»Jedes Schiff hat sein eigenes Betriebsprofil, das berücksichtigt werden muss.«
Interview mit Tuomas Riski, CEO, Norsepower
Juni 2021
Interview: Niklas Becker
Die Rotorsegel von Norsepower reduzieren die Treibstoffkosten und Emissionen auf der SC Connector um bis zu 25 Prozent. Sehen Sie Potenzial für noch größere Einsparungen? Wo liegt die Grenze für Rotorsegel?
Sea-Cargo ist ein führender Logistikanbieter auf dem Nordseemarkt. Die Reederei hat auf der SC Connector, einem RoRo-Frachter mit Seitenluken, zwei sehr große Rotor-Sail-Einheiten (35 m x 5 m) installiert. Norsepower hat die Routen dieses Schiffs analysiert und schätzt die Verringerung des CO2-Ausstoßes auf bis zu 25 Prozent.
Jedes Schiff hat sein eigenes Betriebsprofil, das berücksichtigt werden muss. Langfristig liegen die Einsparungen durchschnittlich zwischen 5 und 25 Prozent. Das hängt sowohl vom Wind als auch von der Schiffsroute und der Größe der installierten Rotorsegel ab.
Norsepower entwickelt die Konstruktion der Rotorsegel fortlaufend weiter, um die Effizienz zu steigern und maximale Einsparungen von 25 Prozent zu erzielen. Das sind die derzeit höchsten Kosteneinsparungen, falls die Fahrgeschwindigkeit des Schiffes nicht gedrosselt werden kann, wenn der Wind für eine Segelunterstützung nicht ausreicht. Kombiniert man Rotorsegel mit anderen bekannten Technologien zur Senkung des Treibstoffverbrauchs, lässt sich im Vergleich zum herkömmlichen Betrieb jedoch ein enormer Unterschied erzielen. Bei guten Windverhältnissen kann ein Hybridschiff die reguläre Fahrgeschwindigkeit allein durch die Rotorsegel aufrechterhalten, wie im Fall der SC Connector.
Wir wissen, dass es keine Einheitsgröße gibt, die für alle Schiffe passt, und haben unsere Rotorsegelpalette daher um andere Abmessungen erweitert. Wir bieten fünf Modellgrößen an, die optimal für verschiedene Schiffstypen und Anwendungen ausgelegt sind. So stellen wir sicher, dass wir die unterschiedlichen Anforderungen erfüllen und das Potenzial der Schiffe maximieren.
Tuomas Riski
CEO, Norsepower
© Norsepower
Haben die IMO-Ziele 2030 und 2050 oder das zunehmende Konsumbewusstsein in der Gesellschaft aus Ihrer Sicht einen Einfluss auf die Popularität Ihrer Technologie?
Die Dekarbonisierung gewinnt in der Branche weltweit immer stärker an Bedeutung. Globale Organisationen wie die IMO und ihre CO2-Reduktionsziele für 2030 und 2050 haben die Entwicklung wichtiger regulativer Instrumente wie EEXI und CII (wahrscheinlich ab 2023) angestoßen, die die Schiffseigner – und die für den Bunkertreibstoff der meisten Schiffe zahlenden Charterer – zwingen werden, die steigenden Anforderungen an die Reduzierung ihrer Treibhausgase zu erfüllen.
Der Trend zum bewussten Konsum in der breiteren Gesellschaft spielt ebenfalls eine Rolle, wenn auch indirekt. Bei der Finanzierung von Schiffen gewinnt ESG zunehmend an Bedeutung, was durch die wachsende Zahl von Kreditinstituten, die sich zur Einhaltung der Poseidon-Prinzipien verpflichtet haben, verstärkt wird. Die Charterer von Schiffen stehen ebenfalls unter dem Druck, an jeder Stelle ihrer globalen Lieferketten Nachhaltigkeit zu beweisen und sich gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Deshalb sind sowohl Umweltverträglichkeit als auch Effizienz jetzt ein Faktor bei den Entscheidungen.
Damit ist die Investition in saubere Technologien wie Rotorsegel für Schiffseigner naheliegend. Eine Nachrüstung mit Rotorsegeln oder deren Installation auf neuen Schiffen unterstützt nicht nur die Einhaltung von Anforderungen wie EEXI und CII, sondern senkt als direkte Folge den Treibstoffverbrauch und die Kosten erheblich. Im August 2018 wurden für Norsepower an Bord des Tankers Maersk Pelican Rotorsegel installiert. Lloyd’s Register war an der offiziellen Berechnung der Emissionsverringerung beteiligt. Im Verlauf des Tests, der vom 1. September 2018 bis zum 1. September 2019 dauerte, wurden insgesamt 8,2 Prozent Treibstoff eingespart. Diese unabhängige Analyse von Lloyd’s Register lieferte der Branche einen Maßstab dafür, was Rotorsegel bewirken können. Das hat ein größeres Interesse nach sich gezogen und zu Investitionen in unsere Windantriebe geführt.
Gegenwärtig gibt es etwa 30.000 Schiffe, für die die Rotorsegel-Technologie von Norsepower geeignet wäre. Die weltweite Flotte erneuert sich ständig, und die heute gebauten Schiffe werden 2050 vielleicht nicht mehr im Verkehr sein. Wir hoffen jedoch, dass bis dahin 20.000 Schiffe, also etwa zwei Drittel der in Frage kommenden Flotte, mit Windantriebssystemen ausgestattet sein werden. Das würde einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele für 2050 leisten.
Unsere Rotor-Sail-Lösung kann die Schifffahrtsindustrie erheblich unterstützen, um die Ziele für 2030 und 2050 zu erreichen. Für ein Schiff, das pro Tag 25 Tonnen Treibstoff benötigt, ergibt sich selbst bei einem niedrigen Preis von 350 US-Dollar (US$) pro Tonne und einer Nutzung von 75 Prozent der Zeit eine Verringerung des Treibstoffverbrauchs von 20 Prozent und eine Ersparnis von 1.750 US$ pro Tag oder 480.000 US$ pro Jahr. Dies ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer umweltfreundlicheren Schifffahrt und beschleunigt die Dekarbonisierung.
Wie schwierig ist es, einen Norsepower-Rotor auf einem Schiff zu installieren?
Bei Nachrüstungsprojekten beanspruchen die Montage der Fundamente und die Installation der Verkabelung in Verbindung mit Überholungsarbeiten in der Werft typischerweise 10 bis 14 Tage. Danach geht die Montage des Rotorsegels sehr schnell. Bei der Fährgesellschaft Scandlines wurde sie in wenigen Stunden in der Nacht durchgeführt, während das Schiff im Hafen lag. Bei Neubauprojekten sind die Vorbereitungs- und Installationsarbeiten in den Schiffbauprozess integriert.
Wie viel Mittel konnte Norsepower in Investitionsrunden bisher beschaffen?
Seit unserer Gründung im November 2012 haben wir mehr als 20 Millionen Euro eingeworben. Norsepower wurde von der Europäischen Kommission, dem Power Fund II, Business Finland – der finnischen Förderagentur für Technologie und Innovation – und zuletzt im Sommer 2019 von OGCI Climate Investments unterstützt. Die ersten Risikokapitalgeber waren Lifeline Ventures Oy, EAKR Aloitusrahasto Oy, Valve Ventures Oy und Korkia Venture Insight. Durch dieses kontinuierliche Engagement konnte Norsepower die Produktions- und Lieferkapazitäten für seine Rotorsegel ausbauen und den Umsatz steigern.
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