August 2019
Autor: Wladimir Struminski
Tel Aviv, Israels mondäne Wirtschafts- und Kulturmetropole ist in dem Land am Ostrand des Mittelmeers in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes: etwa als einzige israelische Stadt, die sich mit ihrem Nachtleben international einen Namen gemacht hat. Weltweit einmalig ist Tel Aviv aber in einer ganz anderen Hinsicht: Im Stadtkern stehen rund 4.000 Gebäude im Stil der Moderne, hauptsächlich von der Bauhaus-Schule beeinflusst. Es ist die weltweit größte Ansammlung von Bauhaus-Gebäuden. Seit 2003 ist das Areal mit einer Gesamtfläche von knapp 1,5 Quadratkilometern Teil des Unesco-Weltkulturerbes.
Die Geschichte der Weißen Stadt nahm im Jahr 1925 ihren Lauf. Damals beauftragte Tel Aviv den schottischen Stadtplaner Patrick Geddes damit, einen Bebauungsplan zu entwerfen für das künftige Wachstum der damals noch jungen, 1909 gegründeten Stadt. Geddes’ Entwurf folgte der Idee einer Gartenstadt. Parallel zur Mittelmeerküste verlaufende, boulevardartige Straßen waren als Geschäftsstraßen gedacht, während die Straßen, die sich von der Küste ostwärts erstreckten, im heißen und feuchten Sommer für eine frische Brise sorgen sollten.
Einen bestimmten Baustil schrieb Geddes nicht vor. Diese Lücke füllten in den 30er-Jahren hauptsächlich jüdische Architekten aus Deutschland, die nach der Machtergreifung durch die NSDAP vor dem Regime flüchten mussten. Als Anhänger des Internationalen Stils schufen sie eine Sammlung von Bauhaus-Gebäuden, die als einzige weltweit im Herzen einer Metropole liegt.
Das Max-Liebling-Haus im Bauhaus-Viertel von Tel Aviv. Hier soll bald das White City Center einziehen, das sich für den Erhalt der Weißen Stadt einsetzt. © Yael Schmidt
Die Bundesregierung beteiligt sich an der Sanierung des Ensembles
In den Jahrzehnten nach ihrer Errichtung verfiel die Weiße Stadt jedoch zum großen Teil; viele Häuser wurden gar nicht, andere nicht stilecht renoviert. Um Abhilfe zu schaffen, riefen die Bundesregierung und die Stadt Tel Aviv 2012 das deutsch-israelische Kooperationsprojekt White City Center ins Leben – ein Zentrum für Architektur, Denkmalschutz und Kultur, das dem Erhalt und der Modernisierung der Weißen Stadt dient. Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau und die Tätigkeit des Zentrums mit insgesamt drei Millionen Euro.
Im September wird das Zentrum seinen neuen Sitz im gründlich sanierten Max-Liebling-Haus beziehen. Natürlich ist es ebenfalls ein Bauwerk des Internationalen Stils. Bei der Sanierung des Gebäudes kam eine Reihe deutscher Firmen zum Zuge, etwa als Lieferanten von Feinverputz, Farben, stilechten Kacheln oder auch einem modernen Baugerüst. Die Stadt Tel Aviv fördert die Renovierungen, indem sie in vielen Fällen die Errichtung zusätzlicher Stockwerke genehmigt.
„Die Sanierung anderer Häuser können wir nicht verordnen“, erklärt die Programmdirektorin des Zentrums, Sharon Golan Yaron. „Die Gebäude sind Privatbesitz. Wir können nur vermitteln, aufklären und beraten.“
Das aber, wie es scheint, nicht ohne Erfolg. Bisher, sagt Sharon Golan Yaron, wurde oder wird rund ein Drittel aller Häuser in der Weißen Stadt saniert. Manchmal kaufen auch Investoren die alten Häuser, zum Beispiel das modernistische Gebäude in der Tel Aviver Nachmani-Straße 25. Es beherbergt heute das Boutique-Hotel The Norman.
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