April 2019
Autorin: Katrin Pasvantis
Die Fußballnationalmannschaft von Katar jubelt über ihren historischen Sieg beim Asia Cup am 1. Februar. Zum ersten Mal überhaupt gewannen die Kataris das Turnier. Im Endspiel setzten sie sich mit 3 : 1 gegen Japan durch. © Francois Nel/Staff
Katar ist Asienmeister. Drei Jahre vor der Fußballweltmeisterschaft (WM) im eigenen Land hat die Mannschaft des Emirats überraschend und zum ersten Mal überhaupt den Asia Cup gewonnen. Im Finale setzte sich Katar gegen den Favoriten Japan durch.
Gespielt wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Weil die VAE, Saudi-Arabien, Bahrain und Ägypten im Juni 2017 ihre Land-, Luft- und Seegrenzen zu Katar geschlossen haben, konnten außer der Fußballelf praktisch keine Kataris einreisen. Die Mannschaft ließ sich durch die fehlende Unterstützung im Stadion nicht aufhalten. Beim Finale jubelten Fans aus Oman für die Maroons, wie die Spieler wegen ihrer dunkelroten Trikots genannt werden. Da hatten die Kataris schon zwei politisch brisante Begegnungen hinter sich. In der Gruppenphase gewannen sie gegen Saudi-Arabien. Und im Halbfinale gegen Gastgeber VAE.
Das Emirat nutzt seine Konterchance
Katar ist zwar von seinen Nachbarn isoliert, ein direkter Waren- und Personenverkehr nicht mehr möglich und ein Ende der Krise scheint nicht in Sicht. Saudi-Arabien will es Presseberichten zufolge sogar zu einer Insel machen. Doch für deutsche Handelspartner spielt all das kaum eine Rolle. Sie haben ihre Vertriebswege angepasst und liefern seit Beginn der Krise per Schiff oder Flugzeug direkt aus Deutschland.
Die Fußball-WM im Jahr 2022 könnte zusätzliche Impulse bringen: Das Megaevent gibt der Wirtschaft Auftrieb. Der Großteil der Ausschreibungen im Zuge der WM ist allerdings schon gelaufen. Noch erwartet wird unter anderem die Ausschreibung für die Erweiterung der Metro. Das Interesse von Dienstleistern rund um die WM zieht an, wie das Delegiertenbüro der Deutschen Wirtschaft Katar (AHK) beobachtet. Aus Deutschland kommen Firmen nach Doha, die Hotelbuchungen anbieten, Hostessservices, VIP-Eventmanagement, Übertragungstechnik oder Sicherheitstechnik für Stadien.
Optimistisch ist die Stimmung unter den deutschen Geschäftsleuten, die bereits länger in Doha aktiv sind. „Die ersten drei Quartale 2019 könnten noch schwierig werden“, meint Kathrin Lemke, Repräsentantin der AHK Katar. „Aber die Projektumsetzung dürfte danach anziehen. Die WM rückt näher, und Projekte müssen angegangen werden.“
Auf die diplomatische Krise reagiert Katar mit hohen Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft. „Die Krise wirkt als Katalysator. Es passiert viel mehr“, sagt Lemke. Besonders wichtig ist der Regierung Selbstversorgung. Die Bilder von Holstein-Kühen gingen um die Welt, die Katar einflog, als in den ersten Krisenwochen die Milchprodukte in den Supermärkten knapp wurden. Das Land startet Wirtschaftsförderprogramme, vor allem über die Qatar Development Bank. Besonders gefördert werden lokale Start-ups. Es gibt zahlreiche Accelerator-Programme. Schwerpunkte sind Fintech und Sport.
Zahlen & Fakten
WM-Besucher erwartet Katar. Logistisch eine riesige Aufgabe. In ganz Katar leben nur 2,6 Millionen Menschen.
soll die erste Phase der Doha-¬Metro den Betrieb aufnehmen. Die Metro ist nicht nur wichtig für die WM. Sie soll auch für weniger Staus auf den Straßen sorgen.
Stadien für die WM baut oder renoviert Katar. Das Land ist klein, die Wege kurz. Fans und Reporter könnten an einem Tag zwei Spiele in verschiedenen Stadien sehen.
Quellen: Supreme Committee for Delivery & Legacy, Pressemeldungen und GTAI
Katar soll regionale Drehscheibe werden
Die AHK bekommt viele Anfragen von katarischen Unternehmern, die eine lokale Produktion aufbauen möchten, staatliche Förderung bekommen würden, denen es aber an Expertise fehlt. Sie suchen unter anderem nach Partnern mit dem nötigen Know-how in Deutschland. Die Herausforderung ist die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle ohne Zugang zu den wichtigsten Märkten der Golfregion.
Die Regierung sieht Katar als Drehscheibe für den Handel außerhalb der Golfregion, etwa mit Afrika, Indien oder Pakistan. Gute Chancen könnten auch Anbieter von Dienstleistungen haben. Das Interesse von deutscher Seite an Katar habe seit Beginn der Krise tatsächlich eher noch zugenommen, berichtet Katarexpertin Lemke. Einige Unternehmen haben Vertriebsbüros eröffnet. Sie haben aber alle katarspezifische Projekte und sehen Katar nicht als regionalen Standort.
Im September 2019 steht nun erst einmal die Leichtathletik-WM in Katar an, ein erster kleiner Stresstest für die Fußball-WM. Kritisch wird die Unterbringung der WM-Besucher. Es gibt zu wenige Hotelbetten, die Kapazitäten müssten bis 2022 eigentlich verdoppelt werden. Der Vorschlag, WM-Besucher auch in den VAE unterzubringen und mit einem Shuttle nach Doha zu fliegen, ist durch die Krise natürlich vom Tisch. Jetzt diskutieren die Kataris über Kreuzfahrtschiffe und Wüstencamps.
Eindrücke unserer Korrespondentin
Katrin Pasvantis berichtet seit 2014 für GTAI aus Dubai über die Länder der Golfregion. Vor der Krise war Katar nur eine Flugstunde von Dubai entfernt. Wer morgens nach Doha flog, konnte abends bereits wieder daheim sein. Jetzt sind Besuche eine größere Herausforderung. Mindestens vier Stunden dauert ein Flug, mit Zwischenstopp in Oman oder Kuwait.
Zahlreiche Anekdoten von Verspätungen und Zwölfstundenreisen kursieren in der Business Community. Informationen sind nicht mehr leicht zugänglich. Die VAE blockieren den Aufruf von Internetseiten der katarischen Nachrichtensender und Zeitungen. Sympathiebekundungen für Katar über soziale Medien oder sonstige Wege sind strafbar. Sie können mit drei bis 15 Jahren Gefängnis und Geldstrafen von mindestens 136.000 US-Dollar geahndet werden.
Service & Kontakt
Ihr GTAI-Ansprechpartner:
Thomas Hundt
+49 228 24 993 439
Schreiben Sie uns!
Wirtschaftsdaten und Analysen zu Katar: www.gtai.de/katar
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