Oktober 2019
Autor: Thomas Hundt
Obwohl zwischen Indien und Afrika mehrere Tausend Kilometer liegen, sind beide häufig doch ganz dicht beieinander. Exemplarisch dafür steht der indische Automobilkonzern Mahindra & Mahindra. Für den weltweit größten Traktorbauer ist Afrika ein spannender Markt, denn die Ansprüche der Kunden in Indien und Afrika ähneln sich. „Die Traktoren müssen unter schwierigen Bedingungen zuverlässig und effizient arbeiten“, sagt Rajesh Gupta, Geschäftsführer von Mahindra South Africa. Das Unternehmen hat sein Geschäft in Afrika deshalb stetig erweitert. Mahindra verfügt inzwischen über eigene Werke in Ghana, Nigeria, Gambia, Tschad und Mali. Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft: Künftig will Mahindra in Afrika auch größere Stückzahlen seiner Mähdrescher, Baumaschinen, Generatoren und Autos verkaufen. Als Drehscheibe des künftigen Exporthubs für Autos auf dem afrikanischen Kontinent hat Mahindra Südafrika ausgewählt.
Indien und Afrika verbindet eine jahrzehntelange Partnerschaft. Indische Geschäftsleute haben ihre Marktkenntnisse in Afrika über Generationen hinweg aufgebaut und vertieft. Ihre Netzwerke sind hervorragend. Viele haben eine neue Heimat gefunden – etwa drei Millionen Afrikaner sind indischer Abstammung. Die meisten der aus Indien stammenden Menschen leben in Südafrika. Durban gilt beispielsweise als die größte indische Stadt außerhalb Indiens. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers schätzt auf Basis einer Umfrage aus dem Jahr 2017, dass die 140 in Südafrika bekannten Niederlassungen indischer Unternehmen circa 3,7 Milliarden US-Dollar investiert haben und ungefähr 18.000 Mitarbeiter beschäftigen. Doch nicht nur Südafrika ist attraktiv: Indische Unternehmen haben sich auch in Ostafrika in Industrie und Handel etabliert. In jüngster Zeit expandieren sie auch stärker in die übrigen Regionen des Kontinents.
»Wir hoffen, dass wir den Handel mit Afrika bis 2023 von 52 Milliarden auf 150 Milliarden US-Dollar steigern können.«
Chhotu Ram Chaudhary,
Indischer Staatsminister für Handel und Industrie
Nicht nur die Kundenbedürfnisse ähneln sich, auch wirtschaftlich gleichen sich die beiden Weltregionen. In Indien und Afrika leben jeweils rund 1,3 Milliarden Menschen. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt auf einem ähnlichen Niveau. Auch stehen die Menschen vor ähnlichen Herausforderungen: Der afrikanische Kontinent und der indische Subkontinent suchen nach Lösungen für die rasante Urbanisierung, die angestrebte Industrialisierung und den Sprung in die Digitalisierung. Beide müssen ihre Infrastrukturen schnell und gezielt ausbauen sowie ihre Umwelt besser schützen.
Deutschland mischt mit
Deutsche Unternehmen haben erkannt, dass in Indien gebaute Kraftfahrzeuge gut in die afrikanischen Märkte passen. Daimler Buses etwa, die Bussparte des Stuttgarter Automobilkonzerns, startete 2015 mit der Ausfuhr von Busfahrgestellen von Indien nach Ägypten. Das Werk von Daimler Trucks in der indischen Industriestadt Chennai exportiert mittlerweile Lkw in rund 40 Länder, davon viele afrikanische. Weil in Afrika die Nachfrage nach Lkw rasant steigt, will Daimler seine Produktpalette erweitern. „Wir schreiben in Indien eine Erfolgsgeschichte“, sagte Martin Daum, Vorstand der Daimler AG und verantwortlich für Trucks und Busse, im vergangenen Jahr. „Seit dem Produktionsstart 2012 haben wir mehr als 100.000 Lkw in Indien gefertigt – als erster Neueinsteiger auf diesem herausfordernden Markt.“
Das solide Netzwerk, das Indien in Afrika aufgebaut hat, gerät jedoch zunehmend durch chinesische Konkurrenz unter Druck. Zwar ist Indien immer noch der zweitgrößte Handelspartner Afrikas – und indische Regierungsvertreter meinen, dass sich der Warenaustausch mit Afrika durchaus verdreifachen ließe. Die chinesischen Exporte nach Afrika sind jedoch viermal so hoch wie die Ausfuhren aus Indien. Auch die indischen Investitionen fallen in jüngster Zeit im Vergleich zu den chinesischen Engagements mager aus. Experten können die tatsächlichen Kapitalströme indes kaum messen, weil die meisten indischen Auslandsgelder in die Steueroase Mauritius fließen und von dort auch in Afrika neu investiert werden.
Die chinesische Belt and Road Initiative verstärkt die Rivalität. Sie fordert auch Japan heraus. Die Japaner exportieren Kraftfahrzeuge und Maschinen nach Afrika und wollen ihren Marktanteil dort erhöhen. Japanische Unternehmensvertreter stufen die Region Afrika und Nahost als weltweit vielversprechendsten Exportmarkt ein, ergab eine Umfrage der Außenwirtschaftsfördergesellschaft Japan External Trade Organization.
Um gegen China standzuhalten, riefen Japans Premierminister Shinzo Abe und Indiens Premierminister Narendra Modi im Mai 2017 einen gemeinsamen Asia-Africa Growth Corridor ins Leben. Er sieht Entwicklungs- und Hafenprojekte vor, mit deren Hilfe die beiden Länder die antiken Seerouten nach Afrika wiederbeleben und den Warenaustausch ankurbeln wollen. Ob Indien damit seine Position als zweitgrößter Handelspartner Afrikas halten kann, bleibt abzuwarten.
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