April 2017
Autorin: Michaela Balis
Das Start-up Intale vernetzt kleine Einzelhändler per Cloud mit Großhändlern. Davon profitieren beide: Die Ladenbesitzer wissen immer, wie viel sie verkauft haben, Großhändler können Einkaufsgewohnheiten erfassen.
© Intale
Die Aussicht aus dem Café in der zehnten Etage des neuen Athener Luxushotels Electra Metropolis ist atemberaubend. Stolz erhebt sich die nah gelegene Akropolis, weiter im Süden glitzert das Meer im Sonnenlicht. Auf diesen Lichtblick warten die Griechen im siebten Jahr der Wirtschaftskrise.
Der 30-jährige Unternehmer Fanis Koutouvelis genießt die Aussicht. Er hat viele Gründe, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken: Rund zwei Millionen Euro investierte der deutsche Geschäftsmann und Payback-Karten-Erfinder Alexander Rittweger in das Start-up des Griechen, die Firma Intale. Koutouvelis gründete sie mit zwei weiteren griechischen Ingenieuren im Jahr 2013. Neben Rittweger sind außerdem die Risikokapitalgesellschaft PJ Tech Catalyst Management der griechischen Piräus Bank und ein Angel Investor am Unternehmen beteiligt. Sie unterstützen die Firma nicht nur finanziell, sondern auch mit Know-how und persönlichen Kontakten.
Vernetzung via Cloud
Die Erfolgsgeschichte von Intale begann mit einem Streit zwischen zwei Großhändlern, die in einem kleinen Laden für ihre Produkte den jeweils besten Platz forderten. Fanis Koutouvelis hatte diese Szene beobachtet. Mit seinem Kollegen ging er anschließend von einem Geschäft zum nächsten, um mehr über die üblichen Arbeitsabläufe im Verkauf zu erfahren. Dabei fanden die beiden Männer heraus, dass viele Besitzer ihre Prozesse bislang noch nicht elektronisch erfassten. Die Gründer entwickelten daraufhin eine Point-of-Sale-Software, die kleine Einzelhandelsgeschäfte mit Großhändlern über eine Cloud vernetzt. Jedes Produkt wird beim Kauf gescannt, sodass der Ladenbesitzer stets weiß, wie viel er von einer bestimmten Ware verkauft hat und wann er wieder neue bestellen muss. Die Daten werden an den Großhändler gesendet. Da die Informationen verschiedener Einzelhändler zentral erfasst werden, lassen sich Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher einfach analysieren und an die Industrie weiterleiten. Inzwischen beschäftigt das Start-up 27 Mitarbeiter.
Intale ist Teil einer neuen griechischen Gründerzeit, die ein Lichtblick sein könnte, den die Wirtschaft dringend braucht. Während landesweit jeden Tag etwa 100 Betriebe aufgeben müssen, verdoppelt sich die Zahl der Start-ups seit 2013 jährlich. Inzwischen gibt es knapp 1.000 Jungunternehmen. Etwa jeder zweite Gründer stammt aus der Informations- und Technologiebranche.
Viele der Start-ups sind sehr erfolgreich: Intale beispielsweise verdoppelt seinen Umsatz jedes halbe Jahr. Die Firma Pollfish, die eine Onlineplattform für Meinungsumfragen betreibt, wächst zweimal so schnell. Taxibeat legt jährlich um 180 Prozent zu. Mit seiner App erwirtschaftet das Start-up umgerechnet rund 6,5 Millionen Euro jährlich, das hat das amerikanische Businessinformationsportal Datafox herausgefunden.
Interview
»Griechische Entwickler sind besonders innovativ.«
Nikos Antoniou managt den Venturecapital-Fonds PJ Tech Catalyst Management der griechischen Piräus Bank. Er ist überzeugt davon, dass griechische Start-ups viele Chancen für ausländische Investoren bieten.
An wie vielen Start-ups beteiligte sich Ihr Fonds bisher?
Der Fonds investierte seit seiner Gründung im Jahr 2012 zehn Millionen Euro in 21 Start-ups. Die Finanzierung stammt zu 70 Prozent aus dem Europäischen Investitionsfonds, zu 30 Prozent handelt es sich um bankeigenes Kapital. Weitere Investitionen in Unternehmen, die sich bereits im unserem Portfolio befinden, sind geplant. An jedem Unternehmen beteiligen wir uns mit bis zu 1,5 Millionen Euro.
Wodurch zeichnen sich griechische Start-ups aus?
Griechische Softwareentwickler und -ingenieure sind hervorragend ausgebildet und deshalb in der Lage, besonders innovative Produkte zu entwickeln. Griechenland ist deshalb selbst gegenüber Ländern mit geringeren Lohnkosten wie Bulgarien wettbewerbsfähig.
Mit welchen Problemen werden griechische Start-ups konfrontiert?
In Griechenland fehlt es an Fachkräften im Vertrieb und in der Unternehmensentwicklung, die über das nötige Know-how für eine Expansion in ausländische Märkte verfügen. Außerdem haben Gründer mit hohen Sozialabgaben und komplizierten steuerrechtlichen Verfahren zu kämpfen. Für jeden Mitarbeiter zahlen sie auf das Bruttogehalt 25,05 Prozent Sozialbeiträge.
Welche Möglichkeiten gibt es für eine Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen?
Es gibt gute Aussichten für eine Zusammenarbeit mit deutschen Fachkräften und Unternehmen, besonders, wenn es darum geht, die Produkte an die Bedürfnisse des deutschen Marktes anzupassen. Gefragt ist außerdem die Unterstützung beim Zugang zum deutschen Markt.
Starthilfe aus dem Ausland
Nicht nur Intale ist für ausländische Investoren attraktiv. Auch andere Start-ups profitieren von ihnen: Mit 6,7 Millionen Euro stiegen die britische Gesellschaft Hummingbird Ventures und der griechische Risikokapitalgeber Openfund in das Start-up Taxibeat ein. Mittlerweile haben etwa eine Million Nutzer in Athen und im peruanischen Lima diese App installiert. Kürzlich übernahm der deutsche Rivale Mytaxi, ein Unternehmen des Automobilkonzerns Daimler, Taxibeat für 43 Millionen Euro.
Ein neuer Dachfonds für Wagniskapital stellt 260 Millionen Euro für die Beteiligung von Venturecapital-Fonds an griechischen Start-ups bereit. Was nicht darüber abgedeckt wird, müssen Risikokapitalgesellschaften, die in junge Firmen investieren wollen, selbst einbringen. Der Dachfonds wird gemeinsam vom Europäischen Investitionsfonds und der griechischen Regierung finanziert.
Viele Start-ups ziehen nach den ersten Erfolgen ins Ausland, um bessere Kontakte zu Investoren zu knüpfen. So verlegte auch Intale vor zwei Jahren seinen Hauptsitz nach Delaware in die USA. In diesem Jahr sollen alle Unternehmensaktivitäten in die USA ausgelagert werden. Lediglich die Entwickler sollen weiter in Griechenland arbeiten. Darüber hinaus hat Gründer Koutouvelis weitere große Pläne: Er will den deutschen Markt erobern und eine Zweigstelle im Land gründen. „Das Interesse einer deutschen Großhandelskette war ausschlaggebend“, sagt er. In Deutschland gibt es 60.000 Einzelhandelsgeschäfte – und damit 60.000 potenzielle Kunden.
Service & Kontakt
Wie die Europäische Union griechische Start-ups fördert lesen Sie unter:
Startschuss für vier EU-Programme in Griechenland
GTAI-Ansprechpartnerin Griechenland
Sofia Hempel
+49 228 24 993 215
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Weitere Informationen zu Griechenland finden Sie auf der GTAI-Länderseite www.gtai.de/griechenland
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