Pilzbasierte Werkstoffe
Welche Technologien werden wichtig, worauf sollten Unternehmen jetzt schon achten? Die Antworten geben Vordenker an dieser Stelle. Dieses Mal: Julia Krayer und Lina Vieres vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen.
Februar 2023
Gastautor: Julia Krayer und Lina Vieres
Julia Krayer (Foto oben) und Lina Vieres forschen am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen an pilzbasierten Werkstoffen. © Jörg Schneider/Kammann Rossi
Wer ein Haus gegen Kälte isolieren will, greift meist zu Dämmstoffen aus geschäumtem Polystyrol. Auch die meisten Schallabsorber bestehen aus konventionellen Kunststoffen, die auf Basis von Erdöl hergestellt werden und nicht biologisch abbaubar sind.
Pilzwerkstoffe könnten hier eine Alternative sein. Im Rahmen des von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe geförderten Projekts Fungi Facturing, das bis Juli 2021 lief, haben wir gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP untersucht, inwieweit sich Pilzmaterialien als Schallabsorber eignen. Im Jahr 2022 haben wir in Kooperation mit anderen Fraunhofer-Instituten unter anderem das Anwendungsgebiet Wärmedämmstoff bearbeitet.
Die Vorteile von Pilzwerkstoffen: Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und sind biologisch abbaubar. Pilze, die Holz abbauen, haben den Vorteil, dass sie auf verschiedenen Nährböden wachsen, zum Beispiel auf pflanzlichen Reststoffen wie Stroh oder Holzfasern, und diese Stoffe binden können – ohne Einsatz chemischer Klebstoffe. Wohlgemerkt: Bei der Herstellung unseres Werkstoffs kommt nicht der Fruchtkörper des Pilzes zum Einsatz, sondern Pilzmyzel – ein feines Geflecht fadenförmiger Zellen, den sogenannten Hyphen, das sich ausbreitet und den eigentlichen Organismus bildet.
Wir forschen am Institut an Materialien und Verfahren, mit denen sich pilzbasierte Werkstoffe herstellen lassen. Dazu werden pflanzliche Reststoffe aus der Agrarindustrie mit Wasser und gegebenenfalls zusätzlichen nährstoffreichen Additiven zu einem Grundsubstrat verarbeitet. Dieses wird anschließend sterilisiert, um sicherzustellen, dass keine Fremdkontaminationen entstehen. Ist das Substrat abgekühlt, wird es mit einer Pilzbrut beimpft. Unter geeigneten klimatischen Bedingungen durchwächst das Pilzmyzel innerhalb weniger Wochen das Substrat, sodass eine feste Struktur entsteht. Am Ende werden die Pilzwerkstoffe unter Hitze getrocknet: Das Pilzmyzel stirbt ab und wächst nicht weiter. Während dieses Herstellungsverfahrens testen wir auch, welches Substrat oder welche pflanzlichen Reststoffe sich am besten als Pilzwerkstoff eignen.
Die bisher getesteten Pilzwerkstoffe weisen vielversprechende Materialeigenschaften in Bezug auf Druckfestigkeit und Brandverhalten auf. Erste Messungen zeigen auch gute thermische Eigenschaften – vergleichbar mit anderen pflanzlichen Dämmstoffen. Der nächste Schritt wäre eine Hochskalierung aus dem Labormaßstab. Perspektivisch lassen sich Pilzwerkstoffe für weit mehr als nur Dämmmaterial einsetzen – etwa als Verpackungsmaterial oder Spanplatten. Wir sind uns sicher: Das Potenzial von Pilzen als Werkstoff ist groß.
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