Präzisionswerkzeuge

Die Coronakrise hat die Digitalisierung weltweit beschleunigt – und damit auch die Nachfrage nach Laptops, Servern und Datencentern befeuert. Das erhöht den Bedarf an Computerchips. Deutsche Zulieferer können insbesondere in Ostasien auf gute Geschäfte hoffen.

Dezember 2020
Autoren: Achim Haug, Alexander Hirschle, Jürgen Maurer, Frank Robaschik

Halbleitermaschine mit Laser in extrem ultraviolettem Licht von ASML: Verbaut sind Komponenten des deutschen Optikexperten Zeiss. © ASML

Samsung Electronics ist einer der wichtigsten Chiphersteller der Welt. Als die Koreaner im Februar ihre neue hochmoderne Halbleiterfertigungslinie in ­Hwaseong in Betrieb genommen haben, waren zwei deutsche Zulieferer mit von der Partie: Samsung nutzt Maschinen des niederländischen Herstellers ASML, entwickelt gemeinsam mit Carl Zeiss (Optik) und Trumpf (Laser). Im November 2020 wurden Zeiss und Trumpf für die Entwicklung der EUV-Lithographie mit dem deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Das südkoreanische Unternehmen investiert bis Ende 2020 sechs Milliarden US-Dollar, eine weitere Linie in Pyeongtaek ist seit Mai 2020 im Bau.

In den neuen Chipfabriken will Samsung noch kleinere und energieeffizientere Chips herstellen und arbeitet bei der Belichtung mit extrem ultraviolettem Licht, in einer Wellenlänge von nur 13,5 Nanometern. Ohne hochpräzise Optik, sagt Matthew Wilson, Leiter Halbleitertechnik von Carl Zeiss Korea, wäre es unmöglich, in diese winzigen Fertigungsdimensionen vorzudringen. Zeiss ist für die Halbleiterbranche deshalb ein wichtiger Partner. „Wenn Sie ein modernes Smartphone in ihrer Tasche haben“, sagt Wilson, „dann haben die Chips in einem Stadium ihrer Produktion auf jeden Fall Optik von Carl Zeiss gesehen.“ Computerchips sind die Bausteine der digitalen Zukunft. Sie werden mittels Halbleitertechnik auf Siliziumscheiben (Wafer) gebaut und bestehen aus integrierten Schaltungen. Die meisten davon werden in Asien in Elektronikprodukte verbaut.

So entstehen Halbleiter

Die Lieferketten durchziehen die Region wie Lebensadern, von Südkorea und Taiwan im Norden über China als größten Elektronikexporteur bis nach Südostasien und Indien. Die Coronakrise (lesen Sie auch „Spielverderber“) hat der Digitalisierung einen kräftigen Schub verpasst, weltweit steigt die Nachfrage nach Laptops, Servern und Datencentern. Das lässt auch die Nachfrage nach Chips explodieren, und besonders in Asien fließen riesige Summen in neue Fabriken wie die von Samsung. Um sechs Prozent sollen die Investitionen in Ausrüstung für die Halbleiterindustrie in diesem Jahr steigen, auf 63 Milliarden US-Dollar, prognostiziert der Branchenverband Semi.

Mehr als 80 Prozent der neuen Investitionen gehen nach Ostasien. Vor allem China, Taiwan und Südkorea pumpen Geld in die Industrie, um im Wettbewerb zu bestehen oder unabhängiger zu werden. Der Handelskonflikt der USA mit China könnte dabei insbesondere Standorten außerhalb Chinas Rückenwind geben. Zulieferer sollten sich also in asiatischen Ländern abseits der Volksrepublik umschauen und auch dort nach Abnehmern suchen.

Südkorea hat große Ambitionen

Südkorea etwa ist weltweit führend in der Produktion von Speicherchips. Der durch die Coronapandemie steigende IT-Bedarf hilft den Anbietern. Daneben hat Samsung große Ambitionen bei Logikchips und in der Auftragsfertigung von Chips für Dritte. Heute ist das Unternehmen nach TSMC, dem Primus aus Taiwan in diesem Bereich, der zweitgrößte Auftragsfertiger weltweit.

Südkorea veröffentlicht immer neue Pläne, um bei Chips jenseits der Speicher wettbewerbsfähiger zu werden. Es hat Forschungsprogramme aufgelegt, um seine Abhängigkeit bei Vorprodukten aus Japan und dabei ins­besondere Chemikalien zu reduzieren, und  geht aktiv auf ausländische Anbieter zu.

BASF unterhält seit 2013 in Suwon sein regionales Hauptquartier für elektronische Materialien in der Region Asien-Pazifik, und der ­Leiter des globalen Halbleitergeschäfts der BASF sitzt in Seoul. Merck hat sich durch die Übernahme von Versum Materials bei Halbleiterchemikalien verstärkt und im Juni 2020 ein Korea Advanced Technology Center in Pyeongtaek eröffnet, das die Forschung für das chemisch-mechanische Polieren von Halbleitern unterstützt. Carl Zeiss liefert nicht nur indirekt über ASML, sondern auch direkt Maschinen zur Inspektion und Korrektur von Fotomasken.

Taiwan baut seine Führungsposition aus

Taiwan ist derweil dabei, seine Position als Schaltzentrale der globalen Lieferketten weiter auszubauen. Halbleiter sollen dabei eine wesentliche Rolle spielen. Die Produzenten auf der Insel gelten schon heute technologisch als internationale Avantgarde. Und trotz Coronakrise geht es ihnen auch 2020 gut. Die Branchenmesse Semicon in Taipeh war im Herbst mit mehr als 2.000 Ständen gut gebucht.

Weil die Nachfrage steigt, legen auch die taiwanischen Branchenexporte zu: allein im ersten Halbjahr 2020 um fast 23 Prozent. Der Output der lokalen Halbleiterschmieden wird im Gesamtjahr laut Prognose des Industrieverbandes Semi wertmäßig um fast 17 Prozent steigen, auf dann 103 Milliarden US-Dollar – damit liegt Taiwan im globalen Ranking auf Platz zwei.

Für Zulieferer ist der Markt hochinteressant. Die Ausgaben für Halbleiterausrüstungen stiegen 2019 um fast 70 Prozent an, die Insel wurde damit weltweit zum größten ­Abnehmer in diesem Segment. Aus Deutschland hat Taiwan dabei Produkte im Wert von 557 Millionen US-Dollar importiert. Die Regierung hat große Ziele für den Sektor: Der lokale Output soll bis 2030 auf rund 170 Milliarden US-Dollar nach oben geschraubt werden. Die Geschäfts­chancen für Lieferanten mit der Bezeichnung „Made in Germany“ (siehe auch „Wie Deutschland wirkt“) dürften damit auch perspektivisch intakt bleiben.