Juni 2018
Autor: Robert Espey
Auf der internationalen Konferenz zum Wiederaufbau Iraks trafen sich im Februar dieses Jahres mehr als 2.000 Wirtschaftsexperten, Politiker und Unternehmer, darunter etwa 100 Teilnehmer aus Deutschland. Die Aufbruchsstimmung blieb allerdings gedämpft, denn schon die Wahl des Veranstaltungsorts, ein Hotel in Kuwait, machte deutlich, dass Irak weiterhin schwierige Rahmenbedingungen bietet. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes lässt kaum Zweifel aufkommen: „Vor Reisen nach Irak wird gewarnt.“ Wer dennoch reist, sollte dies auf Grundlage eines „tragfähigen professionellen Sicherheitskonzeptes“ tun. Praktisch bedeutet das: Für den Schutz sorgen private Sicherheitsdienste und gepanzerte Fahrzeuge. Iraks kurdische Provinzen bieten eine etwas entspanntere Sicherheitslage.
Trotz der widrigen Umstände war das Interesse an der dreitägigen Kuwait International Conference for Reconstruction of Iraq groß, denn der Wiederaufbau bietet auch Chancen. Insbesondere die Instandsetzung und der Ausbau der in vielen Landesteilen schwer beschädigten und zerstörten Infrastruktur erfordern hohe Investitionen. Die irakische Regierung hat gemeinsam mit der Weltbank eine Schadens- und Bedarfsanalyse erstellt: Demnach sind zur Finanzierung des Wiederaufbaus umgerechnet 74 Milliarden Euro erforderlich.
25 Milliarden Euro in Aussicht gestellt
Ausländische Regierungen und internationale Organisationen sollen einen erheblichen Teil des Geldes beisteuern. Auf der Konferenz wurden Hilfen von insgesamt rund 25 Milliarden Euro angekündigt, vor allem in Form von Krediten. So hat Ankara Kredite in Höhe von 4,2 Milliarden Euro zur Finanzierung türkischer Exporte angeboten. Weitere 4,2 Milliarden Euro haben die Länder des Golf-Kooperationsrates in Aussicht gestellt. Die USA beabsichtigen, Irakprojekte amerikanischer Firmen mit 2,5 Milliarden Euro zu fördern. Die Europäische Union will 334 Millionen Euro bereitstellen.
Deutschland war in Kuwait durch den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, vertreten und kündigte Unterstützung in Höhe von 350 Millionen Euro an. Aus der Bundesrepublik sind bereits rund eine Milliarde Euro nach Irak geflossen, vorwiegend als Flüchtlingshilfe.
Starke Partner vor Ort
Vertrauen erhöhen
Nisrin Khalil, Head of Office des deutschen Wirtschaftsbüro Irak, über Herausforderungen für deutsche Unternehmen.
Was sollte Irak verändern, um deutsche Investoren zu gewinnen?
Bislang gibt es wenige deutsche Direktinvestitionen. Um das Vertrauen zu erhöhen, sollte Irak für einen reibungslosen Handel sorgen. Das von Deutschland und Irak unterzeichnete Investitionsschutzabkommen konnte aufgrund der ausstehenden Genehmigung durch die Europäische Kommission noch nicht in Kraft treten.
Welche Maßnahmen empfehlen Sie vor dem Markteinstieg?
Ohne starke Partner ist es schwierig, hier erfolgreich zu sein. Unsere Büros begleiten deutsche Unternehmen beim Markteintritt.
Delfine als Symbole für Frieden und Hoffnung: Ein irakischer Maler verschönert Mauern, die nach der Invasion des Irak in Bagdad errichtet wurden und die Stadt zukünftig schützen sollen. © picture alliance/AA
Auch Iran hilft mit
Iran, ein in Irak nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich wichtiger Akteur, machte auf der Wiederaufbaukonferenz keine Zusagen. Im März erklärte die Regierung aber dann, Kredite in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen zu wollen. Iran ist unter anderem im Kraftwerkssektor des Nachbarlands aktiv. Derzeit baut der führende Anlagenbauer des Landes, die Mapna Gruppe, für zwei Milliarden Euro das 3.000-Megawatt-Kraftwerk Rumaila in Basra. Investor ist die irakisch-jordanische Shamaragruppe.
Neben staatlichen Hilfen aus dem Ausland sollen Direktinvestitionen und langfristige private ausländische Finanzierungen das zweite Hauptstandbein des Wiederaufbaus bilden. Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, setzt Irak ein Reformprogramm um, das mit dem Internationalen Währungsfonds vereinbart wurde. Regulatorische und organisatorische Maßnahmen sollen Investitionen attraktiver machen. Auch Steuer- und Zollvergünstigungen beziehungsweise -befreiungen werden gewährt.
Jedoch behindern die instabile und schwer prognostizierbare politische und wirtschaftliche Situation sowie Strukturprobleme wie Korruption oder hohe Bürokratie verstärktes privates Engagement. Wie sich die politische Situation nun nach den Parlamentswahlen entwickelt, bleibt abzuwarten.
Die irakische Investitionsförderungsgesellschaft (NIC) hat auf der Konferenz eine Liste von über 200 möglichen Investitionsvorhaben präsentiert. Bei der Auswahl der Projektvorschläge wurde die NIC von der Weltbank beraten. Neben rein privatwirtschaftlichen Lösungen strebt sie für viele Projekte Betreibermodelle an, bei der private Unternehmen an öffentlichen Aufgaben beteiligt sind.
HANDLUNGSFELDER
Für deutsche Unternehmen besonders interessante Branchen:
Chemieindustrie
Instandsetzung und Neubau von Ölraffinerien und Düngemittelwerken, Anlagen zur Herstellung von Ethylen, Propylen etc.
Verkehrsinfrastruktur
Großhafen Al Faw, Flughäfen (Mosul, Nasiriya, Erbil), Schienenstrecken, Straßenbahnen (Erbil, Sulaimaniyah und Duhok), Metrosysteme (Bagdad, Karbala, Basra), Autobahnen
Kraftwerksbau
Instandsetzung konventioneller Kraftwerke, Solarkraftwerke (Fotovoltaik)
Baustoffindustrie
Instandsetzung und Ausbau von Zementwerken sowie Flachglasfabriken
Automobilindustrie/Landmaschinen
Montagewerke für Busse, Minibusse, Traktoren und andere Agrarmaschinen
Gesundheitswesen
Übernahme begonnener Krankenhausprojekte durch private Investoren, Bau neuer Krankenhäuser, Pharmaproduktion
Nahrungsmittelindustrie
Herstellung von Fruchtsäften, Tomatenpaste, Speiseöl und Molkereierzeugnissen
Service & Kontakt
Das deutsche Wirtschaftsbüro in Irak: irak.ahk.de
Ausschreibungen zu Entwicklungsprojekten in Irak finden Sie in der Datenbank von GTAI.
Ihr GTAI-Ansprechpartner für den Irak
Christian Glosauer
+49 228 24 993 454
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Weitere Informationen zum Irak finden Sie auf der GTAI-Länderseite.
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