Fluch oder Segen?
Erdölfunde in Uganda und Kenia beflügeln Fantasien und Begehrlichkeiten.
Die beteiligten Erdölfirmen haben Milliarden US-Dollar vorgestreckt und wollen nun endlich Einnahmen sehen. Eine aufwendige Pipeline soll es richten.
Januar 2018
Autor: Martin Böll, Germany Trade & Invest Nairobi
Wer die Geschehnisse im ostafrikanischen Ölsektor verfolgt, fühlt sich unwillkürlich an die US-amerikanische Fernsehserie „Dallas“ erinnert. Ein Drehbuchschreiber würde genügend Stoff für einen größeren Hollywoodstreifen finden, zumindest aber für eine Seifenoper. Alle wichtigen Zutaten sind vorhanden: mächtige Staatspräsidenten, international agierende Konzerne, begehrliche Entscheidergruppen, politisches Ränkespiel, sehr viel Geld und wunderschöne Landschaften mit wilden Tieren.
Seit 2006 weiß Uganda, dass es im Albertinen-Graben entlang der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo Öl gibt. Seitdem nähert sich das Land dem Thema mithilfe von Versuch und Irrtum. Dabei geht es in erster Linie darum, Ölfirmen zufriedenzustellen, weil diese sonst nicht investieren. Gleichzeitig will aber auch die politische Elite um den Dauerstaatspräsidenten Yoweri Museveni ihren Schnitt machen. Aktuell sieht alles nach einer Einigung aus: Die führende Ölgesellschaft, die französische Total, will viele Milliarden US-Dollar bereitstellen, um eine Ölexportpipeline zu bauen, damit sie die Ausgaben für die vorfinanzierte Ölsuche endlich wieder in die Kasse bekommt. Die Regierung hat derweil ein Gesetz erlassen, das „der Übertragung eines Geldautomaten an den Präsidenten und seinem Regime gleichkommt“, zitiert Reuters den Energieanalysten Angelo Izama von der US-amerikanischen Open Society Foundations. Überspitzt formuliert bedeutet das: Die Ölgesellschaften und der Präsident bekommen ihr Geld, dafür geht die Bevölkerung leer aus.
Die Ölfunde im ugandischen Bezirk Buliisa könnten dem Land schon seit Jahren wertvolle Devisen in die Staatskasse spülen – würde die politische Elite endlich zu Potte kommen. © Sven Torfinn/laif
Gemeinschaftspipeline gescheitert
Auch in Kenia gibt es seit 2013 nachweislich Ölreserven. Nicht so viel wie in Uganda, aber genug, um sie zu versilbern. Der ursprüngliche Plan: Eine Gemeinschaftsexportpipeline sollte ugandisches, südsudanesisches und kenianisches Öl zum kenianischen Küstenort Lamu transportieren. Die Strecke wäre für alle drei Länder die mit Abstand kürzeste. Zudem verfolgt Kenia schon lange den Plan eines zweiten Transportkorridors durch das Land. In einem großen Wurf könnten Pipeline, Fernstraße und Eisenbahnlinie zusammen entstehen – so die Vision. Mit Uganda war man sich schnell einig, während das Bürgerkriegsland Südsudan als seriöser Verhandlungspartner vorerst ausscheidet.
Dann aber kam es ganz anders: Im April 2016 düpierte Uganda seinen Nachbarn Kenia mit der Entscheidung, eine eigene Pipeline auf einer längeren Strecke durch Tansania zu bauen. Die offizielle Begründung: Kenias wilder Norden sei zu unsicher. Welche anderen Beweggründe auch noch eine Rolle gespielt haben, bleibt der Spekulation überlassen. Denkbar sind Animositäten von Staatschefs und eine schon jetzt sehr hohe Abhängigkeit Ugandas von Kenias Transportkorridor über Nairobi nach Mombasa. Was es genau war, bleibt allerdings offen.
Gewiss ist eins: Ölriese Total ist des Wartens überdrüssig und will so schnell wie möglich 3,5 Milliarden US-Dollar in die Hand nehmen, um die benötigte 1.445 Kilometer lange Pipeline zu bauen. Das Vorhaben ist abenteuerlich: Das ugandische Öl muss ununterbrochen gewärmt werden, weil es sonst die Konsistenz von Wachs annimmt. Dafür ist eine zuverlässige Stromversorgung nötig, und die wiederum gibt es in Ostafrika bislang noch nicht.
Die Ölgesellschaften und der Präsident bekommen ihr Geld, dafür geht die Bevölkerung leer aus.
Kenia ist unterdessen beleidigt und will Öl in beheizbaren Tanklastern in die Hafenstadt Mombasa transportieren – eine ökonomisch unsinnige Trotzreaktion. Sinnvoller ist der Vorschlag von Total, eine Pipeline von den kenianischen Ölfeldern am Turkana-See zur ugandischen Ölpipeline zu bauen. Wann und ob Kenia bereit ist, diese politische Kröte zu schlucken, bleibt allerdings abzuwarten.
Internationale Ausschreibungen
Trotz dieser Herausforderungen wird die Pipeline von Uganda zum tansanischen Hafen Tanga wohl kommen. Und weil Total ein europäisches Unternehmen ist, wird es transparente internationale Ausschreibungen und Verhandlungen mit potenziellen Lieferanten und Dienstleistern geben. Deutsche Unternehmen, die schon jetzt mit Total zusammenarbeiten, haben deshalb gute Karten. Fraglich ist derweil, wann Kenia seine Ölvorräte zu Geld machen kann. Fraglich ist auch, wann und ob Uganda jemanden findet, der dem Land eine politisch gewünschte Ölraffinerie baut und betreibt. Mehr als fraglich ist, in welchem Maße die Bevölkerung der beteiligten Länder von den vielen Petrodollars profitiert.
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