Gute Hoffnung am Kap
In Südafrikas Wirtschaft macht sich nach schwierigen Jahren Zuversicht breit. Ein als Wirtschaftsfachmann geltender neuer Staatspräsident soll die dringend erforderlichen Veränderungen einleiten.
April 2018
Autor: Heiko Stumpf
Aufbruchsstimmung auf dem ANC-Parteitag: Cyril Ramaphosa wurde innerhalb weniger Wochen erst neuer Parteivorsitzender und dann neuer Präsident. © Gareth Smit/Redux/laif
Es waren angespannte Stunden des Wartens: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Vorsitz der Regierungspartei des African National Congress, kurz ANC, hielt Ende letzten Jahres Südafrika in Atem. Als auf dem Parteitag in Johannesburg am 18. Dezember mit mehr als 24 Stunden Verspätung Cyril Ramaphosa zum Sieger ausgerufen wurde, machte sich Erleichterung breit: Presse und Wirtschaftsvertreter sprachen von einem Signal des Aufbruchs.
Was folgte war ein dramatisches Tauziehen mit dem Staatspräsidenten Jacob Zuma: Erst nach Ansetzung eines Misstrauensvotums erklärte dieser seinen vorzeitigen Abgang. Nun soll Ramaphosa als neuer Regierungschef den Niedergang beenden, den der im Jahr 2009 an die Macht gekommene Zuma über Südafrika brachte. Zumas Amtsjahre werden für immer mit State Capture in Verbindung stehen: So bezeichnen Südafrikaner die Korruption der vergangenen Jahre. Der Staat wurde durch private Interessengruppen regelrecht unterwandert.
Im Mittelpunkt steht der indischstämmige Unternehmerklan der Guptas. Dieser versuchte, eine Art Schattenregierung zu etablieren. Regierungspolitiker und Führungspersonen großer Staatsunternehmen gingen im Johannesburger Anwesen der Guptas ein und aus. So nahm der Klan auch Einfluss auf Kabinettsbesetzungen. Der ehemalige Vizefinanzminister Mcebisi Jonas schockierte im Oktober 2016 die Nation mit der Enthüllung, dass ihm von den Guptas umgerechnet 41 Millionen Euro geboten worden waren. Die Bedingung: Er müsse das Amt des Finanzministers annehmen und die Interessen der Guptas fördern. Jonas lehnte ab und erstattete Anzeige.
Über welchen Einfluss die Guptas verfügten, zeigen auch über 100.000 veröffentlichte E-Mails: Sie zeichnen das Bild eines breiten, kollusiven Netzwerks, in das zahlreiche Entscheidungsträger Südafrikas verwickelt waren. Beobachter schätzen, dass unter Zuma rund 6,8 Milliarden Euro in dunkle Kanäle geflossen sein dürften. In dieses Bild passt auch die erratische Regierungsführung Zumas, der insgesamt 68 Ministerwechsel vornahm und innerhalb von 15 Monaten zwei hochrespektierte Finanzminister vor die Tür setzte.
Trotz zahlreicher Korruptionsenthüllungen in der Presse blieben die Strafverfolgungsbehörden untätig. Indes waren die Folgen für die Wirtschaft drastisch: Das Bonitätsranking des Landes wurde von Standard & Poor’s und von Fitch auf Ramschstatus herabgestuft. Die von einem schweren Vertrauensverlust erfassten Unternehmen traten in einen Investitionsstreik. Der Index für das Konsumentenvertrauen blieb so lange im negativen Bereich wie seit 1985 nicht mehr. Das Wirtschaftswachstum erreichte in den vergangenen drei Jahren nur einen Durchschnitt von 1,1 Prozent. Aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums sank das Pro-Kopf-Einkommen, die Arbeitslosigkeit stieg 2017 auf 27,5 Prozent.
»Der wichtigste afrikanische Partner des Kontinents«
Matthias Boddenberg, Geschäftsführer der AHK Südliches Afrika
Welche Bedeutung hat Südafrika für die deutsche Außenwirtschaft?
Südafrika ist unser wichtigster Handelspartner auf dem afrikanischen Kontinent. Rund 36 Prozent der deutschen Ausfuhren nach Afrika gehen ans Kap. Für das Jahr 2017 erwarten wir ein bilaterales Handelsvolumen von etwa 17 Milliarden Euro, ein neuer Rekord. Zudem sind über 600 deutsche Unternehmen in Südafrika ansässig und sichern 90.000 Arbeitsplätze.
Welchen Herausforderungen müssen sich deutsche Unternehmen stellen?
Black Economic Empowerment spielt eine wichtige Rolle. Die Regierung will die Teilhabe der schwarzen Bevölkerung am Wirtschaftsleben erhöhen. Bei öffentlichen Ausschreibungen gibt es dafür Kriterien. Mit dem Enterprise and Supplier Development Fund helfen wir deutschen Unternehmen, die Anforderungen zu erfüllen. Zudem müssen sich deutsche Lieferanten auf strengere Local-Content-Vorschriften einstellen.
© AHK Südliches Afrika
Ramaphosa will mit der Korruption aufräumen und das Land mit Reformen wieder auf Kurs bringen. In der Tat weht schon nach wenigen Wochen ein frischer Wind durch Südafrika. Der Aufsichtsrat des unter Korruption und Missmanagement leidenden staatlichen Stromversorgers Eskom wurde durch den Einfluss Ramaphosas mit gestandenen Fachleuten besetzt. Ein undurchsichtiges Nuklearprogramm scheint vom Tisch zu sein. Stattdessen kommt der seit zwei Jahren ins Stocken geratene Ausbau der erneuerbaren Energien wieder in Gang. Auch Ermittlungsbehörden bringen Verfahren gegen die Guptas und ihre Unterstützer voran. „Er macht Nägel mit Köpfen“, sagt Martin Schäfer, deutscher Botschafter in Südafrika. „Die von ihm ernannten Minister im Bereich Wirtschaft und Finanzen gehören zu den besten Köpfen des Landes. Sie genießen großen Respekt und stehen für einen Aufbruch und Neuanfang. Das schafft Zuversicht für eine Rückkehr zu guter Regierungsführung, mehr Wachstum und Beschäftigung.“ Gleichzeitig sei es eine Chance auch für deutsche Investoren.
Noch bleibt abzuwarten, ob Ramaphosa auch die parteiinterne Durchsetzungskraft für umfassende Strukturreformen besitzt. „Sein Parteitagssieg mit 52 Prozent war sehr knapp“, erklärt der Publizist und ANC-Insider Khulu Mbatha. „Die Unterstützer Zumas sind noch immer zahlreich in den Führungsgremien der Partei vertreten.“ Ökonomen zeigen sich jedoch zuversichtlich, dass Südafrika mit einer konsistenten Regierungspolitik mittelfristig wieder ein Wachstum von zwei bis drei Prozent erreichen kann. Von einem besseren Investitionsklima dürften auch deutsche Unternehmen profitieren: Volkswagen investierte zuletzt rund 415 Millionen Euro in den Bau des neuen Polo und Polo Vivo in Port Elizabeth. „Im Umfeld des Jahres 2017 hätten wir diese Investitionsentscheidung nicht treffen können“, sagte Landeschef Thomas Schäfer bei der Eröffnung des modernisierten Werkes. Aufgrund der besseren Rahmenbedingungen hofft Schäfer darauf, im Jahr 2018 den Zuschlag für den Bau eines dritten Modells am Kap zu erhalten.
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