»Digitale Verantwortung ist von hoher Relevanz für uns alle«
Birgit Klesper, Jury-Präsidentin des CDR-Awards, im Interview mit Markets International.
September 2021
Birgit Klesper verantwortet als Senior Vice President den Bereich Group Corporate Responsibility bei der Deutschen Telekom AG. Seit ihrem Eintritt in das Unternehmen im Jahr 2006 hatte sie verschiedene Führungspositionen u.a. in den Bereichen Corporate Communications, Future Work und Transformational Change inne.
© privat
Frau Klesper, was ist CDR?
Digitale Verantwortung oder im Englischen Corporate Digital Responsibility (CDR) ist ein Teil der unternehmerischen Verantwortung, welcher die Auswirkungen der digitalen Transformation auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft berücksichtigt. CDR geht über regulatorische und gesetzliche Anforderungen hinaus und wird als proaktive Selbstverpflichtung verstanden.
CDR steht damit für die bewusste Entscheidung, die digitale Transformation der Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten, dies gilt insbesondere für die Geschäftstätigkeit von Unternehmen. Diese reicht vom Umgang mit Daten und der Berücksichtigung von Verbraucherbelangen, über die Beziehungen zu Mitarbeitenden, bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Digitale Verantwortung muss in die Unternehmensprozesse, Produkte und Dienstleistungen integriert und entlang der Wertschöpfungskette verankert werden.
CDR ist von hoher Relevanz für uns alle – denn im alltäglichen Leben sieht sich ein jeder mit den fortschreitenden Auswirkungen der Digitalisierung konfrontiert.
Warum engagiert sich die Telekom im CDR-Bereich auch außerhalb des eigenen Unternehmens und im Speziellen beim CDR-Award?
Die Telekom setzt sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema digitale Verantwortung auseinander und betrachtet insbesondere die positiven und negativen Auswirkungen des Einsatzes digitaler Technologien sowie digitaler Geschäftsprozesse und -modelle.
Das Bewusstsein im Zusammenhang mit Herausforderungen und Chancen von digitaler Transformation geht dabei über die Einhaltung von Compliance-Anforderungen hinaus. Wir bei der Telekom verstehen es als festen Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Damit die digitale Transformation gelingen kann und akzeptiert wird, müssen wir Verantwortung übernehmen und Vertrauen in die Digitalisierung aufbauen. Die Digitalisierung muss verantwortungsvoll und fair gestaltet werden, sodass alle mitgenommen werden.
Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation ist es entscheidend, dass die Debatte über die Zukunft unserer Gesellschaft nicht nur technologisch, betriebswirtschaftlich und wirtschaftspolitisch geführt wird. Neben Datenschutz, Datensicherheit und ethischen Gesichtspunkten müssen auch die Auswirkungen auf die Umwelt wie zum Beispiel das Klima und Ressourcen und die Gesellschaft wie zum Beispiel digitale Teilhabe oder die Veränderungen in der Arbeitswelt diskutiert werden.
CDR ist aber nicht nur die Aufgabe einzelner Unternehmen, sondern eine gesamt gesellschaftliche Herausforderung, deshalb setzen wir uns auch über die Grenzen unseres Unternehmens ein. Um Vertrauen in die digitale Zukunft zu schaffen, bedarf es einem Schulterschluss zwischen allen Akteuren, also Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Unserer Erfahrung nach überwiegen die Chancen, die im konstruktiv-kritischen Dialog mit den externen Stakeholdern und in branchenübergreifenden Partnerschaften liegen, bei Weitem. Mehr noch – die enge Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, sei es in Branchenverbänden oder in Kooperationen mit Wissenschaftlern, NGOs und anderen Stakeholdern, haben sich für unsere CR-Arbeit zu einem zentralen und unverzichtbaren Erfolgsfaktor entwickelt.
Deshalb engagieren wir uns beispielsweise bei der CDR-Initiative des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, bei der Gestaltung der CDR Building Bloxx des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. und auch mit Freude beim CDR-Award! Ein solcher Award schafft weiteres Bewusstsein für eine verantwortungsvolle digitale Transformation. Ich bin sehr gespannt auf die hoffentlich zahlreichen Einreichungen. Wir benötigen gute Impulse und Ideen, um die Chancen der Digitalisierung für ein besseres Leben und eine nachhaltige Entwicklung zu nutzen.
Gemeinsam mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. hat Bayern Innovativ 2021 den ersten deutschsprachigen CDR-Award ins Leben gerufen, um Leistungen im Bereich Corporate Digital Responsibility (CDR) auszuzeichnen. Mit dem CDR-Award 2021 soll das Bewusstsein für eine verantwortungsvolle Gestaltung digitaler Produkte, Dienste und Geschäftsmodelle gestärkt und ein Wettbewerb um mehr CDR angeregt werden. Der Preis wird im Rahmen einer virtuellen Fachkonferenz am 6. Dezember 2021 in den Kategorien „CDR und Verbraucherbelange“, „CDR und Mitarbeitende“ sowie „CDR und Neue Geschäftsmodelle“ von den bayerischen Ministerinnen und Ministern für Arbeit, Verbraucherschutz und Wirtschaft vergeben.
Unternehmen, gemeinnützige Organisationen und öffentliche Einrichtungen können sich bis 10. Oktober 2021 für den Award bewerben.
Wer steckt hinter dem Award?
Der CDR-Award wurde von Bayern Innovativ und dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. ins Leben gerufen. Für beide Organisationen ist die Auseinandersetzung mit den Chancen und Herausforderungen, die mit der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft zukommen, von großer Bedeutsamkeit.
BVDW und BI ergänzen sich gegenseitig bei Konzeption und Umsetzung des Awards oder bei der Vermittlung von Kontakten in Wirtschaft und Politik.
Mit dem Award soll mehr Bewusstsein für die Wichtigkeit und den Facettenreichtum des Themas Corporate Digital Responsibility geschaffen werden. Wie vielfältig CDR ist, zeigt sich auch an den beteiligten Ministerien. Jede der drei Preiskategorien steht unter der Schirmherrschaft eines Ministeriums: Hubert Aiwanger, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, ist Schirmherr der Kategorie „CDR und neue Geschäftsmodelle“. Carolina Trautner, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, übernimmt die Rolle für die Kategorie „CDR und Mitarbeitende“ und Thorsten Glauber, Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, ist verantwortlich für die Kategorie „CDR und Verbraucherschutz“.
Wie fügt sich CDR in die gesamte Unternehmensstrategie ein und warum ist CDR für die Deutsche Telekom AG besonders signifikant?
Als Telekommunikationsunternehmen erleben wir aus der ersten Reihe, wie fundamental und rasant die Veränderungen sind, die die Digitalisierung mit sich bringt. Mit unseren Produkten und Dienstleistungen tragen wir zur fortschreitenden Digitalisierung bei.
Die Deutsche Telekom AG bekennt sich zur Wahrnehmung der digitalen Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden, Kunden und der Gesellschaft. Ziel unserer Aktivitäten im Bereich CDR ist einerseits das Abwenden von negativen Auswirkungen auf diese Interessensgruppen, und andererseits die positive Mitgestaltung der Digitalisierung. Chancen sollen genutzt und Risiken minimiert werden. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensbereiche decken wir die Corporate Digital Responsibility in all ihren Facetten ab.
Welche Beispiele gibt es dazu bei der Telekom?
So stellen wir bei der Telekom nicht nur die notwendige Netzinfrastruktur und entsprechende Produkte bereit, sondern sorgen für höchste Sicherheit und Datenschutzstandards, denn unsere Kunden erwarten zurecht, dass ihre Daten bei uns sicher und geschützt sind.
Als eines der ersten Unternehmen der Welt haben wir Management-Leitlinien für den ethischen Umgang mit unserer Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt. Sie verdeutlichen, wie wir verantwortungsvoll mit KI umgehen und unsere auf KI basierenden Produkte und Services entwickeln wollen.
Oder das Thema Klima- und Ressourcenschonung: Digitalisierung und Netze benötigen Energie. Laut Studien hat der Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektor trotz eines wachsenden Datenverkehrs „nur“ einen Anteil von 1,4 bis 4 Prozent an den weltweiten Emissionen, aber Tendenz steigend. Deshalb müssen wir unseren eigenen CO2-Footprint reduzieren. Dafür haben wir uns ambitionierte Klimaziele gesetzt: Bereits 2025 werden wir alle unsere direkten und indirekten Emissionen (Scope 1 und 2) auf null senken. Ein wichtiger Stellhebel ist der Einsatz von 100 Prozent erneuerbarer Energien im gesamten Konzern bereits seit diesem Jahr.
Und Digitalisierung benötigt Ressourcen wie zum Beispiel seltene Erden. Deshalb müssen wir den Einsatz von Ressourcen reduzieren und das Modell der Kreislaufwirtschaft vorantreiben z.B. durch eine Verlängerung der Lebensdauer von Endgeräten mit Hilfe von Anforderungen an Qualität, Reparierbarkeit und Wiederverwendung.
Ein weiteres Thema: wir wollen dazu beitragen, Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Informations- und Wissensgesellschaft zu ermöglichen. Einen Schwerpunkt legen wir dabei auf Projekte zur Förderung der digitalen Bildung und den kompetenten Umgang mit digitalen Medien. Dafür haben wir die Plattform „Medien, aber sicher“ ins Leben gerufen. Sie vermittelt von Jung bis Alt einen sicheren und eigenverantwortlichen Umgang mit digitalen Medien und klärt über wesentliche Themen auf. Zugleich sind wir der Überzeugung, dass Medienkompetenz allein nicht ausreicht, um in der digitalen Welt gut und respektvoll zusammenleben zu können. Deshalb machen wir uns auch für Vielfalt, Toleranz und Freude an zwischenmenschlicher Interaktion stark. Wir beziehen klar Stellung gegen Hass und Ausgrenzung im Netz und Fake News!
CDR heißt auch, die Mitarbeitenden im Digitalisierungsprozess mitzudenken und zu integrieren. Das hat mindestens zwei Vorteile: Alle Beteiligten sind in der Lage die Veränderungen besser zu verstehen und sie wirken als Multiplikatoren in die Gesellschaft. Wie passiert das bei Ihnen jeweils?
Absolut, auch wenn wir ein Technologieunternehmen sind, sind ja nicht alle Kolleginnen und Kollegen „Teckies“: Bei uns arbeiten Babyboomer ebenso wie Digital Natives. Deshalb haben wir schon vor einigen Jahren die interne Initiative digital@work ins Leben gerufen. Hier geht es zum einen darum, durch die Bereitstellung digitaler Tools den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden zu erleichtern und die Zusammenarbeit zu vereinfachen. Zum anderen wollen wir mit individuellen Lernangeboten unsere Mitarbeitenden fit machen. Dafür wurde eine Toolbox entwickelt, die einen Überblick über die wichtigsten Collaboration Tools im Konzern gibt: Informationen zur Toolnutzung, Trainings- und Lernangebote und die zentralen Anlaufstellen.
Darüber hinaus gibt es ein Netzwerk von über 250 Kolleginnen und Kollegen, die zum DIGITAL CHAMPION ausgebildet wurden. Sie unterstützen andere dabei, digitale Herausforderungen im Arbeitsalltag schnellstmöglich zu lösen. Und die Community wächst und wächst. Und die Digitalisierung bringt auch eine Transformation der Arbeitswelt mit sich: von einer eher starren Präsenzkultur zu einer viel flexibleren, zeit- und ortsunabhängigeren Arbeitswelt.
Das stellt auch unsere Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Heutzutage verbindet man mit dem Begriff der Führungskraft nicht mehr den klassischen autoritären oder hierarchischen Führungsstil. Führungskräfte werden immer mehr zu Coaches und Motivatoren und das erfordert nicht mehr nur Fachexpertise, sondern auch emotionale Intelligenz und Empathie.
Vielen Dank für das Interview!
Service & Kontakt
Lisa Kästner
BVDW Services GmbH
Schumannstraße 2
10117 Berlin
Tel: +49 30 2888 580 – 34
Mobil: +49 173 2596 701
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