»Bewusstsein für Vielfalt in der Arbeitswelt schaffen«

Juliane Schlei von der Charta der Vielfalt e. V. erläutert, weshalb Diversität vor allem für exportorientierte Unternehmen wichtig ist, und gibt Tipps zur praktischen Umsetzung.

Februar 2023
Interview: Edda vom Dorp

Frau Schlei, was bedeutet Diversität beziehungsweise Diversitäts-Management?

Eine vielfältige Belegschaft aufzubauen und zu fördern bedeutet, dass Menschen mit sehr unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungsschätzen Seite an Seite das Unternehmen voranbringen. Im Diversity-Management achten wir besonders auf Unterschiede im Alter, in der ethnischen Herkunft und Nationalität, im Geschlecht und in der geschlechtlichen Identität, bei den körperlichen und geistigen Fähigkeiten, in der Religion und Weltanschauung, in der sexuellen Orientierung sowie in der sozialen Herkunft. Zum Diversity-Management gehört, diese Unterschiede und oft einhergehende Vorurteile zu bemerken und ein Umdenken anzuregen.

»Wer für potenzielle Kundschaft attraktiv sein möchte, tut gut darin, sie auch intern vertreten zu wissen.«

Juliane Schlei, Kommunikationsleitung Charta der Vielfalt e.V.

Ist Diversität auch für exportorientierte Unternehmen wichtig?

Gerade exportorientierte Unternehmen profitieren davon: Diversität im eigenen Team abzubilden bedeutet, die internationale Kundschaft besser verstehen und mit ihnen verhandeln zu können. Auch die Menschen am Ende der Lieferkette sind in all den genannten Vielfaltsdimensionen divers. Wer für potenzielle Kundschaft attraktiv sein möchte, tut gut darin, sie auch intern vertreten zu wissen. So ergibt sich aus Vielfaltsförderung nicht nur ein Beitrag zur sozialen Verantwortung von Unternehmen, sondern auch ein messbarer wirtschaftlicher Vorteil.

In welchen Bereichen sind deutsche Unternehmen beim Thema Diversität schon richtig gut und wo müssen sie besser werden?

Einzelne Dimensionen haben deutsche Unternehmen schon gut aufgegriffen und bei diesen Aspekten auch schon einige Veränderungen angestoßen. Insbesondere im Bereich Geschlecht und geschlechtliche Identität investieren sie viel. Flexibilität in Arbeitszeit und -ort für alle Geschlechter, aber auch Quoten und gendergerechte Sprache sind wichtige Maßnahmen, die sie vielerorts bereits umgesetzt haben. Auch die soziale Herkunft, die seit Anfang 2021 die Vielfaltsdimensionen der Charta der Vielfalt ergänzt, haben bereits viele Unternehmen in den Fokus genommen.

Die Richtung stimmt also?

Ja, doch es muss noch viel passieren. Gerade der Umgang mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Religionen am Arbeitsplatz erweist sich in deutschen Unternehmen weiterhin als schwierig. Unternehmen müssen verstehen, dass sie Menschen mit all ihren Persönlichkeitsmerkmalen als Arbeitskraft beschäftigen und dass sich diese am besten einbringen, wenn sie sich auch als solche zeigen können.

Welche Tipps würden Sie einem Unternehmen geben, das erstmals Diversität im Unternehmen verankern möchte?

Welche Diversity-Maßnahmen ein Unternehmen umsetzt, ist sehr individuell. Zunächst einmal sollten die Verantwortlichen Motivation und Zuständigkeiten klären sowie analysieren, in welchen Bereichen sie schon vielfältig aufgestellt sind, wie sie diese Vielfalt weiter unterstützen können und wo Diversität im Unternehmen noch ausbaufähig ist. Vielfaltsförderung ist besonders dann wirksam, wenn Maßnahmen mit der allgemeinen Unternehmensstrategie verknüpft und durch klare Zielsetzung begleitet werden. Gerade am Anfang ist es wichtig, erste kleinere Meilensteine zu erreichen sowie zu akzeptieren, dass nicht alles auf einmal verändert werden kann – und gerade deswegen dranzubleiben, von Fehlern zu lernen und sich mit anderen auszutauschen.

Wohin geht die Reise für die Charta der Vielfalt? Welche Märkte und Themen peilen Sie an beziehungsweise wollen Sie stärker forcieren?

Die Charta der Vielfalt schafft ein Bewusstsein für und Vertrauen in Vielfalt und Vielfaltsförderung in der Arbeitswelt. Sie fördert den Austausch, indem sie Organisationen und Arbeitnehmenden eine Plattform gibt. Hierzu setzen wir aktuell gleich mehrere Projekte um, wie den Deutschen Diversity-Tag, die Konferenz „DIVERSITY“ oder die DIVERSITY CHALLENGE. In Zukunft konzentrieren wir uns weiter darauf, dass der Mehrwert von Vielfalt in der Arbeitswelt als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor gesehen und gefördert wird, aber auch, dass der Einsatz für Vielfalt für die Arbeitnehmenden und damit für die Gesellschaft insgesamt weiter an Relevanz gewinnt.

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