Oktober 2017
Autor: Marcus Knupp
Fischer könnten sich viel Zeit und Arbeit sparen, wenn sie von vornherein die richtigen Fische fangen“, sagt Cyrille Bodilis, Mitgründer der französischen Firma Isi-Fish mit Sitz im bretonischen Hafen Concarneau. Mit seiner Technik will Isi-Fish den Fischern genau in diesem Punkt das Leben erleichtern. Hintergrund: Alle Fischer müssen sich bei der Frage, welche Mengen, Arten und Größen von Fischen ihnen ins Netz gehen dürfen, an Fangquoten halten. Oft landen in den Netzen allerdings versehentlich Fische, die nicht erlaubt und erwünscht sind. Isi-Fish hat dafür die GPS-vernetzte Boje M3i+ entwickelt. Sie erkennt, ob ein Schwarm Gelbflossenthunfische oder ein Schwarm Echter Bonitos an ihr vorbeischwimmt und kann die Fischer so zur richtigen Stelle führen.
Seit den 1990er-Jahren steigt der Fischkonsum weltweit, gleichzeitig reglementieren die Fangquoten der EU die Fischerei. Viele Fischarten stehen auf der roten Liste der bedrohten Tierarten oder sind stark gefährdet. Frankreich verfügt über die drittgrößte europäische Fischereiflotte – und liegt bei innovativer Technik für die Branche ganz vorn.
»Wir übertragen Technologien der Automobilindustrie auf die Fischerei.«
Samuel Cornu,
Geschäftsführer von SeasideTech
Das Start-up SeasideTech etwa entwickelt Monitoring-Geräte wie den sogenannten Eco-Pilot: Er sorgt dafür, dass die Kutter auf der Fahrt möglichst sparsam mit dem Treibstoff umgehen. Das Team um Gründer Samuel Cornu arbeitet eigentlich vor allem für die Automobilindustrie. „Als Bretonen haben wir uns natürlich auch für das maritime Umfeld interessiert“, sagt Gründer Cornu. Deshalb war es für ihn naheliegend, die Technologien für den Schiffbau weiterzuentwickeln.
Beim Antrieb sind sich Autos und Schiffe ohnehin ähnlich: Wie auf der Straße geht der Trend zum Elektroantrieb. Energieverbrauch und CO2-Ausstoß werden zu immer wichtigeren Größen – auch deshalb verändern neue technische Ausrüstungen den Fischfang. Grundsätzlich sollen diese Technologien die Bootstechnik effizienter machen.
Aktuell essen Europäer mehr Fisch als sie fangen: Während im globalen Durchschnitt jeder Mensch etwa 20 Kilogramm Fisch im Jahr vertilgt, sind es in der EU rund 25 Kilogramm und in Frankreich sogar fast 35 Kilogramm. Da die Fangmenge auf dem offenen Meer seit Ende der 1980er-Jahre stagniert, stammt der Zuwachs aus Aquakulturen, die bereits zwei Fünftel zur gesamten Produktion von Fisch und Meeresfrüchten beitragen.
Frankreich hat die drittgrößte Fischereiflotte Europas. © Emmanuel Pain
Aquakulturen bringen neue Probleme
Allerdings hat die Aquakultur mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die Massentierhaltung an Land. Futtermittel sind ein Problem. Viele Fische können sich nicht so gut bewegen wie in freier Natur: Bei Lachsen ist die Wanderung zum Laichplatz nicht möglich. Hinzu kommt: Tiere aus Aquakulturen sind deutlich anfälliger für Krankheiten oder Belastungen der Umwelt, beispielsweise durch Exkremente. Der massenhafte Einsatz von Arzneimitteln ist keine nachhaltige Lösung. Die Aquakultur in Frankreich ist bisher zwar von Krisen wie in Chile oder Norwegen verschont geblieben. Ein großer Teil der Meeresfrüchte, die in Frankreich gegessen werden, stammt aber aus Aquakulturen im Ausland, auch aus Gebieten, in denen umweltgerechte Aufzuchtmethoden wenig gelten.
Kunden werden anspruchsvoller
In Frankreich sorgen strengere Umweltauflagen, anspruchsvollere Konsumenten und die ständige Kontrolle der Zuchtbedingungen für Druck. Hier ist noch viel zu tun: Gerade einmal zehn Prozent der Aquakulturen in der Bretagne erfüllen Biokriterien. Weiterverarbeiter wie die Firma Guyader arbeiten eng mit den Zuchtbetrieben zusammen, um den Ansprüchen von Kunden und Behörden zu genügen. „Wichtig ist der Kontakt zu den Zuchtbetrieben, um die Qualität der Haltung zu gewährleisten, die die Kunden verlangen“, sagt Geschäftsführer Antoine Gorioux. Er verkauft französische Forellen in die ganze Welt.
In der Bretagne ist die Nahrungsmittelbranche mit 160.000 Beschäftigten und rund 20 Milliarden Euro Umsatz im Jahr der wichtigste Wirtschaftszweig. Fisch und andere Meeresprodukte sind zwar nur ein Teil davon, spielen aber wegen des hohen lokalen Bezugs eine besondere Rolle.
Und die Bretonen haben längst Mittel und Wege gefunden, mehr als nur das Fleisch der Tiere zu nutzen: Im Projekt BrainBooster haben sich mehrere Unternehmen zusammengetan. Sie entwickeln Präparate, die bei Menschen die Wahrnehmungsfähigkeit im Alter verbessern sollen. Hergestellt werden diese aus Gräten und Flossen.
EU-Fangrechte – Wem gehört die Nordsee?
Europas Fischer bangen um Fischgründe.
Französische Fischer erwirtschaften rund 30 Prozent ihres Fangs in britischen Gewässern. Sie sind auf eine eindeutige Regelung angewiesen oder müssen auf diesen Teil ihres Fanggebietes verzichten. Deshalb war es ein Schock, als das Vereinigte Königreich Anfang Juli 2017 das Londoner Abkommen über die Fischerei von 1964 kündigte. Zwar konnte der EU-Verhandlungsführer für den Brexit, Michel Barnier, beruhigen: Das Abkommen betrifft nur die für die Hochseefischerei ohnehin wenig interessanten Küstengewässer. Wichtiger ist die im Jahr 1971 beschlossene Gemeinsame Fischereipolitik. Nur: Auch bei dieser Vereinbarung ist ungewiss, was nach 2019 geschieht. Fischereiverbände aus neun EU-Ländern haben sich deshalb zusammengeschlossen, um auf eine gemeinsame Einigung zu drängen. Wichtigstes Druckmittel: Großbritannien exportiert einen großen Teil seines eigenen Fangs in die EU, die darauf bis zu 24 Prozent Zoll erheben könnte.
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Informationsportal zur Fischerei in Deutschland: www.portal-fischerei.de
Informationen über die europäische Fischereipolitik: www.ec.europa.eu/fisheries
Zu Strategien der nachhaltigen Nutzung mariner Ressourcen: www.msc.org
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