Klimaschutzgesetze –
Der große Plan

Immer mehr Staaten verabschieden Gesetze, in denen sie sich auf Klimaschutz verpflichten – zuletzt etwa Südkorea. Die Ziele sind unterschiedlich ambitioniert und nicht immer verbindlich. Ein Überblick von GTAI-Korrespondenten über den Stand des weltweiten Wandels.

Dezember 2021

TÜRKEI

Katrin Pasvantis, GTAI Istanbul

Bevölkerung: 83,6 Millionen
BIP pro Kopf: 8.599 US-Dollar

4,83 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

1,13 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Die Klimaschutzziele der Türkei sind niedrig gesteckt und unverbindlich. Am konkretesten ist noch die Absichtserklärung an das UN-Klimasekretariat aus dem Jahr 2015: Zwischen 2021 und 2030 möchte die Türkei ihre Treibhausgasemissionen um 21 Prozent gegenüber dem business as usual reduzieren. Doch eine Wende ist in Sicht: Nach jahrelangem Widerstand von Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat das türkische Parlament Anfang Oktober das Pariser Klimaabkommen ratifiziert. Zudem hat die Türkei im Juli 2021 einen Neunpunkteaktionsplan für die Transformation zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft vorgestellt. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit in der EU gesichert werden. Denn der wichtigste türkische Exportmarkt verändert sich rasant vor dem Hintergrund des Green Deal. Deutsche Technik könnte den Weg dahin ebnen.

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RUSSLAND

Gerit Schulze, GTAI Moskau

Bevölkerung: 143,8 Millionen (ohne Krim)
BIP pro Kopf: 10.219 US-Dollar

11,64 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

4,66 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Die Wälder brennen, der Permafrostboden taut, und Europa erhebt Klimazölle: All das sorgt in Russland für ein Umdenken beim Klimaschutz. Das neue Gesetz über die Begrenzung der Treibhausgasemissionen verpflichtet Unternehmen, die mehr als 150.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr erzeugen, ab dem 1. Januar 2023 Berichte darüber zu erstellen und den Ausstoß zu verringern. Gleichzeitig will die Regierung die Produktion klimaschädlicher Gase bis 2050 um 64 Prozent senken – allerdings im Vergleich zum Referenzjahr 1990, als die damals noch sowjetische Industrie auf Hochtouren lief. Zudem möchte Moskau sich die riesigen Wald- und Grünflächen des Landes anrechnen lassen, die CO2 aufnehmen. Energie-, Chemie- und Metallurgiekonzerne investieren bereits massiv in sauberere Produktionsanlagen. Deutsche Technologien sind dabei gefragt.

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KANADA

Daniel Lenkeit, GTAI Toronto

Bevölkerung: 37,7 Millionen
BIP pro Kopf: 43.278 US-Dollar

14,43 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

1,51 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Kanada hat im Sommer 2021 sein erstes Klimaneutralitätsgesetz verabschiedet. Damit ist festgeschrieben, dass Kanada bis 2050 klimaneutral werden soll, nur der Weg dahin ist noch nicht ganz klar. Fest steht, dass Kanada seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40 bis 45 Prozent unter das Level von 2005 reduzieren soll. Alle fünf Jahre soll es neue Interimsziele zur Emissionsreduzierung geben, welche die Regierung aber noch festlegen muss. Um die ambitionierten Ziele durchzusetzen, sieht der Gesetzgeber erstmals Kontroll- und Transparenzmechanismen vor. Der Umweltminister muss dem Parlament Rechenschaft ablegen. Vom Gesetz und der Klimapolitik der kanadischen Regierung werden vor allem Unternehmen aus der Umwelttechnik und den Branchen Energieeffizienz, elektrifizierter Transport und erneuerbare Energien profitieren.

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CHILE

Anne Litzbarski, GTAI Bonn

Bevölkerung: 19,1 Millionen
BIP pro Kopf: 15.617 US-Dollar

4,58 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

0,24 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Regierung und Parlament in Chile arbeiten noch an ihrem Rahmengesetz zum Klimawandel. Der Entwurf durchläuft gerade den Gesetzgebungsprozess. Der Umweltausschuss des Senats hat das Ley Marco de Cambio Climático im September 2021 an den Finanzausschuss weitergeleitet. Schon jetzt fördert die Regierung gezielt Wasserstoff und synthetische Brennstoffe: Bis 2030 soll der Andenstaat mithilfe einer nationalen Strategie der weltweit größte Exporteur solcher grünen Energieträger sein. Für deutsche Unternehmen bieten sich Chancen bei der Elektrolyse oder Speicherung von Kraftstoffen. In Südchile setzt die Bundesregierung einen Teil ihrer eigenen Strategie zur Klimaneutralität um: mit der weltweit ersten kommerziellen Produktionsanlage für synthetische Kraftstoffe. Neben dem Bund investieren Siemens und Porsche.

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UNGARN

Waldemar Lichter, GTAI Budapest

Bevölkerung: 9,8 Millionen
BIP pro Kopf: 16.096 US-Dollar

5,14 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

0,14 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Mit dem Gesetz Nr. XLIV/2020 will Ungarn bis 2050 Klimaneutralität erreichen. In ihrer Strategie für nachhaltige Entwicklung benennt die Regierung die Sektoren genauer, die konkrete Maßnahmen ergreifen sollen. Dazu zählen insbesondere die Industrie und der Verkehr, aber auch die Immobilienbranche (Stichwort: Energieeffizienz von Gebäuden). Die Regierung setzt auf Elektromobilität, fördert gezielt die Umstellung auf die Produktion von Elektrofahrzeugen. Sie unterstützt die Ansiedlung der entsprechenden Kfz-Zulieferindustrie, darunter vor allem die Batterieproduktion. Bei den erneuerbaren Energien setzt das Land auf Photovoltaik und Geothermie. Gefördert wird auch der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft. Für die Klimaschutzmaßnahmen wird Ungarn moderne Technologie und Ausrüstung brauchen, insbesondere rund um Wasserstoff, Energiespeicherung, energieeffiziente Gebäudetechnik/Heizung. Deutsche Unternehmen sind dabei bevorzugte Partner.

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SPANIEN

Oliver Idem, GTAI Madrid

Bevölkerung: 46,8 Millionen
BIP pro Kopf: 27.448 US-Dollar

4,62 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

0,60 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Mit dem Klimawandel- und Energiewendegesetz will Spanien in erster Linie seine Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen erfüllen. Dazu muss das Land bis spätestens 2050 klimaneutral sein. Die Regierung will die Wirtschaft dekarbonisieren und in eine Kreislaufwirtschaft umwandeln. Außerdem soll das Gesetz helfen, Spanien an die Folgen des Klimawandels anzupassen und ein nachhaltiges Entwicklungsmodell fördern. Ein besonderer Fokus liegt auf Branchen, die am Emissionshandel teilnehmen sowie auf der Großindustrie, dem Energiesektor, der Land- und Forstwirtschaft, dem Verkehr, Wohnungen, Handel und den Herstellern und Anwendern fluorierter Gase. Deutsche Unternehmen haben gute Chancen beim Thema Energieeffizienz, beim Ausbau erneuerbarer Energien, im Bereich grüner Wasserstoff sowie in der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur.

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JAPAN

Jürgen Maurer, GTAI Tokio

Bevölkerung: 126,5 Millionen
BIP pro Kopf: 40.146 US-Dollar

8,39 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

2,95 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Japans Regierung hat im Dezember 2020 die Green Growth Strategy Through Achieving Carbon Neutrality in 2050 formuliert. Grundlage dafür ist das „Gesetz zur Förderung von Gegenmaßnahmen zur Erderwärmung“, das bereits seit 1998 als Reaktion auf das Kyoto-Protokoll von 1997 (COP3) existiert. Insgesamt siebenmal hat Japan seither die Zielsetzungen erhöht, zuletzt 2021, und will jetzt im Jahr 2050 klimaneutral sein. Gezielt gefördert werden erneuerbare Energien, insbesondere Offshorewindparks, Speichertechnologien, außerdem Wasserstoff und Ammoniak als Energieträger. Zudem setzt Japan auf die Entwicklung neuer Atomkrafttechnologie und CO2-Rückgewinnung, um die Emissionsziele zu erreichen. Beim Ausbau der Offshorewindkapazitäten, Speichertechnologien und des Wasserstoffs bestehen bereits Kooperationen mit deutschen Unternehmen

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SÜDKOREA

Frank Robaschik, GTAI Seoul

Bevölkerung: 51,8 Millionen
BIP pro Kopf: 31.500 US-Dollar

12,07 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

1,73 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Im August 2021 nahm Südkoreas Parlament das „Rahmengesetz für klimaneutrales grünes Wachstum zur Reaktion auf die Klimakrise“ an. Demnach will Südkorea die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 35 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 senken – und bis 2050 ganz klimaneutral sein. Südkorea setzt auf mehr Elektro- und Wasserstoffautos, erneuerbare Energien und Nullenergiegebäude und investiert in die Wettbewerbsfähigkeit bei Wasserstoff. In Stahl-, Chemie-, Zement- und Elektronikindustrie sollen die Emissionen sinken. Deutschen Firmen bieten sich Chancen beim Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur, bei der Verbesserung der Energieeffizienz, in der Gebäudeisolation und bei Vorhaben für erneuerbare Energien.

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VIETNAM

Frauke Schmitz-Bauerdick, GTAI Hanoi

Bevölkerung: 97,6 Millionen
BIP pro Kopf: 2.778 US-Dollar

3,21 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

0,90 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Vietnam hat Ende 2020 das Environmental Protection Law verabschiedet, das am 1. Januar 2022 in Kraft tritt. Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen müssen dann reduzieren, ein Emissionshandel wird eingerichtet. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um neun Prozent gegenüber dem Business-as-usual-Szenario sinken. Mit internationaler Unterstützung wären auch bis zu 27 Prozent drin, hat die Regierung signalisiert. Bis zum Jahr 2050 wäre Vietnam gern klimaneutral, legt sich aber nicht verbindlich fest. Der Schwerpunkt liegt in der Energiegewinnung, aber auch Transportwesen, Abfallentsorgung und Zement sollen klimafreundlicher werden. Vietnam hat wenig eigene Umwelttechnologien, ist auf ausländisches Know-how angewiesen. Vor allem bei erneuerbaren Energien sind deutsche Firmen bereits stark im Land vertreten.

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NEUSEELAND

Heiko Stumpf, GTAI Sydney

Bevölkerung: 5,1 Millionen
BIP pro Kopf: 41.127 US-Dollar

6,83 T

CO2-Emissionen pro Kopf 2020

0,09 %

Anteil an den CO2-Emissionen weltweit 2020

Neuseeland hat mit dem Zero Carbon Act bereits im November 2019 ein umfassendes Klimaschutzgesetz verabschiedet. Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050. Ausnahmen gelten für den wichtigen Landwirtschaftssektor, der stark durch die Molkereiwirtschaft geprägt ist. Der Ausstoß von biogenem Methan soll bis 2050 um 24 bis 47 Prozent unter den Wert von 2017 sinken. Als besondere Herausforderung gilt die Dekarbonisierung der industriellen Prozesswärme, da in vielen Molkereien Kohleboiler zum Einsatz kommen. Dazu hat die Regierung den mit umgerechnet 44 Millionen US-Dollar dotierten Government Investment in Decarbonising Industry Fund ins Leben gerufen. Die Elektromobilität fördert sie im Rahmen des Clean Car Package mit 192 Millionen US-Dollar. Die Mittel fließen in Kaufprämien für Elektroautos und den Ausbau der Ladeinfrastruktur.

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Immer mehr Staaten verabschieden Gesetze, in denen sie sich auf Klimaschutz verpflichten – zuletzt etwa Südkorea. Die Ziele sind unterschiedlich ambitioniert und nicht immer verbindlich. Ein Überblick von GTAI-Korrespondenten über den Stand des weltweiten Wandels.

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