm Schutzschirm: Staatliche Forschungsförderung ist für Industrieforscher ein entscheidender Standortfaktor. In Frankreich gibt es sie in Hülle und Fülle. Das zieht auch deutsche Unternehmen und ihre F & E-Zentren an.

Juni 2020

Die B. Braun Melsungen AG ist ein deutscher Hersteller von Medizintechnik und -ausrüstung mit Sitz in Melsungen im Schwalm-Eder-Kreis in Hessen. Im Geschäftsjahr 2019 betrug der Jahresumsatz rund 7,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen beschäftigt in 64 Ländern knapp 65.000 Mitarbeiter und ist in Familienbesitz.

Boehringer Ingelheim ist ein Pharmaunternehmen, gegründet im Jahr 1885 von Albert Boehringer in Ingelheim am Rhein. Es ist das größte forschende Pharmaunternehmen in Deutschland. Im Jahr 2019 lag der Umsatz bei 19 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis bei rund 3,5 Milliarden Euro.

Frankreich ist als F & E-Standort beliebt. Deutsche Firmen landen dabei auf Platz zwei der Investitionsspitzenreiter, direkt nach US-Unternehmen. Viele hiesige Firmen haben in den vergangenen Jahrzehnten französische Unternehmen aufgekauft oder selbst Fabriken im Nachbarland errichtet. Dabei haben sie vielfach die Forschung ausgebaut oder sogar neue F & E-Zentren angesiedelt.

Besonders gut aufgestellt ist Frankreich in der universitären Ausbildung. Es gibt eine starke Forschungstradition gerade in Telekommunikation, Elektronik und Chemie mit renommierten Forschungseinrichtungen – und damit einem großen Pool an Spitzenkräften. Hinzu kommt das kleine Extra, das bei Forschungsinvestitionen oft den Ausschlag gibt: eine groß­zügige und ­flexible Förderung. Zwei Drittel machen Steuergutschriften für Forschungsausgaben aus. Das war ein Grund, warum der Medizintechnikhersteller B. Braun israelische Patente von seiner französischen Tochter erwerben ließ und nicht vom Mutterhaus in Melsungen. B. Braun ist seit dem Jahr 1976 in Frankreich aktiv und hat seitdem zahlreiche Firmen aufgekauft. Die Firma hat im Juli 2018 einen neuen Campus in Saint-Cloud westlich von Paris eröffnet, der nun die F & E im ganzen Land koordiniert. Frankreich beherbergt inzwischen drei der weltweit 18 Exzellenzzentren von B.Braun.

Der Arzneimittelhersteller Boehringer Ingelheim ist schon länger in Frankreich präsent. Seit das Unternehmen im Jahr 2017 die Veterinärmedizinsparte von Sanofi übernommen hat, baut es Frankreich zu seinem Weltstandort für Veterinärmedizin aus. Im Oktober 2018 eröffnete Boehringer Ingelheim südöstlich von Lyon sein weltweit größtes Forschungszentrum für Veterinärimpfstoffe mit 200 Forschern.

Allerdings weckt ein Job in der Industrie in Frankreich vielfach Bilder von rauchenden Schloten und Fließbandarbeit. „Hier muss aktiv entmystifiziert werden“, sagt Marc-Alexander Burmeister, Frankreichchef bei B. Braun. Im Wettbewerb um die besten Köpfe könnte es sonst schwierig werden.

Service

Mehr zum Fokus „Ideenfabriken“:

Artikel Ideenfabriken

»Der Schutz des eigenen Know-hows sollte von Anfang an mitbedacht werden.«: Interview mit Jens Koch, Patentanwalt bei der Kanzlei Grünecker

Die Herausforderer: Trotz schwieriger Bedingungen wie in Brasilien kann F & E im Ausland wesentlich zur Innovation im Unternehmen beitragen.

Die Tempomacher: In China müssen Unternehmen ihre ­Produkte immer schneller weiterentwickeln, um ganz vorn zu bleiben.

Die Förderer: Staatliche Forschungs­förderung ist für Industrieforscher ein entscheidender Standort­faktor. In Frankreich gibt es sie in Hülle und Fülle. Das zieht auch deutsche Unternehmen und ihre F & E-Zentren an.

Die Disruptoren: Immer mehr Unternehmen setzen auf die innovative Atmosphäre von Clustern wie dem Silicon Valley in den USA. Sie wollen sich von denen inspirieren lassen, die ganze Wertschöpfungsketten auf den Kopf gestellt haben.

Interview zur europäischen Forschungsinitiative Eureka