»Eine Netto-Null bis zum Jahr 2040.«

Elizabeth Gaines, CEO des australischen Bergbauunternehmens Fortescue Metals Group, spricht im Interview mit Markets International über klimaneutrale Eisenerzminen und grünen Wasserstoff.

Dezember 2021
Interview: Heiko Stumpf

Die Fortescue Metals Group (FMG) ist der viertgrößte Eisenerzförder der Welt mit Sitz in Perth. Die Ziele des Konzerns sind ehrgeizig. Bis zum Jahr 2030 will FMG seine direkten Emissionen aus dem Betrieb von Bergwerken und dem Energieverbrauch auf eine Netto-Null senken, 2040 will man dann bei sämtlichen, auch indirekt verursachten Emissionen klimaneutral sein. CEO Elizabeth Gaines erläutert die Strategie.

Markets International: FMG sieht sich als Vorreiter beim Klimaschutz. Wo setzen Sie an?

Elizabeth Gaines: Fortescue will sich zu einem Branchenführer bei der Bekämpfung des Klimawandels zu entwickeln. Zusammen mit unserer eigens gegründeten Tochtergesellschaft Fortescue Future Industries (FFI) starten wir deshalb den Übergangsprozess von einem reinen Eisenerzproduzenten hin zu einem Unternehmen für erneuerbare Energie und grüne Ressourcengewinnung. Bei direkten Emissionen sind wir in unserer Branche führend. Der Fokus liegt auf Investitionen in erneuerbare Energien sowie in neue Dekarbonisierungstechnologien, damit wir den Bedarf für Dieselkraftstoffe in unseren Betriebsprozessen und in unserer Bergbauflotte schrittweise abbauen können. Wir befassen uns aber auch mit den Emissionen entlang unserer gesamten globalen Wertschöpfungskette.

Wie weit sind die Pläne zur Dekarbonisierung der Minenflotte bereits fortgeschritten? Welche neuen Technologien werden für die Erreichung dieses ehrgeizigen Ziels entwickelt?

Der weltweite Übergang in eine grüne Energiezukunft stellt eine große Wachstumschance dar. Unser Green Team bei FFI testet erfolgreich Technologien, die grünen Wasserstoff, grünes Ammoniak und Batteriestrom in Lokomotiven, Schiffsmotoren, Muldenkippern und Bohrgeräten zum Einsatz bringen. Anfang des Jahres hat das Green Team von FFI einen mit Wasserstoff betriebenen Muldenkipper konzipiert und gebaut, der erste seiner Art weltweit. Bei diesem Wasserstofffahrzeug handelt es sich noch um ein Demonstrationsprojekt, um die Machbarkeit zu beweisen. Anschließend werden wir Prototypen entwickeln, die wir dann in den Minen von Fortescue einsetzen wollen. Erste Tests sollen 2023 starten. Zudem treiben wir die Dekarbonisierung unserer Eisenbahnflotte voran. Das Green Team von FFI konzentriert seine Forschungsaktivitäten auf die Entwicklung von Lokomotiven, die ausschließlich mit grünem Ammoniak oder anderen grünen Kraftstoffen betrieben werden können.

Grüner Wasserstoff gilt insbesondere in der Montanindustrie als Hoffnungsträger. Welche Möglichkeiten prüfen Sie in diesem Bereich?

Australien verfügt über eine einzigartige Ausgangslage für die Produktion von grünem Eisen und Stahl. Wir evaluieren eine Reihe von Wegen, um auf den Einsatz von Kohle verzichten zu können. Dies beinhaltet die Herstellung von grünem Eisen durch die elektrochemische Umwandlung von Eisenerz bei niedrigen Temperaturen ohne Zugabe von Kohle sowie die Verwendung von Grünwasserstoff zur Direktreduktion von Eisenerz. Ersteres ist im Rahmen unserer sich im Anfangsstadium befindlichen Tests bereits gelungenen. Nun arbeiten wir an der Skalierung des Prozesses.

Fortescue arbeitet nicht nur an der Dekarbonisierung der eigenen Eisenerzminen, sondern will auch ein weltweit führender Produzent von grünem Wasserstoff werden. Welche Strategie verfolgt das Unternehmen hier?

Die Wasserstoffindustrie hat das Potential, sich zu einem Milliardengeschäft zu entwickeln. Deshalb verfolgen wir die Vision, grünen Wasserstoff zum meistgehandelten Energierohstoff weltweit zu machen. FFI plant, bis 2030 pro Jahr rund 15 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Im darauffolgenden Jahrzehnt sollen es 50 Millionen Tonnen pro Jahr werden.

Wo soll der grüne Wasserstoff herkommen?

FFI arbeitet weltweit an entsprechenden Projekten. Unser Global Green Energy Manufacturing Centre in Gladstone wird beispielsweise die weltweit größte Fertigungsstätte für den Bau von Elektrolyseuren und anderer Ausrüstungsgüter für den Wirtschaftsbereich der erneuerbaren Energien. Zusammen mit Incitec Pivot arbeitet FFI daran, die Ammoniak-Anlage auf Gibson Island (Queensland) auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff umzustellen. Dazu plant FFI den Bau einer Elektrolyseanlage, welche in der ersten Phase 50.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren wird. Dieser wird anschließend in grünen Ammoniak umgewandelt und dadurch den Einsatz fossiler Ausgangsstoffe ersetzen. Die erste Studienphase ergab, dass das Projekt technisch machbar ist, weshalb wir zusammen mit Incitec Pivot in die nächste Phase gehen.

Welche Märkte haben Sie für den grünen Wasserstoff im Blick? Sehen Sie auch Chancen in Bezug auf Deutschland?

FFI wird sowohl Inlands- als auch Exportmärkte mit grünem Wasserstoff versorgen. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa mit einer breiten industriellen Basis. Wir glauben, dass grüner Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen wird, damit Deutschland und die deutsche Industrie ihre Klimaziele erreichen kann. Die steigende Nachfrage nach grünem Wasserstoff in Deutschland und Europa zeigte sich auch bei den Roundtable-Gesprächen zwischen Andrew Forrest, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden von Fortescue, und Vertretern der deutschen Bundesregierung sowie der deutschen Industrie, die im November 2021 stattfanden. FFI ist ein aktiver Industrievertreter im Rahmen der zweijährigen HySupply-Machbarkeitsstudie, welche gemeinsam von der deutschen und australischen Regierung finanziert wird. Mit der deutschen Regierung und führenden Branchenteilnehmern werden wir weiter eng zusammenarbeiten, damit FFII sich zu einem bedeutenden Lieferanten von grünem Wasserstoff nach Deutschland entwickelt.

Vielen Dank für das Interview!

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Bild: © Fortescue Metals Group