September 2018
Autor: Jürgen Maurer
Eine Verkäuferin dekoriert den Louis-Vuitton-Store an der Omotesando-Straße in Tokio. Die Japaner haben ihre Lust am Shoppen wiederentdeckt.
© Stuart Isett/Polaris/laif
Wer heutzutage über die Einkaufsmeilen Japans wie die Ginza in Tokio schlendert, wird kaum Japanisch vernehmen – und das liegt nicht nur daran, dass Japaner eher leise reden. Chinesische Sprachfetzen sind dagegen häufig zu hören. Von den mehr als 28 Millionen ausländischen Touristen, die 2017 Japan besuchten, kamen allein 25,6 Prozent aus China, 16 Prozent aus Taiwan und 7,8 Prozent aus Hongkong. Viele von ihnen kommen, um einzukaufen.
Vor zehn Jahren sah das noch anders aus. 2007 kamen gerade einmal 8,3 Millionen ausländische Touristen nach Japan. Der Grund: Als Reiseland war Japan einfach zu teuer. In den vergangenen zehn Jahren hat unter anderem die expansive Geldpolitik dafür gesorgt, dass durch einen schwächeren Yen Nippon für ausländische Touristen attraktiver geworden ist. Sie gaben 2017 umgerechnet über 34 Milliarden Euro im Land aus – deutlich mehr, als Japaner im Ausland lassen.
Japan ist internationaler geworden und will dies bis zur Olympiade in Tokio 2020 noch forcieren. In diesem Jahr werden insgesamt 40 Millionen ausländische Touristen erwartet. Premierminister Shinzo Abe, der seit Ende 2012 die Geschicke des Landes leitet, hat sich vorgenommen, den Konsum weiter anzukurbeln und zusätzliche Nachfrage zu schaffen. Mit seiner Politik der „Abenomics“ hat Japans Wirtschaft wieder an Kraft gewonnen.
Das Land der aufgehenden Sonne steht heute etwa dort, wo es im Jahr 2007 war. Damals wuchs die Volkswirtschaft um rund 1,7 Prozent, im vergangenen Jahr war es genauso viel. Die Anteile der Agrar-, Industrie- und Dienstleistungssektoren zeigten sich in den beiden Vergleichsjahren fast unverändert. Selbst der Gesamtaußenhandel lag auf etwa gleicher Höhe. Zumindest das Bruttoinlandsprodukt fiel 2017 höher aus als 2007.
Dennoch ist die letzte Dekade an Japan nicht spurlos vorübergegangen. Zwischenzeitlich hat das Land extreme Auf- und Abwärtsentwicklungen durchgemacht, inklusive zweier Schocks: Zum einen setzte die internationale Finanzkrise im Jahr 2009 dem Land zu, zum anderen musste Japan 2011 die Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und dem Nukleardesaster in Fukushima überstehen.
Zahlen & Fakten
ausländische Touristen haben Japan im vergangenen Jahr besucht. Etwa jeder Vierte von ihnen stammte aus China. Nie haben mehr Menschen das Land besucht.
Euro haben die Touristen 2017 in Japan ausgegeben, vor allem für Luxusgüter wie Uhren. Aber auch Unterhaltungselektronik wie Digitalkameras verkauften sich hervorragend.
Seit 2015 wächst Japan wieder
Von diesen Ereignissen hat sich Japan mehr oder weniger erholt. Seit 2015 verzeichnet Nippon positive Wachstumsraten, dafür sorgen vor allem ausländische Touristen, die mehr japanische Erzeugnisse kaufen. Der Konsum zeigte sich ansonsten träge auf hohem Niveau. Die zweite Stütze kommt auch aus dem Ausland: Weil das globale Wachstum laut Internationalem Wirtschaftsfonds weiter nach oben tendiert, kauft das Ausland beispielsweise Werkzeugmaschinen und Transportausrüstung aus Japan. Dadurch überstiegen die in US-Dollar bemessenen Exporte die Importe in den Jahren 2016 und 2017 und führten zu einer positiven Handelsbilanz. Die geringeren Preise für Rohstoffe und Energieträger befeuerten die Entwicklung weiter.
Beim Außenhandel mit Deutschland übersteigen die Einfuhren die japanischen Ausfuhren. Vor zehn Jahren war das noch umgekehrt. Hintergrund: Japaner greifen unter anderem bei den Pkw aus Deutschland vermehrt zu. Wenn japanische Konsumenten an Luxusautos denken, dann stehen deutsche Marken ganz oben. Lag der mengenmäßige Importanteil deutscher Pkw-Marken 2007 bei 33,6 Prozent, hat er 2017 die 43 Prozent überschritten. Sie führen das Verkaufsranking an, allen voran Mercedes-Benz.
Auch Mess- und Prüfinstrumente sowie Automatisierungstechnik aus Deutschland sind in Japan gefragter als noch vor zehn Jahren. Hier wird sich sogar noch mehr tun: Nippons Unternehmen investieren in vielen Branchen in Modernisierung, Automatisierung und Digitalisierung, um produktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Japan schaut dabei genau auf die deutschen Aktivitäten im Bereich Industrie 4.0 und kauft Komponenten, Systeme und Software aus Deutschland. Für deutsche Branchenanbieter ist der Markteintritt nicht schwierig. Wichtig ist jedoch, eine Servicepräsenz vor Ort zu haben. Die Geschäfte laufen sehr gut, allerdings herrscht Fachkräftemangel.
Seit zwei Jahren vermelden japanische Großunternehmen Rekordgewinne, die sie reinvestieren. Sie haben Konkurrenten aufgekauft oder mit ihnen fusioniert, sodass sie nun internationaler aufgestellt sind als noch vor einigen Jahren. Japans ausländische Direktinvestitionen lagen nach Angaben der Japan External Trade Organization im Jahr 2017 bei umgerechnet rund 149 Milliarden Euro – mehr als doppelt so viel wie 2007.
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