In Kenia zwingt mangelnde Stromversorgung die 125 Pathologen zur Improvisation.
Oktober 2018
Autor: Martin Böll
Mit nur 36 Jahren ist Dr. Edwin Walong, Pathologe an der Universität Nairobi, eine Ausnahmeerscheinung auf seinem Gebiet. © privat
Was sich post mortem an einer Leiche entdecken lässt, weiß man dank unterhaltsamer Zeitgenossen – wie dem fiktiven Rechtsmediziner Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne aus dem Münsteraner Tatort. Auch Kenia hat solch eine ganz reale Koryphäe: Dr. Edwin Walong ist Dozent an der Universität von Nairobi und Chef der universitätseigenen Leichenhalle. Mit nur 36 Jahren ist er eine akademische Ausnahmeerscheinung. Wie sein Tatort-Kollege ist er eloquent, scharfzüngig, charmant und äußerst humorvoll. Sehr viel mehr Parallelen gibt es dann aber nicht: Wenn Strafverfolgungsbehörden Dr. Walongs Hilfe brauchen, müssen sie den Toten vorbeibringen. Kenia hat zwar nur etwa halb so viele Einwohner wie Deutschland, ist dafür aber fast doppelt so groß. Eine Fahrt von Nairobi in den wilden Norden dauert mindestens zwei Tage. Für eine Tatortbesichtigung hätte Dr. Walong gar keine Zeit.
Insgesamt zählt Kenia etwa 125 berufstätige Pathologen, Deutschland 1.700. Von den kenianischen Pathologen sind etwa 25 im Bereich der Leichenschau unterwegs, während Deutschland über 253 ausgebildete Rechtsmediziner verfügt. Noch ein gravierender Unterschied: Für eine forensische Untersuchung sollte ein Toter frisch oder zumindest gekühlt sein. Für die meisten Leichenhäuser ist das unmöglich, und wenn doch, dann ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung ungewiss. Immerhin kann eine Leiche durch das Injizieren von Formalin einigermaßen haltbar gemacht werden. Das ist in Kenia gängige Praxis.
»Der öffentliche Gesundheitssektor in Kenia ist völlig überlastet.«
Martin Böll,
Germany Trade & Invest Nairobi
Das Interesse von Dr. Walong gilt weniger der Aufklärung von Kapitalverbrechen, sondern der Rettung von Leben. Er hat die meisten seiner Kollegen ausgebildet. Wenn einer nicht weiterweiß, kontaktiert er Walong per WhatsApp-Videoanruf, unbürokratisch und vertraulich. Warum ist ein Patient gestorben, was kann man besser machen? Vor allem bei Kindern kniet sich Walong in seine Arbeit. Warum war ein Schlangenbiss trotz Gegenmaßnahmen tödlich? Manche Fragen lassen ihn nicht los. „Mithilfe von moderner Telekommunikation könnten wir sehr viel mehr machen“, sagt Dr. Walong. „Es fehlen allerdings die Rahmenbedingungen, insbesondere die rechtlichen. Aber wir kommen noch dahin.“
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