Die Tempomacher

Nase vorn: In China müssen Unternehmen ihre ­Produkte immer schneller weiterentwickeln, um ganz vorn zu bleiben.

Juni 2020

Die Trumpf-Gruppe ist ein Unternehmen mit Hauptsitz in Ditzingen nahe Stuttgart. Trumpf gehört zu den weltweit größten Anbietern von Werkzeugmaschinen. Mit mehr als 70 operativen Tochtergesellschaften ist das Unternehmen weltweit in allen wichtigen Märkten vertreten.

Kundennahe Innovationen entwickeln und gleichzeitig die eigene Kernkompetenz schützen: Der schwäbische Maschinenbauer und Laserspezialist Trumpf hat sich dieser Herausforderung in China gestellt. Im Jahr 2013 begann Alexander Hafla, Trumpfs erste Entwicklungsabteilung für Werkzeugmaschinen am Produktionsstandort Taicang bei Shanghai aufzubauen, die er seitdem leitet. Angefangen hat er mit acht Mitarbeitern. Inzwischen sind es 25.

„Der Marktdruck ist enorm, wir müssen schnell sein“, sagt der Ingenieur. Rund 450 Mitarbeiter stellen bei Trumpf in Taicang Biege- und Stanzmaschinen her. Für die anspruchsvollen chinesischen Kunden muss das deutsche Familienunternehmen seine lokale Produktpalette kontinuierlich verbessern. Nur von Deutschland und Europa aus, weiß Hafla, ist dieses Entwicklungstempo nicht zu halten.

„Inzwischen wirken wir auch an strategischen Projekten für den globalen Markt mit“, sagt Hafla. Die Basisentwicklung findet jedoch weiter in Europa und den USA statt. „Es ist weder sinnvoll noch in kurzer Zeit machbar, eine derartige Wissenstiefe in China aufzubauen.“ Ausnahme: In Deutschland entwickelte digitale Lösungen lassen sich in der Regel nicht einfach so auf China übertragen. „Cloud-Applikationen müssen daher vor Ort von chinesischen Ingenieuren entwickelt werden, die das lokale Softwareumfeld kennen“, sagt Hafla. Experten aus Deutschland unterstützen ihre chinesischen Kollegen während drei- bis sechsmonatiger Kurzaufenthalte dabei. Die Kernmannschaft im Mutterhaus und die Entwicklungsabteilung in Taicang arbeiten immer öfter zusammen.

Eine Strategie zum Schutz des geistigen Eigentums ist dabei in China unabdingbar. Immer noch sei es schwer, Verletzungen einzuklagen, sagt Hafla. Zwar melde die chinesische Konkurrenz schnell zahlreiche Gebrauchsmuster und Patente unterschiedlicher Erfindungshöhe an, doch dies sei eine zweischneidige Strategie. Denn wer anmeldet, macht immer auch Erfindungsaspekte öffentlich, die möglicherweise ansonsten versteckt und nicht rekonstruierbar sind.

 

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