Oktober 2022
Autoren: Jürgen Huster und Julia Merle
Wie sieht das Rechtssystem Indiens aus?
Aufgrund der langen britischen Kolonialherrschaft bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1947 hat das indische Rechtssystem seine Wurzeln im Common Law. Die Verfassung bildet die oberste Rechtsquelle. Neben Gesetzen sind die Entscheidungen des Supreme Court und des High Court sowie Gewohnheitsrecht weitere Rechtsquellen. Dabei haben die Entscheidungen der obersten Gerichte Bindungswirkung gegenüber nachrangigen. Entscheidungen des Supreme Court bilden sogenannte Präzedenzfälle. In Indien gibt es zudem eine große Anzahl lokaler Regelungen in den einzelnen Bundesstaaten.
Welche Rechtsform ist für eine Tochtergesellschaft in Indien möglich?
Für ausländische Investoren kommt insbesondere die Kapitalgesellschaft in Betracht. Die indische Private Limited Company weist Ähnlichkeiten mit einer deutschen GmbH auf. Sie besteht nach dem Gesellschaftsgesetz (Companies Act, 2013) aus mindestens zwei bis höchstens 200 Gesellschaftern, deren Haftung auf ihre jeweilige Einlage beschränkt ist. Gesetzliche Mindestkapitalvorgaben gibt es nicht. Organe der Private Limited Company sind die Versammlung der Gesellschafter, die Entscheidungen über wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft trifft, sowie das Board of Directors. Letzteres hat die Funktionen der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats inne. Zumindest ein Director muss in Indien ansässig sein und sich im Finanzjahr mindestens 182 Tage in Indien aufhalten.
Gibt es in Indien Beschränkungen für ausländische Investitionen?
Ausländische Investitionen sind inzwischen weitgehend zulässig, in vielen Sektoren ist eine ausländische Beteiligung von bis zu 100 Prozent möglich. Teilweise bestehen allerdings Beschränkungen. So liegt etwa die ausländische Beteiligungsquote an indischen Versicherungsunternehmen bei maximal 74 Prozent, in anderen Bereichen darf sie nur bis zu 49 Prozent betragen. Für ausländische Investitionen gibt es zwei Arten von Genehmigungsverfahren: die Automatic Route und die Government Approval Route. Wer in Branchen oder in einem Umfang investiert, die der automatischen Genehmigung unterliegen, benötigt keine vorherige Investitionsgenehmigung. In diesem Regelfall genügt eine Anzeige bei der Zentralbank Reserve Bank of India. Für ausländische Direktinvestitionen, die eine Genehmigung der Regierung erfordern, sind die jeweils betroffenen indischen Fachministerien zuständig.
Welche Steuern sind aus Unternehmenssicht besonders relevant?
Für ausländische Unternehmen, die Einkommen in Indien generieren, gilt ein pauschaler Körperschaftsteuersatz von 40 Prozent. Je nach Gewinnhöhe fallen Zuschläge auf die Steuerschuld von zwei oder fünf Prozent an. Bei aus- und inländischen Unternehmen gleichermaßen kommt in Indien außerdem eine Gesundheits- und Bildungsabgabe in Höhe von vier Prozent hinzu. Bei in Indien ansässigen Unternehmen beträgt der Steuersatz grundsätzlich 30 Prozent und bis zu einem bestimmten Umsatz 25 Prozent. Für das Thema Quellensteuer in Bezug auf bestimmte aus indischen Quellen stammende Einkünfte wie etwa Lizenzgebühren sind Vorgaben des deutsch-indischen Doppelbesteuerungsabkommens von Relevanz. Ferner gibt es in Indien eine einheitliche Umsatzsteuer, die Goods and Services Tax (GST). Anders als das deutsche Steuerjahr läuft das indische Finanzjahr vom 1. April bis zum 31. März des folgenden Jahres.
Vergleichbare Informationen zu weiteren schwierigen Märkten wie China, Algerien oder Russland finden Sie in der Reihe „Schwierige Märkte“.
Wie hoch sind die Einfuhrzölle? Gibt es Vergünstigungen?
Für den Import von Maschinen und Anlagen gelten Zollsätze von 7,5 Prozent beziehungsweise zehn Prozent, Textilien und Bekleidung sowie langlebige Konsumgüter wie Waschmaschinen unterliegen einem Zollsatz von 20 Prozent. Schuhe werden mit 35 Prozent verzollt, Personenkraftwagen mit bis zu 100 Prozent. Für bestimmte Halbfertigerzeugnisse und Vorprodukte, die in der Produktion in Indien verwendet werden, gelten Zollaussetzungen oder reduzierte Zollsätze. Die entsprechende Verordnung der indischen Regierung wird laufend aktualisiert. Zusätzlich zum Zoll erhebt die Regierung beim Import eine Sozialabgabe (Social Welfare Surcharge) in Höhe von zehn Prozent vom Zollbetrag. Hinzu kommt die indische Umsatzsteuer (Integrated Goods and Services Tax).
Müssen für bestimmte Waren Einfuhrgenehmigungen beantragt werden?
Ja. Auf der Einfuhrliste stehen zahlreiche Waren, sogenannte Restricted Items, für deren Einfuhr eine Importgenehmigung nötig ist. Dazu zählen unter anderem Werksteine wie Marmor und Travertin, bestimmte Kohlenwasserstoff-Halogenderivate, Biodiesel, Luftreifen aus Kautschuk für Fahrzeuge, Zeitungsdruckpapier, Motor-Bodenfräsen, Sendegeräte für Rundfunk und Fernsehen sowie Fernsehempfangsgeräte. Der Importeur muss die Genehmigungen bei der Generaldirektion für Außenhandel (DGFT) oder gegebenenfalls bei der in der Einfuhrliste genannten Behörde beantragen. Zusätzlich können für einige Waren spezielle Einfuhrbedingungen anfallen. Wer beispielsweise bestimmte Stahl-, Kupfer- und Aluminiumerzeugnisse einführen will, muss sie vorab beim DGFT registrieren. Die Behörde erteilt dann die Importlizenz.
Sind bei der Einfuhr Normen und Qualitätsanforderungen zu beachten?
Die indische Normenbehörde Bureau of Indian Standards (BIS) schreibt Normen vor, die für zahlreiche Waren gelten. Dazu zählen unter anderem Milchpulver, Mineralwasser, Reifen und Schläuche aus Kautschuk, bestimmte elektrotechnische Hausgeräte, Schalter, Stromzähler, Gasflaschen sowie medizinische Röntgenausrüstungen. Für diese Waren müssen indische Hersteller beziehungsweise Importeure zunächst eine Konformitätsbewertung und Registrierung beim BIS beantragen. Einige elektronische Waren wie Mikrowellenöfen, Drucker, Mobiltelefone und Digitalkameras unterliegen noch strengeren Normen: Im Rahmen des Compulsory Registration Scheme muss vorab eine Konformitätsprüfung durchgeführt werden, in vom BIS akkreditierten Prüflaboren. Wer Arzneimittel, Medizinprodukte und Körperpflegemittel importieren will, muss diese bei der Central Drugs Standard Control Organization registrieren und sich dort eine Importlizenz ausstellen lassen.
Gibt es besondere Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften?
Die Vorschriften für die Kennzeichnung von Waren sind in den einzelnen Gesetzen und Verordnungen der Zentralregierung für das Inverkehrbringen bestimmter Waren festgeschrieben. Darüber hinaus gibt es entsprechende Vorschriften in der indischen Eichgesetzgebung. Demnach sind für verpackte Waren, die auf dem indischen Markt verkauft werden, grundsätzlich erforderlich: Name und Adresse des Importeurs, Warenzeichen, Nettogewicht und Anzahl der in der Verpackung befindlichen Waren sowie das Herstellungsdatum. Importeure müssen zudem die Kennzeichnungsvorschriften der Normenbehörde BIS beachten, etwa für elektronische Erzeugnisse und Elektroartikel. Waren für den Verkauf im Einzelhandel an Endkunden sind mit dem maximalen Einzelhandelsverkaufspreis (Maximum Retail Sale Price) zu kennzeichnen.
Service & Kontakt
Ihre GTAI-Ansprechpartnerin für das Wirtschaftsrecht in Indien
Julia Merle
+49 228 24 993 432
Kurzüberblick über Einfuhrverfahren, Warenbegleitdokumente, zu zahlende Abgaben sowie Verbote und Beschränkungen in Zoll und Einfuhr kompakt – Indien.
Der Länderbericht Recht kompakt – Indien bietet Ihnen einen Überblick über relevante Rechtsthemen bei einem Auslandsengagement.
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