Oktober 2018
Autor: Ulrich Binkert
Süße, klebrige Masse: Guatemalas Süßwarenindustrie versucht sich zukünftig an neuen Varianten. Dafür brauchen die Hersteller gute Maschinen – auch aus Deutschland.
© Lucy Brown – loca4motion/iStockphoto
Zentralamerika ist für den deutschen Maschinenbau nicht eben der Nabel der Welt. „Zentralamerika ist schwierig“, heißt es bei Branchenorganisationen. Und: „Miniländer haben einfach eine zu kleine Marktbasis.“ Dort in größerem Umfang Maschinen zu verkaufen, ist kompliziert. Jedes Land hat seine Eigenheiten, und überall will ein guter Vertreter gefunden sein – ein aufwendiges Unterfangen.
Dabei verkauft Deutschland schon heute ähnlich viele Maschinen in die Region Zentralamerika wie nach Peru. Und nicht viel weniger als nach Kolumbien, wenn man die Exporte in die Freizone Colon in Panama mitzählt. Ein wichtiger Maschinenabnehmer ist die Landwirtschaft mit allen Sektoren, die damit verbunden sind. Da ist es praktisch, dass große Vertriebsgruppen eine wichtige Rolle für den Absatz in der Region spielen: Diese Empresas Comercializadoras mit Zentralen zum Beispiel in Guatemala und Costa Rica haben oft auch Niederlassungen in Honduras, Nicaragua, El Salvador oder Panama. Sie verkaufen überall Traktoren und Pflüge, gleichzeitig aber auch Bagger und Rüttler, Gesteinsbohrausrüstungen und Muldenkipper oder Gabelstapler und Transformatoren. „Wir führen 170 Marken für eine Vielzahl von Abnehmerbranchen und sind in ganz Zentralamerika vertreten“, heißt es zum Beispiel bei Tecun in Guatemala-Stadt. Für deutsche Maschinenanbieter hat so ein Partner den Vorteil, in dem zerklüfteten regionalen Markt breit vertreten zu sein.
waren die Nahrungs- und Futtermittelmaschinen wert, die Deutschland im vergangenen Jahr nach Zentralamerika exportierte. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung von rund einem Drittel.
betrug das durchschnittliche jährliche Wachstum der Nahrungsmittelverarbeitung in Guatemala zwischen 2013 und 2016. Berechnungsgrundlage ist die Bruttowertschöpfung der Branche.
Interview
»Habe noch nie so viele Kunden nach Europa geschleppt.«
Andreas Meyer vertreibt seit Jahren in Guatemala Maschinen für die Süßwaren- und Nahrungsmittelindustrie. Im Interview erklärt er, warum der Markt für deutsche Maschinenhersteller gerade besonders interessant ist und worauf es beim Vertrieb vor Ort ankommt.
Herr Meyer, wie laufen die Geschäfte?
Gut. Die Hersteller von Süßigkeiten in meinem Bereich in Guatemala wollen investieren, über kurz oder lang. Sie brauchen neue Maschinen, um mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Die bietet neue, andersartig aufgemachte oder verpackte Produkte an, die in den Regalen der Supermärkte seit einiger Zeit nach oben rutschen. Dafür gibt es eine kaufkräftige Mittelschicht, und zudem wächst die Bevölkerung hier stark.
Was bieten die einheimischen Hersteller bisher an?
Sie produzieren in Massen Doppelkekse à la Oreo und andere einfache Süßigkeiten und Snacks. Mit Maschinen, die im Schnitt 30 Jahre alt sind. Die wollen sie jetzt erneuern und die Kapazitäten ausbauen, um von der billigen Massenware wegzukommen und ebenfalls gutes Geld zu verdienen. Wir stehen am Anfang eines Investitionszyklus, wie er alle acht oder zehn Jahre kommt.
Und dazu brauchen sie deutsche Maschinen?
Ich habe noch nie so viele Kunden nach Europa geschleppt wie in letzter Zeit, die haben wirklich Interesse. Sie wollen nicht nur bessere und ansprechender verpackte Produkte liefern, sondern auch was Neues machen, zuckerreduzierte Süßigkeiten zum Beispiel oder glutenfreie Snacks. Dazu müssen sie flexibel kleine Linien fahren können. Das schaffen sie nur mit Maschinen, wie deutsche Firmen sie typischerweise im Angebot haben; die chinesische Konkurrenz ist da noch nicht so weit. Ein Problem sind derzeit eher die langen Lieferzeiten deutscher Maschinenbauer.
Wie wichtig sind für Sie Konzerne wie Nestlé, die ja auch in der Region produzieren?
Die Multis tätigen in meinem Bereich in den Fabriken zwischen Guatemala im Norden und Panama im Süden vielleicht ein Viertel der Technik-Investitionen. Stark sind die Mexikaner. Lala hat in Guatemala, Honduras und El Salvador praktisch die gesamte Milchindustrie aufgekauft, und Bimbo ist mit Abstand der größte Brothersteller in Zentralamerika. Die Multis beliefern die Region außerdem zunehmend von außen, was schlecht für uns ist. Die Snacks von Mondelez zum Beispiel kommen allesamt aus einer Fabrik im mexikanischen Monterrey. Einheimische Produzenten haben Marktanteile verloren. Sie wollen das ändern und können davon profitieren, dass die großen Konzerne, bei aller Stärke, eher langsam reagieren und mit Produkten aus internationalen Fabriken in der Region schon öfter baden gingen.
Welche Tendenzen der Produktion sehen sie in den einzelnen Ländern der Region?
In Guatemala und El Salvador ist die Branche am stärksten. In Costa Rica haben etliche Nahrungsmittelhersteller wegen gestiegener Kosten aufgegeben oder ihre Produktion nach Guatemala verlagert. Ein starkes Wachstum sehe ich mittelfristig für Honduras, das in Output und Technik noch einige Jahre hinter Guatemala zurückliegt. Panama ist für uns eher unbedeutend, das Land lebt von Dienstleistungen.
Wer entscheidet bei Ihren Kunden über den Kauf einer Maschine?
In der Regel der Firmenchef. Bei kleineren und mittelgroßen Betrieben ist das normalerweise der Eigentümer, der mit der Fabrik groß geworden ist und sich damit identifiziert. Diese Leute kennen sich aus und sind zum Beispiel offen für das Argument, dass sich eine teure deutsche Maschine nach einigen Jahren durchaus rechnen kann.
Also keine Probleme mit Billigtechnik aus China?
O doch. Bei größeren Firmen habe ich die Eigentümer noch nie in der Fabrik gesehen. Auch die leitenden Manager interessieren sich eher nicht für die Produktion, die erfreuen sich am Marketing und müssen zum Jahresende den richtigen Gewinn abliefern. Da fehlen Mut und Interesse für eine große Investition, die sich erst nach fünf Jahren rechnet. Eine chinesische Maschine passt da besser.
Wie reagieren Sie darauf?
Die Produktmanager in den Firmen sind ja auf unserer Seite, die wollen gute Technik. Mit ihnen zusammen stellen wir auf Basis betrieblicher Kennzahlen eine Investitionsrechnung auf. Das funktioniert natürlich nur bei einem vertrauensvollen Verhältnis. Gleichzeitig suchen wir den Kontakt zu den Eigentümern. Die sehen mit unserer Rechnung klar den Return über mehrere Jahre hinweg und sind uns gegenüber dann deutlich aufgeschlossener.
Service & Kontakt
GTAI-Ansprechpartner Zentralamerika
Ulrich Binkert
+49 228 24 993 267
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