Juni 2017
Autor: Andreas Bilfinger
Was sind die Aufgaben der NKS?
Die wichtigste Aufgabe der NKS ist es, die Leitsätze der OECD zur verantwortungsvollen Unternehmensführung bekannter zu machen und deren Einhaltung zu fördern. Die Leitsätze gelten für jedes Unternehmen mit Auslandsaktivitäten, völlig unabhängig von seiner Größe. Wenn ein Unternehmen also im Import oder Export tätig ist oder im Ausland investiert, finden die Handlungsanleitungen Anwendung. Sie decken eine große Bandbreite von Themen ab. Seien es Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards bis hin zu Vorgaben gegen Korruption. Dabei tragen Unternehmen nicht nur Verantwortung für ihr eigenes Verhalten, sondern auch für ihre Lieferketten. Die NKS informiert interessierte Unternehmen über verantwortungsvolle Unternehmensführung nach den Leitsätzen und dient zugleich als Beschwerdestelle bei potenziellen Verstößen gegen die Leitsätze.
Wie können Unternehmen von der NKS profitieren?
Die NKS steht den Unternehmen gern für Fragen zur verantwortungsvollen Unternehmensführung zur Verfügung – sei es im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen bei Veranstaltungen oder individuell. Auch ein Beschwerdeverfahren kann sich unter Umständen günstig für ein Unternehmen auswirken. So gab es bereits Fälle, in denen Unternehmen zügig und entschlossen die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben – manchmal sogar noch vor der Annahme der Beschwerde durch die NKS – und sich dementsprechend in der Abschlusserklärung positiv präsentieren konnten.
SCHLICHTUNGSSTELLE NKS
NKS schlichten und vermitteln
Die Einrichtung einer Nationalen Kontaktstelle (NKS) ist in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen vorgesehen. Diese enthalten Empfehlungen der OECD für verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Die NKS soll zum einen die OECD-Leitsätze bekannter machen.
Zugleich dient sie als Beschwerdestelle, falls jemand Verstöße gegen die Leitsätze prüfen lassen möchte. Sie bietet den Streitparteien ein neutrales Schlichtungsverfahren, an dessen Ende eine öffentliche Abschlusserklärung steht. Die deutsche NKS ist im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt.
Michael Arretz im Gespräch mit einer Näherin im indischen Dhaka. Arretz hat sich bei Kik jahrelang um Nachhaltigkeit gekümmert, nachdem das Unternehmen für seine Produktionsbedingungen in die Kritik geraten war. Inzwischen arbeitet er als selbstständiger Berater, unter anderem für Kik.
© Kathrin Harms/laif
Warum sollte sich ein Unternehmen an die OECD-Leitsätze halten? Deren Befolgung kann nicht gerichtlich durchgesetzt werden.
Zunächst: Es gibt durchaus Sanktionsmechanismen. Ein Unternehmen, das nicht an einem Beschwerdeverfahren bei der NKS teilnimmt, wird öffentlich als solches benannt. Die NKS veröffentlicht in diesem Fall eine Erklärung, die darauf hinweist, dass sich das Unternehmen nicht mit möglichen Verstößen auseinandersetzt. Die Reputation ist für den Erfolg eines Unternehmens heute wichtiger denn je. Sie beeinflusst nicht nur Entscheidungen der Verbraucher, sondern auch der Geschäftspartner und Investoren. All diese Akteure legen zunehmend Wert auf den Schutz von Menschenrechten und die Einhaltung sozialer oder ökologischer Standards. Die Verweigerung der Teilnahme an einem Beschwerdeverfahren findet auch bei der Übernahme von Hermesbürgschaften und Investitionsgarantien Berücksichtigung.
Ist es nicht zu viel verlangt, dass Unternehmen sich über das jeweilige nationale Recht hinaus für die OECD-Leitsätze einsetzen, die möglicherweise der Realität in vielen Ländern nicht entsprechen?
Wenn Unternehmen von ihren Aktivitäten in einem bestimmten Land profitieren, sollten sie auch zur Verbesserung der Zustände vor Ort beitragen. Dass die Wirklichkeit nicht überall den Anforderungen der OECD-Leitsätze entspricht, ist sicher richtig. Dies unterstreicht aber aus meiner Sicht nur, dass Handlungsbedarf besteht. Im Übrigen setzen die OECD-Leitsätze keineswegs unrealistische Maßstäbe an. Sie stellen zum Beispiel beim Thema Beschäftigungsbedingungen auf den im Gastland üblichen Standard ab. Die Bundesregierung hat jedenfalls die feste Erwartung, dass im Ausland engagierte deutsche Unternehmen sich gemäß den Handlungsanleitungen der Leitsätze verhalten.
aller Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen bis zum Jahr 2020 feststellen, ob ihr Engagement im Ausland negative Auswirkungen auf die Menschenrechte hat. Das sieht der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte vor.
Können ethische Überlegungen bei den Aktivitäten eines Unternehmens überhaupt eine Rolle spielen?
Natürlich müssen Unternehmen Geld verdienen. Dies kann aber nicht dazu führen, dass moralische Überlegungen bei ihren Aktivitäten irrelevant sind. Ganz im Gegenteil: Die Werte unserer gesellschaftlichen Grundordnung gelten natürlich auch für unsere Unternehmen. Darüber hinaus kann sich ethisches Verhalten langfristig auch rein wirtschaftlich für die Unternehmen auszahlen. Nicht nur ein etwaiger Reputationsschaden kann immens teuer werden. Auch ein monatelanger Arbeitskampf in Indien, der nicht nach europäischen Maßstäben und Vorstellungen verläuft, kostet viel Geld – ganz zu schweigen von Entschädigungszahlungen und Schadenersatzforderungen. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass die große Mehrzahl der deutschen Unternehmen einen moralischen Anspruch an sich selbst hat.
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