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Wer im Ausland investiert, bekommt es mit dem dortigen Investitionsrecht zu tun. Markets International erklärt, was deutsche Unternehmen bei Auslandsinvestitionen wissen müssen – und wie die Vorschriften in ausgewählten Märkten aussehen.
April 2021
Autoren: Nadine Bauer, Katrin Grünewald, Jakob Kemmer, Julia Merle und Marcelina Nowak
Dede McEachern ist in einer Behörde im Bundesstaat Texas für Genehmigungen zuständig. Ausländische Investoren werden in den USA grundsätzlich wie US-Amerikaner behandelt. In wenigen Sektoren gibt es aber Beschränkungen: in Teilen der Energiewirtschaft, im Telekommunikationssektor oder Kreditwesen. © Jan Banning, aus der Serie „Bureaucratics“
Es könnte so einfach sein: Ein deutscher Exporteur will im Ausland einen neuen Markt erschließen. Vor Ort ein Vertriebsnetz aufbauen. Oder sogar eine Fabrik eröffnen. Für die lokalen Behörden könnte das ein Grund zur Freude sein. Sie könnten den Investor mit offenen Armen empfangen, weil er Geld ins Land bringt, Steuern zahlt und Arbeitsplätze schafft. Sie könnten es ihm so leicht wie möglich machen.
Doch das wahre Leben ist natürlich komplizierter. Wer im Ausland Geschäfte macht, bekommt es irgendwann unweigerlich mit den gesetzlichen Voraussetzungen zu tun, genauer: mit dem Investitionsrecht. Eine Auslandsinvestition ist manchmal nämlich mit einigen Hindernissen verbunden. Unternehmer müssen viele Vorschriften beachten und sich auf einiges an Papierkram einstellen.
Investitionsgesetze regeln zum Beispiel, zu welchen Wirtschaftsbereichen ausländische Investoren überhaupt Zugang haben. Einige Länder führen sogenannte Positivlisten, die genau definieren, in welchen Branchen Ausländer investieren dürfen. Alle anderen Bereiche sind tabu. Etwas weniger restriktiv sind Investitionsgesetze mit sogenannten Negativlisten. In solchen Ländern dürfen ausländische Investoren grundsätzlich in allen Sektoren investieren. Nur einzelne Sektoren sind ausnahmsweise ausgenommen.
Auslandsinvestitionen: Trends im Jahr 2020
in Deutschland
in China
Weitere Beschränkungen gibt es bei den sogenannten Mindestbeteiligungen. Manchmal dürfen ausländische Investoren nur mit einem lokalen Partner zusammen ein Unternehmen im Land gründen. Oder sie müssen eine bestimmte Anzahl inländischer Arbeitskräfte einstellen.
Schwierigkeiten können auch die verschiedenen Genehmigungen und Lizenzen bereiten: Investitionslizenzen zum Beispiel, Geschäftslizenzen oder Genehmigungen von Fachministerien. Dabei ist oft nicht problemlos herauszufinden, welche Genehmigungen und Lizenzen Unternehmen brauchen und woher sie diese bekommen.
Oft gibt es auch Fördermittel
Immerhin bemühen sich viele Staaten, ausländischen Investoren das Leben zu erleichtern: etwa über sogenannte One-Stop-Center der Investitionsbehörden. Sie unterstützen Unternehmen beim gesamten Prozess. Viele Investitionsbehörden helfen Investoren bei den Anträgen für Genehmigungen und Lizenzen oder vermitteln die entscheidenden Kontakte zu den richtigen Ansprechpartnern. In manchen Ländern sind die Leistungen der Investitionsbehörde allerdings an eine bestimmte Mindestinvestitionssumme gebunden, die zum Teil recht hoch ausfallen kann.
In vielen Investitionsgesetzen ist auch geregelt, welche Fördermittel Investoren zur Verfügung stehen. Oft sind es Steuererleichterungen, teilweise dauerhaft, zum Teil nur für die ersten Jahre. Manchmal erhalten Investoren leichter Visa für ihre Mitarbeiter, Unterstützung, wenn sie Grundstücke pachten oder kaufen, oder schnellere Arbeitsgenehmigungen. Zahlreiche Länder bieten sogar gezielte Investitionsanreize in den sogenannten Freihandels- oder Exportproduktionszonen.
Und falls doch etwas schiefgeht, profitieren deutsche Unternehmen von zahlreichen Investitionsschutzabkommen, die die Bundesregierung mit ausländischen Regierungen geschlossen hat. Über die Investitionsgarantien der Bundesrepublik Deutschland können Investitionen etwa gegen wirtschaftlich oder politisch bedingte Forderungsausfälle abgesichert werden.
Viele Investitionsgesetze ähneln sich zwar, doch der Teufel steckt im Detail, und Unternehmen müssen davon ausgehen, dass sie in jedem Land andere Regelungen beachten müssen.
Wang Ling ist Mitarbeiterin im Büro für wirtschaftliche Angelegenheiten der Gemeinde Gu Lou in China. Sie ist Ansprechpartnerin für lokale Unternehmen bei Genehmigungen für Landnutzung, bei der Steuerregistrierung und in Umweltfragen. © Jan Banning, aus der Serie „Bureaucratics“
China: Kürzt die Negativlisten
Seit mehr als einem Jahr gilt in der Volksrepublik China ein einheitliches Gesetz über ausländische Investitionen. Es besagt: Wenn solche Investitionen nicht unter die Negativliste fallen, gewährt man ihnen in der Zulassungsphase Inländerbehandlung. Die Negativlisten allerdings verbieten oder beschränken ausländische Investitionen in bestimmten Branchen. Bei medizinischen Einrichtungen etwa sind nur Joint Ventures erlaubt.
Teilweise ist der Anteil der ausländischen Investition auf eine maximale Beteiligungsquote beschränkt: Beim Automobilbau zum Beispiel muss grundsätzlich der chinesische Joint-Venture-Partner Anteile von mindestens 50 Prozent haben – Ausnahmen gelten für bestimmte Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (New Energy Vehicles), Spezial- sowie neuerdings Nutzfahrzeuge. Bei der Pkw-Herstellung soll die Quote im Jahr 2022 entfallen.
Neben dem Geschäftsfeld ist stets mitentscheidend, wo in China die Investition stattfinden soll, denn es gibt zum einen die nur für die Freihandelszonen geltende Negativliste mit 30 Beschränkungen – sie gilt etwa in Shanghai, Chongqing oder Tianjin. Zum anderen existiert eine weitere landesweite Negativliste. Sie enthält aktuell 33 Restriktionen. Beide Listen werden regelmäßig überarbeitet.
Eine sogenannte Marktzugangsnegativliste gilt außerdem für aus- und inländische Investitionen gleichermaßen. Sie enthält in der neuesten Version noch 123 Punkte.
In den vergangenen Jahren hat China die Listen immer weiter gekürzt und einige Beschränkungen aufgehoben, um den Zugang zum chinesischen Markt weiter zu öffnen. Man fördert sogar Investitionen, etwa in neue Technologien, moderne Dienstleistungen oder auch Umweltschutz: Der neueste „Katalog der geförderten Branchen für ausländische Investitionen“ listet 1.235 Punkte auf (vorher 1.108). Ausländische Investoren erhalten in den geförderten Kategorien beispielsweise Erleichterungen bei der Landnutzung oder Steuerbegünstigungen.
EU: Fördert Regionen und KMU
Ein einheitliches europäisches Investitionsrecht gibt es zwar nicht, dennoch verfolgen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) eine gemeinsame Investitionsstrategie. Sie fördern Investitionen in Regionen und Städte, außerdem solche, die kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wettbewerbsfähiger machen.
Beispiel Polen: Im ganzen Land können Investoren seit Mitte 2018 Steuerbefreiungen erhalten, insbesondere von der Körperschaftsteuer und in manchen Gemeinden von der Immobiliensteuer. Das läuft über einen Förderbescheid im Auftrag des zuständigen Wirtschaftsministers, die Förderung gibt es für mindestens zehn und maximal 15 Jahre.
Voraussetzung ist eine gewisse Mindestinvestitionssumme, je nachdem, wie hoch die Arbeitslosigkeit in der betreffenden Region ist. Am niedrigsten liegt diese Quote in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und in ausgewählten mittelgroßen Städten, deren Wirtschaftskraft und Einwohnerzahl schrumpfen. Für eine Förderung sollte die Investition zudem wirtschaftlich und sozial nachhaltig sein. Für die verschiedenen quantitativen und qualitativen Kriterien gibt es Punkte, je nach Standort muss der Investor vier bis sechs Punkte sammeln, um die Förderung zu erhalten.
Die Regierung arbeitet aktuell an einer Änderung des Gesetzes. Den Ankündigungen zufolge wird die Novelle Änderungen in den qualitativen Kriterien enthalten. Und: Bis zum Jahr 2026 gibt es noch die alten 14 Sonderwirtschaftszonen in Polen.
»Polen gibt bevorzugt Kredite für Umweltprojekte und technologische Innovationen.«
Artur Kuśnierek ist Sales Development Manager des Hamburger Intralogistikers Jungheinrich in Polen und spricht im Interview über die Vorteile für ausländische Investoren.
In Griechenland unterscheidet der Gesetzgeber nach Förderkategorien – eine davon betrifft neue und innovative KMU. Investoren können vor allem Steuervergünstigungen erwarten, außerdem direkte Zuschüsse, beschleunigte Genehmigungsverfahren sowie Zuschüsse für Lohnkosten. Zentrale Anlaufstelle ist die Griechische Gesellschaft für die Förderung der Investitionen und der Exportwirtschaft Enterprise Greece.
»Griechenland hat in den vergangenen Jahren enorme Reformen umgesetzt.«
Athanasios Syrianos ist der Vorstandsvorsitzende der griechischen Brauerei Hellenic Breweries of Atalanti. Im Interview erklärt er, was Griechenland für Investoren tut.
VAE: Neuerdings offen für alle
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind ein Beispiel für ein Land, das sich zuletzt der Liberalisierung zugewandt hat. Die Wirtschaft des 1971 gegründeten Staates basierte auf Öl und Gas, hat sich aber früh diversifiziert. Der Aufstieg der VAE zu einem weltweit gefragten Wirtschaftsstandort hat auch das Investitionsrecht stark beeinflusst. Im vergangenen Jahr hat das Land in kurzer Zeit noch einmal eine große Wandlung durchgemacht.
Seit Anfang 2021 ist der emiratische Markt auf dem Festland nahezu vollständig liberalisiert und für ausländische Investoren geöffnet. Sie können von nun an bis zu 100 Prozent der Anteile an emiratischen Gesellschaften halten. Bisher lag die gesetzliche Mindestbeteiligung eines emiratischen Partners bei 51 Prozent. Freihandelszonen sind von der Neuerung nicht betroffen, dort herrschte schon länger vollständige Investitionsfreiheit.
Es gibt jedoch weiterhin einige Ausnahmen: Gesellschaften im Öl- und Gassektor zum Beispiel, im Transportwesen sowie Gesellschaften mit Regierungsbeteiligung. Der emiratische Staat will in diesen Wirtschaftssektoren auch in Zukunft mehrheitlichen Einfluss haben.
Diese Neuerungen kamen Ende 2020 überraschend. Kurz vorher hatte die Regierung zwar eine sogenannte Positivliste mit 122 Aktivitäten in einer Reihe von Sektoren (Landwirtschaft, Dienstleistungen, Industrie) veröffentlicht, in denen sich ausländische Investoren zu 100 Prozent beteiligen durften. Gleichzeitig bestimmte sie in diesem Zuge aber auch Sektoren, in denen ausländische Investitionen stark eingeschränkt waren. Auf dieser sogenannten Negativliste fanden sich beispielsweise die öffentliche Sicherheit, Bankaktivitäten sowie Versicherungsdienstleistungen. Diese Regelungen sind nun weggefallen.
Louise N. Smith ist Sachbearbeiterin im Amt für Immigration und Staatsangehörigkeit in Monrovia, Liberia. Wer in dem kleinen westafrikanischen Land investieren möchte, muss sich mit Gesetzen, Bestimmungen und Formularen auseinandersetzen – wie überall auf der Welt. © Jan Banning, aus der Serie „Bureaucratics“
Äthiopien: Viel zu beachten
Äthiopien dagegen ist ein Beispiel für noch viele existierende Beschränkungen, auch wenn die äthiopische Regierung bereits seit mehreren Jahren versucht, durch ihre Reformen mehr ausländische Investoren anzuziehen. Im vergangenen Jahr hat sie ein neues Investitionsgesetz verabschiedet. Statt einer Positivliste gilt nun eine Negativliste. Das heißt: Ausländische Unternehmen dürfen grundsätzlich in allen Wirtschaftszweigen investieren. Die Negativliste führt allerdings Ausnahmen auf. In den genannten Bereichen dürfen Ausländer gar nicht oder nur gemeinsam mit einem äthiopischen Investor einsteigen. In einigen Bereichen muss sogar der äthiopische Staat Co-Investor sein. Auf der Liste stehen unter anderem bestimmte Gesundheitsdienste, der Handel mit einigen Rohstoffen, Speditions- und Transportdienstleistungen sowie der Im- und Export von elektrischer Energie.
Für die Investitionen von Ausländern gelten Mindestinvestitionssummen: in der Regel 200.000 US-Dollar, 150.000 US-Dollar, wenn Unternehmen mit einem inländischen Investor zusammenarbeiten, bei Architekturarbeiten, Ingenieurarbeiten und technischen Beratungsleistungen sind es 100.000 US-Dollar, 50.000 US-Dollar bei gemeinsamer Tätigkeit mit einem inländischen Investor. Wer in Äthiopien investieren möchte, benötigt in jedem Fall eine Investitionslizenz. Die gibt es bei der Ethiopian Investment Commission (EIC), und zwar jedes Jahr eine neue, bis die Investition abgeschlossen ist, zum Beispiel, weil die Produktionsanlage steht und die Arbeit aufnehmen kann. Dann braucht es eine sogenannte Geschäftslizenz.
Für Beschäftigte gilt: Für Führungspositionen dürfen ausländische Investoren Expats ins Land holen – ansonsten ist das nur erlaubt, wenn es auf dem äthiopischen Arbeitsmarkt keine vergleichbaren Arbeitskräfte gibt. Und selbst dann müssen Unternehmen sie nach einer gewissen Zeit durch äthiopische Mitarbeiter ersetzen. Investoren sollen dazu geeignete äthiopische Arbeitskräfte ausbilden. Wie lang sie dazu Zeit haben, ist im Gesetz nicht genau bestimmt. Deutsche Mitarbeiter von Unternehmen in Äthiopien können neuerdings ein Fünfjahresvisum bekommen. Damit dürfen sie mehrmals einreisen und jeweils für bis zu 90 Tage im Land bleiben.
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