Wieder im Spiel

Wirtschaftsminister Robert Habeck war zu Besuch in Katar, denn der Wüstenstaat gilt als wichtiger Zukunftsmarkt – nicht nur wegen seines gewaltigen Öl- und Gasreichtums, sondern auch wegen sehr ambitionierter Entwicklungspläne.

Juni 2022
Autorin: Heena Nazir

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der deutsche Botschafter Claudius Fischbach (rechts) wollen mithilfe Katars die Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. © picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Wenn am 21. November 2022 im Al-Bayt-Stadion das Eröffnungsspiel der Fußballweltmeisterschaft (WM) in Katar angepfiffen wird, geht eine lange und sehr umstrittene Vorbereitungszeit auf das teuerste Fußballevent aller Zeiten zu Ende. „Expect Amazing – Erwarte Unglaubliches“ – um seinen WM-Slogan mit Leben zu erfüllen, hat der Golfstaat Projekte im Wert von bis zu 200 Milliarden US-Dollar realisiert. Allein die Kosten für die futuristisch anmutenden Stadien liegen bei circa vier Milliarden US-Dollar. Hinzu kommt der umfassende Ausbau der Verkehrswege und der Freizeitindustrie. Immerhin erwartet Katar in den letzten beiden Monaten des Jahres knapp 1,5 Millionen Besucher, denen man mehr als nur Sport bieten möchte.

Doch nicht nur die WM wirkt wie ein Katalysator auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Auch diverse andere Faktoren sorgen dafür, dass Katar künftig zu einem noch interessanteren Zukunftsmarkt heranwachsen könnte. Der seit 2017 bestehende, von Saudi-Arabien ausgehende und von anderen Ländern unterstützte Boykott gegen Katar wurde Anfang 2021 beendet. Der Zeitpunkt war sehr günstig – nicht zuletzt wegen der WM. Schließlich durfte die nationale Airline Qatar Airways den Luftraum der boykottierenden Nachbarländer bis dahin nicht überfliegen. Das kostete nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld.

Experten sind sich sicher: Die Wiederherstellung der Verkehrsverbindungen, vor allem zu Dubai, dem Drehkreuz der Region, wirkt sich positiv auf die Entwicklungspläne des Landes aus. Denn nicht nur den Touristen, vor allem den ausländischen Unternehmen, erleichtert der Wegfall von Reisebeschränkungen und vor allem der gegenseitigen Investitionshemmnisse das Geschäft. So betreiben zum Beispiel viele deutsche Firmen ihr Golfengagement von Dubai aus und hatten seither Probleme, wenn sie in Katar ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten wollten.

Beziehungen weiter ausbauen

Derzeit sind mehr als 300 deutsche Unternehmen in Katar tätig. Um den Standort für ausländische Investoren attraktiver zu gestalten, hat der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, bereits 2019 ein neues Investitionsgesetz unterzeichnet. Demnach dürfen ausländische Investoren in den meisten Branchen künftig 100 Prozent der Anteile an einer katarischen Kapitalgesellschaft halten. Im April 2021 hat die Regierung einen Gesetzentwurf verabschiedet, der das Investitionsgesetz weiter öffnet: Ausländer dürfen nun auch in börsennotierten Kapitalgesellschaften ohne Beschränkungen investieren.

Dabei ist jedoch zu beachten: Das neue Gesetz nimmt zwar eine uneingeschränkte Beteiligung als Regelfall an. Dennoch müssen Ausländer einen Antrag beim Ministerium für Handel und Industrie stellen, wenn sie eine Investition tätigen wollen, bei der die Beteiligung 49 Prozent des Kapitals übersteigt. Zusätzlich fällt eine Antragsgebühr an, die für die einzelnen Sektoren unterschiedlich hoch ausfällt.

Ein lukrativer Bereich für Investitionen in ­Katar stellt nach wie vor die Gasbranche ­Katars dar. Im Jahr 2019 betrug das Exportvolumen von verflüssigtem Erdgas (Liquefied Natural Gas, kurz: LNG) aus der Monarchie an der Grenze zu Saudi-Arabien rund 107 Milliarden Kubikmeter. Der Staat verfügt nach Russland und dem Iran über die größten Erdgasreserven der Welt. Damit Katar auch künftig seiner Führungsrolle am Weltmarkt gerecht wird, gab die staatliche Qatar Petroleum im Februar 2022 den ­endgültigen ­Investitionsentscheid für die erste Phase des richtungsweisenden Projekts North Field ­Expansion (NFE), die Expansion des Gas­feldes North Field, bekannt. Der Auftrag über 13 Milliarden US-Dollar ging an ein japanisch-französisches Konsortium der Unternehmen Chiyoda und Technip Energies.

Das Großprojekt hatte sich zuletzt durch pandemiebedingte Finanzturbulenzen verzögert, doch nun steht den wirtschaftsfördernden Effekten nichts mehr im Wege: In der ersten Phase erfolgt der Ausbau des North-Field-East-Blocks: Ab 2025 will man die Fördermenge auf 110 Millionen Tonnen jährlich steigern. Bis 2027 soll die Förderkapazität um weitere 16 Millionen Tonnen pro Jahr wachsen, die aus dem North-Field-South-Block stammen. Der Gesamtwert des Projekts: 43 Milliarden US-Dollar.