Erste Schritte im Export

Sie wollen Ihr Produkt auch im Ausland verkaufen? Sie haben erste Kontakte zu Abnehmern geknüpft – wissen aber nicht, was Sie in Sachen Recht und Zoll beachten müssen? Die Experten von GTAI beantworten wichtige Fragen für wichtige Märkte. Diesmal: Kanada.

Februar 2023
Autor:innen: Jan Sebisch und Susanne Scholl

Gibt es für mein Produkt sogar ­Vorteile?

Kanada hat mit der Europäischen Union das umfassende Freihandelsabkommen Ceta abgeschlossen. Ceta ist seit dem Jahr 2017 vorläufig in Kraft, weil es noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert ist. Daher gelten bisher nur einige Vereinbarungen des Abkommens, die unmittelbar für den Handel relevant sind, zum Beispiel Bestimmungen zum Zollabbau und zu öffentlichen Aufträgen. Industriegüter wie Maschinen oder Fahrzeuge lassen sich nun auf beiden Seiten fast ohne Ausnahme zollfrei handeln, wenn sie alle Ursprungsregeln erfüllen. Dagegen sind beispielsweise Bestimmungen zum Investitionsschutz noch nicht in Kraft. Kanada ist außerdem seit Juli 2020 mit den USA und Mexiko Mitglied des Nafta-Nachfolgeabkommens United States-Mexico-Canada Agreement. Für deutsche Unternehmen ist dies unter anderem entscheidend, wenn sie zum Beispiel in Kanada oder Mexiko für den US-Markt produzieren.

Was muss ich bei Verträgen beachten?

Das kommt auf die Provinz an. In neun von zehn Provinzen beruht das Zivilrecht auf dem Common Law und ist durch ein komplexes Verhältnis von Fallrecht und Gesetzesrecht charakterisiert. Allein in Quebec bildet ein geschriebener ­Gesetzestext die Basis des Zivilrechts, der Code Civil. Auch die grundlegenden Voraussetzungen für den Abschluss und die Durchsetzung von Verträgen beruhen in allen Common-Law-Provinzen auf den entsprechenden Regelungen des Common Laws. Für den in der Exportpraxis relevantesten Vertrag, den Kauf­vertrag über Waren, existieren in allen Common-Law-­Provinzen ­Warenverkaufsgesetze (Sale of Goods Acts). Im Rahmen von internationalen Verträgen akzeptieren kanadische Gerichte im Allgemeinen die Rechtsordnung und den Gerichtsstand, die die Parteien einer vertraglichen Vereinbarung gewählt haben. Ebenso üblich ist die Vereinbarung von Schiedsklauseln.

Darf ich mein Produkt nach Kanada liefern?

Die Einfuhr einiger Produkte ist in Kanada verboten. Dazu zählen zum Beispiel gefälschte Münzen oder Streichhölzer mit Kopf aus weißem Phosphor, Veröffentlichungen mit obszönem Inhalt, Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, oder Flugblätter, die Gewaltszenen darstellen. Der Export and Import Permits Act kann besondere Einfuhrkontrollen und Mengenbeschränkungen definieren, zum Beispiel für Produkte, die in der sogenannten Import Control List aufgeführt sind. Dies sind unter anderem Waffen, chemische Produkte und Textilprodukte. Die Gesundheitsbehörde Health Canada prüft zudem in- und ausländische Lebensmittel und Arzneimittel zunächst eingehend, bevor sie die Produkte zum Verkauf in Kanada freigibt. Sie müssen sicher und wirksam sein und bestimmte Qualitätskriterien erfüllen.

Zahlen & Fakten zu Kanada


Staatsform: Konstitutionelle Monarchie

Deutsche Ausfuhren: 10,1 Mrd. €

Rang als Handelspartner: 261

Freihandelsabkommen mit der EU? Ja

Rechtssicherheit: 0,8 (Tendenz steigend)²

OECD Länderrisikokategorie: keine³

Quellen: 1 Statistisches Bundesamt; 2 Rule of Law-Index 2022 (0 = sehr schlecht; 1 = sehr gut); 3 OECD Länderrisikokategorie: 1=niedrigste Risikokategorie, 7=höchste

© Pixabay

Welcher Papierkram erwartet mich?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens: Grundsätzlich können Unternehmen Waren mit dem Anmeldeformular Canada Customs Coding Form und allen weiteren Dokumenten wie Frachtbrief und Handelsrechnung persönlich im Zollamt anmelden. Sie zahlen die Einfuhrabgaben in bar, mit Scheck oder Kreditkarte. Die Zollbehörde gibt die Waren nach sorgfältiger Prüfung frei. Zweitens: Als besonders vertrauenswürdig eingestufte Importeure können Waren auch vereinfacht auf Basis vorläufiger Dokumente mit dem elektronischen Bearbeitungssystem Electronic Data Interface anmelden. Die Zollbehörde erteilt die Freigabe dann schon vor Zahlung der Einfuhrabgaben. Vollständige Dokumente sind innerhalb bestimmter Fristen nachzureichen. Bei Warensendungen mit einem Wert von mehr als 2.500 kanadischen Dollar beträgt sie fünf Werktage ab Freigabe. Importeure können für die Zollabfertigung einen Zollagenten als Vertreter einsetzen.

Und welche Rechte habe ich?

Sofern ein kanadischer Geschäftspartner seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt und sich beide Parteien nicht gütlich einigen können, können Sie eine Schiedsgerichts­barkeit in Betracht ziehen. Kanada ist Mitglied des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Dieses Abkommen regelt ­sowohl die Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen als auch die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche. Dadurch sind diese praktisch weltweit vollstreckbar. Sofern die kanadischen Gerichte für den Rechtsstreit zuständig sind, bleibt ansonsten nur die Möglichkeit, vor einem kanadischen Gericht zu klagen.

Welche Rechte hat mein Kunde?

Wenn Sie eine Pflicht aus dem Vertrag verletzen, stehen dem Kunden verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung. Üblicherweise wird er einen etwaigen Anspruch auf Schadens­ersatz ­geltend machen oder es in Betracht ziehen, vom Vertrag zurückzutreten. Nur in Ausnahmefällen kann er eine Erfüllungs­pflicht geltend machen, also versuchen, die Leistung einzuklagen, die Sie ihm versprochen haben. Wichtig: Das Gewährleistungsrecht liegt in der Regelungskompetenz der einzelnen Provinzen. In ­allen Common-Law-Provinzen existieren Warenverkaufs­gesetze, die zwei gesetzliche Gewährleistungen enthalten: Erstens müssen Waren für den generellen Gebrauch gebrauchstauglich sein, zu dem sie gedacht sind. Zweitens muss das zum Verkauf angebotene Produkt von handelsüblicher Qualität sein.

Deutsche Unternehmen, die Produkte nach Kanada liefern wollen, müssen das Exportkontrollrecht beachten. Fragen dazu beantwortet in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

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