Dezember 2017
Autor: Michael Sauermost
Pachinko-Parlour: Das Spiel mit den Kugeln, eine Mischung aus Spielautomat und senkrechtem Flipper, ist in Japan ausgesprochen beliebt.
© LookatSciences/laif
Glücksspiele sind bei Japanern beliebt. Doch noch nie haben sie so heftig über das Zocken diskutiert wie 2017. Im Dezember 2016 hatte das Parlament grünes Licht für Casinos gegeben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sind noch in Arbeit. Befürworter spielen das Tourismusgeschäft als Trumpfkarte. Die Gegner versuchen, mit den Themen organisiertes Verbrechen und Spielsucht zu stechen.
Realistisch ist, dass die erste Roulettekugel erst ab dem Jahr 2021 rollen wird. Zwei Casinos in zwei großen Städten könnten jährlich Umsätze von umgerechnet insgesamt 8,6 Milliarden Euro generieren, schätzen Analysten. Laut der Investmentbank CLSA liegt das Potenzial noch höher, und zwar landesweit bei rund 25,7 Milliarden Euro pro Jahr. Analysten schätzen das Glücksspielgeschäft in Japan allgemein auf 250 Milliarden Euro.
Integrated Resorts als Touristenmagnet
Der Handelsexperte Ichiro Tanioka, Präsident der Osaka University of Commerce, gehört zu den Casinofans. Er hat das Konzept der sogenannten Integrated Resorts (IRs) vorangetrieben. Dabei nehmen Casinos eigentlich nur einen kleinen Teil ein. Dennoch wird ihnen eine Magnetwirkung zugesprochen. IRs sollen im Wesentlichen aus drei Bereichen bestehen: erstens aus Hotels, Restaurants und Einzelhändlern. Zweitens aus Tagungs-, Messe- und Kongressbereichen. Und drittens aus Freizeitangeboten. Zu Letzteren zählen kulturelle Attraktionen, Unterhaltung wie Themenparks, Sportevents, Golf, Onsens (heiße Quellen) – und eben: Casinos.
Touristen gaben in Japan im Jahr 2016 eine Rekordsumme von 31 Milliarden Euro aus. Daran waren Chinesen zu 40 Prozent beteiligt. Aber der Boom hat ein wenig an Fahrt verloren. Die Ausgaben pro Besucher sanken gegenüber dem Vorjahr um 11,5 Prozent auf 1.300 Euro. Mit neuen Konzepten will die Regierung jetzt die Verweildauer der Touristen auch außerhalb der Ballungsgebiete erhöhen. Das Ziel: Bis 2020 soll die Zahl der Touristen auf 40 Millionen steigen, die Einnahmen sollen auf 67 Milliarden Euro zulegen.
Verschiedene Standorte pokern um den IR-Status. Casinolizenzen sind heiß begehrt. Einer der Favoriten neben dem Großraum Tokio dürfte Yumeshima sein, eine künstliche Insel in der Bucht von Osaka. Yumeshima bewirbt sich auch für die World Expo 2025 und muss in Konkurrenz zu Paris etwas bieten können. Rund sieben Milliarden Euro stehen bereit, um zunächst die IR-Infrastruktur bis 2024 zu schaffen und danach zur Weltausstellung einzuladen. Etwa 583 Millionen Euro sollen allein in die U-Bahn-Anbindung an die Innenstadt investiert werden.
Glücksspiel in Japan
Kugelschieber
Pachinko
Pachinko (oben) ist ein Glücksspiel, bei dem kleine Kugeln mithilfe eines Hebels gesteuert in verschiedene Öffnungen einer Slotmaschine geschossen werden. In den überfüllten Pachinko-Parlours, meist von südkoreanischen Geschäftsleuten betrieben, werden jährlich Umsätze von umgerechnet bis zu 208 Milliarden Euro erwirtschaftet. Pachinko macht vier Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts aus. Offiziell dürfen von den Kunden keine Gewinne erzielt werden. Für gewonnene Kugeln gibt es aber Pseudosachpreise, die die Spieler dann außerhalb der Parlours in Geld umtauschen.
Pferderennen
Die Beliebtheit von Pferderennen lässt sich besonders an dem Seitenanteil für die Vorschau der Events in den Sportzeitungen ablesen. Je nach Ausgabe und Saisonverlauf kann dieser bis zu einem Fünftel betragen. Etwa 21 Milliarden Euro an Umsätzen werden jährlich mit Wetten an den Galopprennbahnen umgesetzt.
Keirin
Das japanische Radrennformat, das durch Kampfsprint geprägt ist, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt und ist seitdem auch bei den Buchmachern als Geldquelle sehr begehrt. Zusammen mit weiteren Rennsportarten sind etwa 13 Milliarden Euro pro Jahr im Wettportfolio.
Staatliche Lotterie
Die staatliche Lotterie als legales Glückspielerlebnis ist weiterhin begehrt, allerdings hat sie in den vergangenen Jahren ein wenig an Bedeutung eingebüßt. Die Umsätze belaufen sich auf knapp acht Milliarden Euro.
Fußballtoto
Sportwetten haben generell in den letzten Jahren weiter zugelegt – insbesondere im Bereich internationaler Fußballwetten. Durch das Onlinegeschäft sind die Umsatzzahlen allerdings zunehmend schwierig auszumachen.
Etliche Standorte wollen Casinos bauen
Allerdings steht die Konkurrenz Schlange: Die bislang für Shopping- und Logistikzentren bekannte Rinku Town in Izumisano sowie die Wakayama Marina City zocken ebenfalls um Lizenzen. Lawrence Ho, CEO von Melco Resorts & Entertainment, sieht Osaka im Casinowettkampf gegenüber dem Großraum Tokio im Vorteil. Er schätzt die jährlich zu erzielenden Umsätze auf 19 Milliarden Euro.
Die Regionen außerhalb der Metropolen fühlen sich bei den Plänen benachteiligt. Dabei entstehen auch dort ambitionierte Projekte, die sich für das IR-Konzept empfehlen: Beispielsweise ist auf der Insel Hokkaido eine Resortanlage für wohlhabende Japaner und Touristen geplant. Das Unternehmen Mori Trust will 500 Millionen Euro investieren, um bis zu den Olympischen Spielen 2020 zum Teil und bis 2026 ganz fertig zu werden: Dann könnte die Inselhauptstadt Sapporo die Olympischen Winterspiele ausrichten.
Knackpunkt für den Erfolg der Casinos könnten die sogenannten Non-Gambling-Einnahmen sein, die für Casinos immer wichtiger werden. In der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau liegt der Glücksspielanteil an den Umsätzen noch bei etwa 90 Prozent. Im US-amerikanischen Las Vegas ist er im Laufe der Jahrzehnte auf rund 30 Prozent geschrumpft. Ausländische Unternehmen, die von den IRs profitieren wollen, sollten sich allerdings auf eine eher restriktive Lizenzvergabe einstellen, warnt Experte Tanioka. „Allgemein stehen die Türen offen, aber es ist schwierig einzutreten.“
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