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Saudi-Arabiens Regierung zieht sich Stück für Stück aus der Energie- und Wassererzeugung zurück und ebnet erneuerbaren Energien den Weg. Das schafft einen Markt, den es so vorher nicht gab: In- und ausländische Unternehmen wollen an der Dynamik teilhaben.
Oktober 2020
Autor: Christian Glosauer
Der neue Campus der King Abdullah Universit beheimatet zahlreiche Forschungsinstitutionen, die die Vision 2030 vorantreiben sollen. Unter anderem: autonom fahrende Shuttlebusse. © King Abdullah University
In Saudi-Arabien tut sich ein neuer Markt auf: Seit Jahren zieht sich der Staat Stück für Stück aus der Wasser- und Energieerzeugung zurück. Das sorgt für eine bemerkenswerte Dynamik, die trotz des Erdölpreisverfalls und der Coronakrise weiter an Fahrt aufnimmt. Dieser Trend dürfte sich durch erneuerbare Energien verstärken, da deren Bedeutung massiv steigen soll.
Triebfeder der Entwicklung ist, dass der Staat seine Energie- und Wassersubventionen zurückfährt – was er auch so in seiner Langfristplanung Saudi Vision 2030 verankert hat. „Das ist der wichtigste Faktor für die neue Marktdynamik“, sagt Paulus Buijs, Industriespezialist des Water Desalination and Reuse Center der King Abdullah University of Science and Technology. Der neue Campus beheimatet spezialisierte Forschungseinrichtungen, etwa für Solarenergie oder Membranforschung. Gemeinsam mit Forschern aus aller Welt arbeiten Buijs und seine Kollegen unter anderem an Erneuerbaren und Wasserentsalzungstechnologien.
»Der Staat zieht sich zurück und treibt damit in- und ausländische Investitionen.«
Paulus Buijs
Industriespezialist an der King Abdullah University
Die Kraftwerksbetreiber reagieren auf den Subventionsabbau, indem sie sich stärker den Erneuerbaren zuwenden und ihre Technologie optimieren. „Das treibt den Markt“, sagt Buijs. Der neue Realismus in der Kraftwerksbranche spiegelt sich in den Ausschreibungen für Dieselgeneratoren wider: Demnach stieg der Dieselpreis seit 2017 bei den Projekten von 2,5 US-Cent über 5,0 US-Cent im Jahr 2018 auf inzwischen bis zu zwölf US-Cent pro Kilowattstunde. Das lässt erneuerbare Energien umso attraktiver erscheinen.
Auch der schnellere Anstieg des Wasserverbrauchs im Vergleich zur Energie treibt den Markt. Gleichzeitig sinken die Wasserentsalzungskosten, die laut Buijs bei Umkehrosmose inzwischen bei 3,2 Kilowattstunden pro Kubikmeter angelangt sein sollen.
Die Aufholjagd beginnt
Bislang hinkte Saudi-Arabien bei Erneuerbaren in der Region hinterher, insbesondere im Vergleich zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Das ändert sich derzeit rasant: Ende 2019 ist die zweite große Fotovoltaikanlage Sakaka mit einer Kapazität von 300 Megawatt in Betrieb gegangen. Sie wurde von dem noch jungen staatlichen Renewable Energy Project Development Office (Repdo) ausgeschrieben. Die Betreiber speisen Elektrizität für vergleichsweise geringe 2,36 US-Cent ins Netz ein. Repdo ist inzwischen bei der dritten Ausschreibungsphase mit einer Gesamtkapazität von 2,6 Gigawatt angelangt. Bis 2030 sollen 40 Gigawatt an Fotovoltaikkapazität, 16 Gigawatt an Windkraft sowie 2,7 Gigawatt an Solarwärme entstehen.
Der inzwischen beinharte Wettbewerb auf dem Markt hat ein saudisches Schwergewicht entstehen lassen, das längst seine Kompetenzen auf Drittmärkten ins Spiel bringt. Der Kraftwerksentwickler Acwa Power verfügte Ende 2019 über insgesamt 30,9 Gigawatt Kapazität und erzeugte 5,3 Millionen Kubikmeter Trinkwasser täglich. Nur ein Fünftel der elektrischen Kapazität entfällt dabei auf Saudi-Arabien. Der Rest verteilt sich hauptsächlich auf Anlagen für erneuerbare Energien oder Entsalzung in den VAE, in Marokko, im Oman sowie auf Anlagen in Ägypten, Äthiopien, Südafrika, Jordanien, Vietnam, Bahrain und der Türkei.
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