Februar 2019
Interview: Andreas Bilfinger
Container in einem Hafen in Sierra Leone. Geschäfte mit dortigen Unternehmen gelten als dermaßen riskant, dass aktuell keine Absicherung möglich ist. In vielen anderen Entwicklungs- und Schwellenländern geht das aber sehr wohl. © Eisermann/laif
»Die Absicherung erleichtert gerade KMU den Eintritt in neue Märkte.«
Andreas Gehring, Produkt- und Innovationsmanager der Euler Hermes AG
Viele Auslandsgeschäfte kommen häufig erst durch staatliche Exportgarantien zustande. Aufgrund der Komplexität einzelner Geschäfte kann die Bearbeitung schon mal einige Zeit dauern. Mit der digitalen Lieferantenkreditdeckung hat Euler Hermes nun ein Produkt entwickelt, das das Prozedere bei Standardgeschäften deutlich beschleunigt. Andreas Gehring, Produkt- und Innovationsmanager der Euler Hermes AG erklärt die Absicherung im Interview.
Herr Gehring, wie funktioniert eine klassische Lieferantenkreditdeckung?
Andreas Gehring: Angenommen, ein ausländischer Kunde möchte eine Maschine von einem deutschen Mittelständler kaufen. Den Auftrag bekommt das Unternehmen aber nur, wenn es auch eine Finanzierung mit-bringt. Eine Finanzierungsmöglichkeit: Der Exporteur räumt dem Importeur ein Zahlungsziel ein, einen sogenannten Lieferantenkredit. Während der Laufzeit des Kredits kann es aber zu Zahlungsverzögerungen oder sogar zum Ausfall der Forderung kommen, wenn zum Beispiel politische Risiken auftreten oder der Auslandskunde insolvent wird. Mit einer Lieferantenkreditdeckung kann sich der Exporteur gegen derartige Risiken beim Bund absichern.
Was ist das Besondere an der digitalen Lieferantenkreditdeckung?
Gehring: Sie vereinfacht das Verfahren bei Standardgeschäften. Geschäfte bis fünf Millionen Euro und einer Kreditlaufzeit von maximal fünf Jahren kann der Exporteur unkompliziert, schnell und online absichern. Der Exporteur erfährt sehr schnell, ob sich sein Geschäft für diese Deckungsform eignet und erhält bereits vor Antragstellung eine Prämienindikation. Zahlt der ausländische Geschäftspartner nicht innerhalb von sechs Monaten, springt Euler Hermes ein, egal, ob es sich um einen wirtschaftlich oder politisch bedingten Schaden handelt.
Warum diese Neuerung? Hat sich etwas in Ihrer Kundenstruktur geändert?
Gehring: Gerade kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) konzentrieren sich primär auf die technische Exzellenz ihrer Waren. Die Risikoabsicherung im Auslandsgeschäft steht dagegen nicht so sehr im Fokus. Hinzu kommt, dass manche Exporteure das bisherige Antragsverfahren scheuen, weil sie es als komplex ansehen. Die digitale Lieferantenkreditdeckung bietet eine niederschwellige Lösung an, über die schnell und unproblematisch umfassender Risikoschutz möglich ist.
Das Wichtigste auf einen Blick
Auftragswert
maximal fünf Millionen Euro
Kreditlaufzeit
maximal fünf Jahre
Länder
Länder der Kategorie 1– 5 entsprechend OECD-Systematik. Ob sich ein Land eignet, wird in der Onlineanwendung bereits im Machbar-
keitscheck angezeigt.
Zulässiger Auslandsanteil
maximal 49 Prozent
Schadentatbestand
Nichtzahlung der Forderung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit
Selbstbehalt
Einheitlich fünf Prozent, soweit die Zugangsvoraussetzungen zum reduzierten Selbstbehalt bei der klassischen Lieferantenkreditdeckung erfüllt sind.
Zulässige Fremdwährungen
Neben Deckungen in Euro ist auch ein Fremdwährungsgewährleistungsvertrag in Australischen Dollar, Kanadischen Dollar, Schweizer Franken, Dänischen Kronen, Pfund Sterling, Isländischen Kronen, Yen, Neuseeländischen Dollar, Schwedischen Kronen und US-Dollar möglich.
Die digitale Lieferantenkreditdeckung eignet sich vor allem für KMU. Wie können sie konkret davon profitieren?
Gehring: Die schnelle und unproblematische Absicherung erleichtert gerade KMU den Eintritt in neue Märkte. Damit ist ein Wachstum möglich, das oftmals in den Stammmärkten nicht mehr darstellbar ist. Die digitale Lieferantenkreditdeckung hilft auch wesentlich bei der Refinanzierung, wenn der Exporteur die Forderung verkaufen möchte.
Wie teuer ist eine solche Absicherung?
Gehring: Die Kosten hängen im Wesentlichen vom Länderrisiko, dem Ausfallrisiko des ausländischen Abnehmers, der Kreditlaufzeit und der Höhe des Auftragswertes ab. Bei einem Geschäft von drei Millionen Euro mit einer Kreditlaufzeit von fünf Jahren mit einem soliden Kunden aus der Privatwirtschaft in Malaysia müsste der Exporteur beispielsweise Absicherungskosten in Höhe von rund 60.900 Euro zahlen. Weitere Gebühren oder Steuern fallen nicht an.
Die Politik setzt sich für ein stärkeres Engagement der deutschen Wirtschaft in Afrika ein. Spielt die digitale Lieferantenkreditdeckung in diesem Zusammenhang eine Rolle?
Gehring: Der Bund setzt sich aktiv dafür ein, Exporte nach Afrika zu fördern und auszubauen. Auch mit der digitalen Lieferantenkreditdeckung trägt er dazu bei. Gegenwärtig sind solche Absicherungen in unterschiedlicher Ausprägung (kurz-, mittel-, langfristige Laufzeit) für Algerien, Botswana, Marokko, Namibia, Senegal, Südafrika und Tunesien möglich. Details liefert online der Machbarkeitscheck.
Service & Kontakt
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