August 2017
Autor: Martin Böll
Diese drei Damen sind in Nairobi geboren. Ihre Eltern kamen aus Cuxhaven und sind im Kükenalter nach Nairobi gereist. Die Hühner leben jetzt im Garten von GTAI-Korrespondent Martin Böll: Elvira, Wilde Trude und Roswitha (von links). Die Legeleistung beeindruckt kenianische Unternehmer wie Dipak Shah. Die sogenannten Braunleger punkten außerdem mit besonders bruchfesten Eierschalen und einem ausgeglichenen Gemüt. © GTAI/Martin Böll
Sie heißen Elvira, Susanne, Wilde Trude und Roswitha und leben in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Ihre Eltern waren Immigranten aus dem Landkreis Cuxhaven und sind vor nicht allzu langer Zeit mit Lufthansa nach Ostafrika gekommen. Die vier Damen tragen ein gepflegtes Federkleid, sind wohlgenährt, laufen sichtlich glücklich im Garten herum und legen an mehr als 350 Tagen im Jahr jede ein Ei: recht groß, mit brauner Schale und wunderbar gelbem Eigelb. Die Hühner stammen aus dem Stall von Dipak Shah, der in Kenia zusammen mit seiner Tochter eine der größten voll integrierten Geflügelfirmen des Landes betreibt.
Qualität geht auch in Afrika
Sein Erfolgsrezept: Topqualität nach internationalem Standard. Und das beginnt mit erstklassigem Parent Stock, also herausragenden Elterntieren. Mittlerweile lässt er viermal im Jahr jeweils 8.000 weibliche und 1.200 männliche Zuchtküken der Bezeichnung Lohmann Brown-Classic einfliegen. Verkäufer ist das Unternehmen Lohmann Tierzucht in Cuxhaven, in Deutschland Marktführer in der Züchtung und Produktion von Hybridhühnern, die entweder auf hohe Lege- oder hohe Mastleistung hin gezüchtet werden. Der Käufer hat die Wahl.
Diese deutschen Hühner sind ein Exportschlager: 2016 exportierte Deutschland für rund 600 Millionen Euro Hausgeflügel, mehr als ein Sechstel davon waren lebende Hühner mit einem Gewicht von weniger als 185 Gramm. Im Afrika südlich der Sahara gehören Ghana, Kamerun, Kenia und Südafrika zu den nennenswerten Kunden. Die importierten Elterntiere – ein Hahn beglückt jeweils zehn Hühner – produzieren in Afrika Nachwuchs. Von denen werden allerdings nur die Hochleistungslegehennen kommerziell gebraucht. Die männlichen Küken wandern, anders als in Deutschland, nicht in den Schredder, sondern werden über Händler an Privatpersonen und Kleinbauern verkauft. Rund 90.000 Eier produzieren die Legebatterien von Shah, jeden Tag, höchst zuverlässig. Und wenn die Legehennen das Ende ihrer produktiven Zeit erreicht haben, werden sie an Kleinhändler verkauft: Alte Suppenhühner sind in Kenia eine Delikatesse, weil sie mehr Geschmack haben. Damit das so bleibt, achtet Shah auf eine hohe Qualität seiner Futtermittel. Der Unternehmer stellt sie in einem modernen Werk selbst her. Die Maschinen kommen aus Europa, der Mais aus Kenia, Sojaschrot aus Uganda, Malawi oder Indien und Aminosäuren vom deutschen Spezialchemiehersteller Evonik. Vitamine und Mineralien werden ebenfalls importiert. Neben Shahs Betrieb können nur noch weitere vier andere kenianische Hersteller internationale Qualität liefern, die restlichen 250 Branchenteilnehmer schaffen das nicht.
An der Nachfrage nach Eiern und Hühnern fehlt es in Kenia trotz vergleichsweise hoher Preise nicht. Dank des steilen Aufstiegs der kenianischen Mittelklasse in den letzten Jahren können sich viel mehr Konsumenten weißes Fleisch und Eier leisten. Vor allem die Vielzahl der neu aus dem Boden schießenden Shoppingcenter wollen ihren Kunden ordentlich verpackte Nahrungsmittelqualität bieten.
Interview
»Alles Politik«
Dipak Shah ist Gründer und Direktor des Unternehmens Isinya Feeds Limited in Kenia. Im Interview erklärt er, warum Hühnerfleisch in Kenia so teuer ist.
In Nairobi sind Eier und Hühnerfleisch teurer als in Deutschland und teurer als kenianisches Rind oder kenianischer Fisch. Wie kommt das?
Es liegt am teuren Mais, dem wichtigsten Einsatzmittel für Hühnerfutter. Ich zahle zwei- bis dreimal so viel wie ein Kollege in Deutschland und bekomme zudem nur weißen Mais, der gelbe wäre eigentlich geeigneter. Futter steht in Kenia in direkter Konkurrenz zu Nahrungsmitteln.
Kann man nicht billigeren Mais importieren?
Würde ich gerne, der Markt für Mais ist aber reguliert. Kenia erlaubt den Maisimport nur in Ausnahmefällen. Derzeit können bestimmte Mengen eingeführt werden, weil die anhaltende Trockenheit zu schlechten Ernten geführt hat. Ansonsten sollen Farmer und Händler vor preiswerten Importen geschützt werden. Das ist alles Politik.
Kenia kann die Nachfrage nach Nahrungsmitteln allein nicht decken und gibt deshalb immer mehr Geld für Nahrungsmittelimporte aus. Wie könnte das geändert werden?
Der Markt müsste liberalisiert und weiter kommerzialisiert werden. Wir müssen uns in Kenia auf die Erzeugnisse konzentrieren, bei denen wir wettbewerbsfähig sind. Von der Technik und vom Know-how her ist mein Betrieb international top. Müsste ich für den Mais nur international übliche Preise zahlen, könnte ich expandieren und meine Eier und Futtermittel in andere afrikanische Staaten exportieren. Ein 90-Kilogramm-Sack weißer Mais kostet derzeit etwa umgerechnet 48 US-Dollar. Wenn wir nächsten Monat ausnahmsweise Mais aus Mexiko importieren dürften, würde der nur 20 US-Dollar kosten. Ansonsten sollte sich Kenia ein Beispiel an den Niederlanden nehmen: hochintensive Nahrungsmittelproduktion auf kleinem Raum. Außerdem müssen wir viel mehr in die Nahrungsmittelverarbeitung investieren, um Verluste nach der Ernte zu vermeiden. Das alles wird kommen, weil es keine Alternative gibt. Die Frage ist nur: Wann?
Know-how ist erlernbar
Shah sieht sich in einer Vorreiterrolle, die in Afrika Schule machen wird. Viele afrikanische Staaten können ihre Einwohner nicht ernähren und müssen importieren. Die Produktionskosten sind meist viel zu hoch, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen und es an Know-how fehlt. Zumindest Letzteres aber lässt sich erlernen, sagt Dipak Shah. Seine Hühner- und Techniklieferanten stünden bei Bedarf mit Rat zur Seite. Auf internationalen Kongressen, zum Beispiel in Berlin, tauscht Shah sich mit Gleichgesinnten aus und informiert sich über die neuesten Trends.
Apropos Trend: Die nächste Hürde im Hühnerzuchtgeschäft ist das Zweitnutzungshuhn, eine Kreuzung aus Lege- und Mastlinien. Die Hennen sollen genügend Eier produzieren und die Hähne trotzdem genug Fleisch ansetzen. Dann hätten auch männliche Küken in Deutschland bei der Legehennenzucht eine Lebenschance.
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Ihr GTAI-Ansprechpartnerin
Katrin Weiper
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Weitere Informationen zu Kenia finden Sie auf der GTAI-Länderseite.
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Guten Tag!
Habe das im Internet gefunden und interessiere mich da sehr darüber!
Denn meine Frau stamme auch aus Kenia, und widmet sich sehr dem Huhn; sei es mit Eier- und Mastproduktion!
Jedoch würde ich gerne mit Ihnen in Kontakt kommen wollen! Meine Frau arbeitet da Nähe Mombassa!
Ersuche um kurze Antwort, denn meine Frau will sich darüber sehr informioeren darüber!
Mit den freundlichen Grüßen
Walter REITER, Brunnenmeister
Zu meiner Person will Ihnen ich sagen, ich habe einen Brunnenbohrbetrieb hier in Österreich und suche auch zuverlässig nach unterirdischen ´Quell- und Wasserläufen!!!
War schon mehrmals in Afrika und zwar in Tansania, Kamerun, Tunesien und auch in Kenia tätig!!
Nur zur Information möchte ich Ihnen dies mitteilen!!!
Werde anfang nächsten Monat in Kenia sein“““
Guten Morgen Herr Reiter,
der Beitrag ist schon etwas älter aber Sie können sich gerne an unsere Expertinnen und Experten aus dem Bereich Afrika wenden: http://www.gtai.de/afrika
Viele Grüße
Markets-Chefredaktion