»Trotz EU kocht jeder sein eigenes Süppchen.«
Interview zum Thema Entsendung mit Claudia und Günther Wackerbauer, Wackerbauer Maschinenbau GmbH.
Dezember 2020
Die Geschwister Claudia und Günther Wackerbauer führen das Familienunternehmen aus dem bayerischen Ampfing in dritter Generation. © Wackerbauer Maschinenbau GmbH
Frau Wackerbauer, als Maschinenbau- und Umwelttechnikspezialisten entsenden Sie Ihre Mitarbeiter häufig zum Arbeiten in andere Länder. Wohin geht es am meisten?
Wir entsenden in ganz unterschiedliche Länder, weil wir auftragsbezogen fertigen und liefern. Unsere Anlagen befinden sich überall auf der Welt, unter anderem in Singapur, Norwegen, Frankreich, Ungarn, Rumänien, Österreich, der Schweiz, Schweden, Großbritannien und Spanien.
Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Dass trotz EU jedes Land in Sachen Entsenderegelungen sein eigenes Süppchen kocht. Dazu kommt die Unsicherheit: Bevor wir wissen, ob wir den Auftrag überhaupt bekommen, müssen wir schon in Vorleistung gehen. Zum Beispiel erstellen wir für jede Auslandsbaustelle eine Risikobetrachtung, in der wir allgemeine und ortsspezifische Situationen bewerten. Wenn wir Mitarbeiter ins Ausland senden, schulen wir sie in Sachen Sicherheit vor Ort oder spezielle Zugangskontrollen beim Kunden.
Hat die Covid-19-Pandemie die Entsendungen in Ihrem Unternehmen eingeschränkt?
Corona hat uns mehr als eingeschränkt, ein normales Arbeiten war und ist sehr schwierig. Wir können zum Beispiel Wartungsarbeiten im Ausland nicht durchführen. Für Festpreismontagen laufen die Kosten davon, weil Reisen im Moment aufwendig und teuer ist. Zudem besteht für uns keine Planungssicherheit. Gerade steht beispielsweise ein Projekt in Norwegen still, weil Deutschland als Risikogebiet gilt und eine Quarantäne vorgeschrieben ist. Ich empfinde es als sehr anstrengend, trotz dieser Hindernisse Präsenz zu zeigen und zu den Kunden Vertrauen aufzubauen.
Wie bereiten Sie sich auf eine Entsendung vor, gerade im Hinblick auf die ganzen Formalitäten?
Wir recherchieren selbst und stellen dann gezielt Fragen. Dabei nutzen wir vor allem die Beratung der Handwerkskammer und auch der Industrie- und Handelskammer. Es gibt hervorragende Broschüren, für die man aber Zeit benötigt. Zusätzlich nehmen wir die kostenpflichtigen Dienstleistungen der Auslandshandelskammern in Anspruch, mit denen ein vertrauensvolles Arbeiten möglich ist. Im Laufe der Jahre baut man sich ein Netzwerk auf, auf das man zurückgreifen kann.
Werden Entsendungen durch die bürokratischen Herausforderungen abnehmen?
Entsendungen sind für kleine Betriebe sehr kompliziert. Die Prozeduren müssen dringend vereinheitlicht werden, am besten auf Englisch und digital verfügbar. Mitarbeiter sollten im Ausland nicht dafür verantwortlich sein müssen, ob sie zum Beispiel eine alte Lohnabrechnung in den Unterlagen dabei haben – das ist doch nicht mehr zeitgemäß. Sämtliche Unterlagen zur Auftragsabwicklung wie Zeichnungen, Montageunterlagen und Reisebestätigungen sind heute digital vorhanden. Dann sollte es auch möglich sein, dass alle Unterlagen zur Entsendung dies auch sind und vorab verschickt werden können.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – so steht es in der neuen EU-Entsenderichtlinie. Wie wirkt sich das auf Entsendungen aus?
Für unser Handwerk befürchte ich in Bezug auf das Lohnniveau keine großen Änderungen. Unsere Mitarbeiter sind ausgebildete Gesellen oder Meister und in ihrem jeweiligen Fachgebiet Spezialisten, deren Fähigkeiten und Kenntnisse bei den durchzuführenden Arbeiten gefragt sind und auch entsprechend bezahlt werden. Als Kunde weiß ich, dass Qualität seinen Preis hat. Spannend ist die Frage: Wie kommt man schnell und einfach an verbindliche Daten zum Lohnniveau? Wie finde ich die Information, was ein ungarischer Feinwerkmechaniker mit zehn Jahren Berufserfahrung in der Stunde verdient? Diese Informationen sollten von den Ländern einfach zugänglich zur Verfügung gestellt werden.
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