Hört Peru die Signale?
Solide Finanzen, brummende Wirtschaft und hohe Investitionen – die Zeichen in Peru stehen eigentlich auf Wachstum. Doch der neue, linke Präsident Pedro Castillo spricht immer wieder von Verstaatlichung. Das verunsichert Investoren.
Februar 2022
Autor: Janosch Siepen
Perus Staatspräsident Pedro Castillo: Experten können nicht erkennen, dass er einen kohärenten politischen Plan verfolgt. In seiner Partei Perú Libre, die sich selbst als marxistisch bezeichnet, gibt es immer wieder Machtkämpfe. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Guadalupe Pardo
Die Wahl des linken Kandidaten Pedro Castillo im Juli 2021 war ein Paukenschlag im marktliberalen Peru. Politik und Wirtschaft sind seitdem unsicher, wohin der Andenstaat steuern wird. Die neue Regierung jedenfalls sendet widersprüchliche Signale: Castillo besetzte sein Kabinett einerseits mit moderateren Kandidaten – ein beruhigendes Zeichen für die Märkte. Andererseits ließ er aber auch verlauten, dass er das Gasfeld Camisea verstaatlichen will. Das widerum versetzte die Investoren in Aufruhr. Der Schlingerkurs fällt in eine Zeit, in der das Land jede Menge Herausforderungen zu bewältigen hat: Exekutive und Legislative misstrauen sich und ringen miteinander. Der Kongress ist stark fragmentiert, die Inflation hoch und die Landeswährung schwach. Hinzu kommen die politischen Raufereien zwischen Castillo und dem linken Flügel seiner eigenen Partei Perú Libre.
Auch deutsche Unternehmen beobachten die Entwicklungen genau. Peru ist für die hiesige Wirtschaft ein wichtiger Investitionsstandort in Südamerika, unter anderem B.Braun, Faber-Castell und Fraport sind vor Ort. Die wirtschaftlichen Bedingungen sind gut: Das Land ist reich an Rohstoffen, pflegt zahlreiche Handelsabkommen, liegt günstig für Exporte nach Asien und hat gute klimatische Bedingungen für Agrarprodukte mit hohen Margen. In vielen Branchen kommen deutsche Unternehmen als Zulieferer technologischer Qualitätsprodukte zum Zug. Speziell im Bergbau machen niedrige Produktionskosten Peru als Standort zusätzlich attraktiv.
Gerade der Bergbau war immer wieder Thema im Wahlkampf von Castillo, er forderte Verstaatlichungen und die Neuverhandlung von Bergbauverträgen. Laut Branchenexperten ist das allerdings nicht so einfach möglich. Derweil bestätigen Zahlen des Bergbauministeriums, des Bergbauverbands SNMPW und der peruanischen Zentralbank, dass die Zeichen im Bergbau längst wieder auf Wachstum stehen. Einige deutsche Unternehmen sprechen sogar von einem Boom.
Perus Wirtschaft befindet sich generell im Aufwind: Im Jahr 2021 wuchs die peruanische Wirtschaft laut Regierungsangaben um rund 13 Prozent. Haupttreiber waren das Baugewerbe und die Landwirtschaft – der Agrarsektor kam verhältnismäßig gut durch die Pandemie, und die Bauwirtschaft profitiert von Infrastrukturgroßprojekten.
Unternehmen erhalten Coronahilfen
Die vielversprechenden Zahlen sind ein positives Signal für eine angeschlagene Volkswirtschaft. Das Krisenjahr 2020 hatte Peru hart getroffen: Nach 22 Jahren dauerhaftem Wachstum war das Bruttoinlandsprodukt 2020 real um 11,1 Prozent gesunken. Vor allem das zweite Quartal war dramatisch, als die Wirtschaft wegen des strikten Lockdowns um 30 Prozent einbrach. Insbesondere der Tourismus, das Hotel- und Gastgewerbe sowie der Transportsektor litten stark. Dank einer traditionell konservativen Finanzpolitik und verhältnismäßig geringer Verschuldung kann sich das Land das Kreditprogramm Reactiva Perú für rund 14,8 Milliarden US-Dollar leisten. Das Programm richtet sich an Unternehmen, die von der Pandemie besonders hart getroffen sind. Der Staat vergibt beispielsweise Kreditgarantien, die diesen Firmen nicht nur eine kurzfristige Finanzierung sichern, sondern auch die nötige Liquidität beschaffen. Erste Ergebnisse sind bereits sichtbar: In der zweiten Jahreshälfte 2021 zahlten immer mehr Unternehmen ihre Schulden, wenn auch verspätet, zurück.
Inflation steigt auf Rekordhoch
Trotz Reformen steht Peru gerade in der Währungspolitik vor drängenden Herausforderungen. Nach der Wahl Castillos sank der Wert des peruanischen Sol um elf Prozent, die Inflationsrate stieg auf ein Zwölfjahreshoch von 5,8 Prozent. Damit ist der Optimismus, der von einigen Branchen geäußert wird, weiterhin mit Vorbehalt zu betrachten. Obwohl die volkswirtschaftlichen Zahlen auf Entspannung hoffen lassen, sorgt Castillo immer wieder für Turbulenzen. Für deutsche Investoren bleibt das Land spannend. Großinvestitionen wie die neue Metrolinie in Lima (Volumen: 6,6 Milliarden US-Dollar), die Kupfermine Quellaveco (rund 5,3 Milliarden US-Dollar) und der Ausbau der Talara-Raffinerie (4,7 Milliarden US-Dollar) zeigen, dass sich gerade im Baugewerbe und Bergbausektor viel im Land tut.
Service & Kontakt
Die deutsch-peruanische Auslandshandelskammer unterstützt Exporteure bei ihren Aktivitäten im Land.
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