Recht in Afrika

Die Anwaltskanzlei Alexander & Partner hat sich auf das Wirtschaftsrecht afrikanischer Staaten spezialisiert. Die Materie ist komplex: verschiedene Rechtsordnungen, problematische Bürokratie und kulturelle Hürden stellen viele Firmen vor Herausforderungen.

Juni 2020
Interview: Meike Eckelt

Daniel Smyrek berät seit 14 Jahren deutsche Unternehmen in der Maghreb-Region (Algerien, Marokko, Tunesien). Zudem ist er seit dem Jahr 2004 als Anwalt im deutsch-französischen Rechtsverkehr tätig und berät sowohl Unternehmen aus den deutschsprachigen Staaten in Frankreich als auch französische Mandanten in Deutschland. Er ist als Rechtsanwalt in Deutschland sowie als Avocat à la Cour in Frankreich zugelassen und einer der ersten Fachanwälte für Internationales Wirtschaftsrecht in Deutschland.

Alexander & Partner ist eine der wenigen deutschen Anwaltskanzleien, die hiesige Unternehmen im Wirtschaftsrecht verschiedener afrikanischer Staaten berät. Wie ist dieser Afrikaschwerpunkt entstanden?

Seit unserer Gründung haben wir bereits einen dezidierten Fokus auf internationalem Wirtschaftsrecht. Das heißt, wir behandeln ausschließlich Fälle, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. Im Anfangsstadium der Kanzlei waren dies hauptsächlich Mandate mit Berührungspunkten zu den Ländern der arabischen Halbinsel. Als ich vor gut drei Jahren dazustieß, habe ich meine Expertise für die Maghreb-Staaten eingebracht. Wir haben zudem Experten für die west- und zentralafrikanischen Jurisdiktionen, einschließlich der englischsprachigen Staaten Afrikas und beschäftigen sogar eine nigerianische Rechtsanwältin.

Sie beraten sowohl in französischsprachigen als auch in englischsprachigen Staaten Afrikas. Gibt es hier Unterschiede hinsichtlich der Rechtskultur?

Bei einem großen Teil der französischsprachigen Staaten Subsahara-Afrikas besteht die Besonderheit, dass das Wirtschaftsrecht im Rahmen der Staatenorganisation Organi­sa­tion pour l’harmonisation en Afrique du droit des affaires (Ohada) teilweise vereinheitlicht worden ist. Das Ohada-Recht basiert stark auf dem französischen Wirtschaftsrecht, auch wenn es einige regionale Besonderheiten gibt. Eine solche Rechtsvereinheitlichung gibt es unter den englischsprachigen Staaten Afrikas nicht. Diese Staaten gehören zum großen Teil dem Rechtskreis des Common Law an, das Richterrecht spielt also eine große Rolle. Auch im Prozessrecht gibt es viele Besonderheiten, die wir aus England oder den USA kennen. Verträge entsprechen in diesen Staaten eher dem angelsächsischen Modell, das heißt sie sind regelungsintensiver und es besteht weniger die Möglichkeit, den Vertrag über das Geschriebene hinaus auszulegen. Staaten wie Südafrika und Kamerun nehmen eine Sonderrolle ein. Hierbei handelt es sich um Jurisdiktionen, die aufgrund ihrer Geschichte sowohl durch das Common Law als auch durch das kontinentaleuropäische Recht geprägt wurden.

Welche Staaten sind aus Ihrer Sicht besonders interessant für deutsche Unternehmen?

Was die rechtlichen Rahmenbedingungen angeht, ist Afrika nicht unproblematisch, da die Rechtssicherheit an vielen Stellen noch zu wünschen übrig lässt. Wir haben äußerst positive Erfahrungen in Marokko und Tunesien gemacht, wo Gerichtsurteile nicht ­per se die einheimische Partei bevorzugt haben. Auch in Ghana und anderen afrikanischen Staaten gibt es erfreuliche Entwicklungen.

»Es braucht viel Fingerspitzengefühl und ein gutes Verständnis der Kultur.«

Wo liegen die Herausforderungen in rechtlicher Hinsicht?

Ein wesentliches Problem ist die Bürokratie. Gesetzliche Rahmenbedingungen werden von Verwaltungsbehörden oftmals willkürlich oder in nicht nachvollziehbarer Weise angewendet, und es werden immer neue formale Anforderungen gestellt. Teilweise besteht auch ein direkter Zusammenhang zwischen Bürokratie und Korruption. Eine weitere große Herausforderung: Es fehlt – abgesehen von der Ohada – eine Rechtsvereinheitlichung innerhalb Afrikas, sodass nicht ohne Weiteres von einem afrikanischen Staat aus in andere Staaten des Kontinents hinein agiert werden kann.

Welche Möglichkeiten haben deutsche Unternehmen, ihr Recht durchzusetzen?

Das hängt davon ab, ob eine Streitbeilegungsklausel getroffen wurde und was diese vorsieht. Sofern keine abweichende Schieds-, Mediations- oder Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde, steht der Rechtsweg zu den jeweiligen staatlichen Gerichten in dem entsprechenden afrikanischen Land offen. Handelt es sich um eine Rechtsverletzung durch einen staatlichen Akteur, sollte auch geprüft werden, ob es Investitionsschutzabkommen gibt, die einschlägig sein könnten und eigene Streitbeilegungsmechanismen vor internationalen Schiedsgerichten vorsehen. In vielen Fällen ist es empfehlenswert, zunächst außergerichtlich nach einer gütlichen Einigung zu streben.

Was wäre das zum Beispiel?

Wenn etwa ein afrikanischer Abnehmer seine Zahlungen einstellt, kann dies mit einem Liquiditätsengpass zusammenhängen. Oftmals hilft es dann weiter, einen realistischen Zahlungsplan mit dem Schuldnerunternehmen zu vereinbaren. Es braucht hier in der Praxis viel Fingerspitzengefühl und ein gutes Verständnis – sowohl der tatsächlichen Situation des Schuldners als auch der lokalen Kultur und Rechtsordnung, um die richtige Strategie zu wählen.

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