Oktober 2021
Autorinnen: Katrin Grünewald und Andrea Mack
Welches Rechtssystem hat Ruanda?
Ruanda hatte bis Mitte der 1990er Jahre ein kontinentaleuropäisch geprägtes Rechtssystem, das im Großen und Ganzen auf belgischem Recht basierte. Ähnlich wie in Deutschland bilden geschriebene Gesetze die Grundlage dieses Rechtssystems. Dadurch sind etwa Verträge häufig kürzer, bei Unklarheiten beruft man sich auf das Gesetz. Seitdem hat die ruandische Regierung ihr Rechtssystem auf das im anglo-amerikanischen Raum übliche Common-Law-System umgestellt. Dadurch haben sich vor allem Gesetze im wirtschaftlichen Bereich geändert, um die geschäftlichen Aktivitäten für Unternehmen zu erleichtern. Das Gesellschaftsgesetz aus dem Jahr 2021 beispielsweise macht die Gründung einer Gesellschaft einerseits einfacher. Streichungen aus dem Handelsregister sind im Vergleich zum deutschen Recht schneller möglich. Andererseits unterliegen Gesellschaften höheren Transparenzpflichten und werden in ihren Offenlegungspflichten strenger überwacht.
Was müssen Ausländer beim Investieren in Ruanda beachten?
Ruanda hat grundsätzlich investitionsfreundliche Gesetze, weil man ausländische Investoren gewinnen will. Ausländer können in Ruanda in allen Bereichen investieren und sind inländischen Investoren gleichgestellt. Unternehmen dürfen ausländische Arbeitskräfte allerdings nur unter der Bedingung einstellen, dass es auf dem ruandischen Arbeitsmarkt keine gleichwertigen Arbeitskräfte gibt. Interessierte Investoren können sich an die Investitionsbehörde Rwanda Development Board (RDB) wenden, die etwa bei Genehmigungen, Zertifikaten oder Arbeitserlaubnissen hilft. Über das RDB erhalten Unternehmen auch Vergünstigungen, insbesondere eine ermäßigte Körperschaftsteuer, Mehrwertsteuerbefreiungen für Rohstoffe und Fahrzeuge oder Zollbefreiungen. Gleichzeitig verpflichten sie sich, innerhalb einer festgelegten Zeitspanne zu investieren, sich bei der Finanzbehörde zu registrieren und ordnungsgemäße Steuererklärungen abzugeben.
Wie gründet man eine Gesellschaft in Ruanda?
In Ruanda werden neue Gesellschaften im Handelsregister (Office of the Registrar General) eingetragen – das geht auch online. Eine beliebte Gesellschaftsform ist die der deutschen GmbH entsprechende Private Limited Company: mit maximal 100 Gesellschaftern, ein Mindestkapital ist nicht erforderlich. Die Haftung der Gesellschafter ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Ausländische Gesellschaften können zudem eine unselbstständige Zweigniederlassung gründen, ebenfalls im Handelsregister registriert. Seit 2021 müssen ruandische Gesellschaften ein Register über ihre wirtschaftlichen Eigentümer führen. Gesellschaften müssen das Register jährlich beim Handelsregister einreichen und für zehn Jahre aufbewahren.
Wie sollte man sich bei einem Rechtsstreit mit einem ruandischen Geschäftspartner verhalten?
Sofern er sich nicht mehr bilateral klären lässt, sollte man immer die Möglichkeit der Schiedsgerichtsbarkeit in Betracht ziehen. Es ist möglich, vor einem ruandischen Schiedsgericht ein Schiedsurteil zu erwirken und dieses dann vollstrecken zu lassen. Alternativ können Unternehmen ein Urteil vor einem ausländischen Schiedsgericht erwirken, ausländische Schiedsurteile sind in Ruanda grundsätzlich vollstreckbar. Ist ein Schiedsurteil keine Option, bleibt nur die Möglichkeit, vor einem ruandischen Gericht eine Klage einzureichen, was teilweise mit hohem Zeitaufwand verbunden ist. Für wirtschaftliche Streitigkeiten sind in Ruanda die Commercial Courts zuständig.
Vergleichbare Informationen zu weiteren schwierigen Märkten wie China, Algerien oder Russland finden Sie in der Reihe „Schwierige Märkte“.
Wie hoch sind die Einfuhrabgaben in Ruanda?
Ruanda wendet den gemeinsamen Außenzolltarif der Ostafrikanischen Gemeinschaft EAC an. Die Einfuhrzölle betragen 25 Prozent für Fertigwaren und zehn Prozent für Zwischenprodukte. Auf Rohstoffe und Investitionsgüter werden keine Zölle fällig. Einige sensible Güter wie Milchprodukte und Textilgewebe, deren lokale Produktion geschützt werden soll, unterliegen höheren Zöllen von 35 bis 100 Prozent. Daneben gelten, je nach Bedarf, befristete Zollsenkungen für Vormaterialien, die in der Inlandsproduktion verwendet werden. Die Einfuhrumsatzsteuer beträgt 18 Prozent. Auf Getränke, Zigaretten, Schmiermittel und Kraftfahrzeuge werden Verbrauchsteuern erhoben. Einen Überblick über Einfuhrabgaben und Gebühren bietet das Rwanda Trade Portal.
Müssen für bestimmte Waren Einfuhrgenehmigungen in Ruanda beantragt werden?
Ja, insbesondere die Einfuhr und Marktzulassung von vorverpackten Lebensmitteln, pharmazeutischen Produkten und medizinischen Geräten unterliegen umfassenden Registrierungs-, Lizenz- und Genehmigungspflichten. Zuständige Behörde ist die Rwanda Foods and Drugs Authority. Einfuhrgenehmigungen für Tiere, Pflanzen und deren Produkte erteilt die Inspektionsstelle RALIS, die zum Landwirtschaftsministerium gehört. Unternehmen müssen die Genehmigung vor Ankunft der Sendung in Ruanda beantragen, damit RALIS vorab eine Risikoanalyse durchführen kann. Es ist Aufgabe des Exporteurs, die jeweils geforderten Dokumente wie Gesundheitszeugnis oder Analysenzertifikat einzureichen. Zudem verlangen alle EAC-Mitgliedstaaten Einfuhrgenehmigungen beispielsweise für ozonabbauende Substanzen, gentechnisch veränderte Produkte, Edelmetalle und gebrauchte Reifen.
Gibt es besondere Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften in Ruanda?
Ja, zum Beispiel für Lebensmittel, Medikamente, Medizinprodukte und Kosmetik. Verderbliche Importwaren sind mit einem Etikett zu versehen, das Herstellungs- und Verfallsdatum anzeigt. Die Produkte müssen bei der Einfuhr mindestens eine Resthaltbarkeit von 50 Prozent ihrer gesamten Haltbarkeitsdauer haben. Für Lebensmittel und Medikamente gilt eine Resthaltbarkeitsdauer von mindestens 65 Prozent. Etiketten zur Warenkennzeichnung müssen auf Kinyarwanda, Englisch oder Französisch gefasst sein. Es können auch alle drei oder andere Sprachen zusätzlich verwendet werden. Folgende Angaben sind grundsätzlich erforderlich: Name des Produkts, Name und Anschrift des Herstellers, Ursprungsland, Nettoinhalt (-gewicht), Liste der Inhaltsstoffe, Chargen- oder Losnummer sowie Herstellungs- und Verfallsdatum. Je nach Produkt sind zusätzlich Lagerbedingungen, Gebrauchsanweisungen oder Sicherheitshinweise, wie etwa für Chemikalien, hinzuzufügen.
Sind bei der Einfuhr besondere Normen und Qualitätsanforderungen zu beachten?
Zahlreiche Waren müssen den vom Rwanda Standards Board entwickelten nationalen Normen entsprechen oder innerhalb der EAC geltende regionale oder anerkannte internationale Normen einhalten. Dazu zählen beispielsweise Agrarprodukte, Baumaterialien, Chemikalien, elektrische Geräte und Möbel. Anders als in anderen Mitgliedstaaten der EAC brauchen Unternehmen für zertifizierungspflichtige Importwaren in Ruanda kein verbindliches Konformitätszertifikat aus dem Exportland. Stattdessen kontrollieren das Rwanda Standards Board oder eine autorisierte Prüfstelle die Einhaltung der Anforderungen bei Ankunft und bestätigen dies mit einem Chargenzertifikat (Batch Certificate). Das Chargenzertifikat wird für die Zollabfertigung und den Marktzugang in Ruanda benötigt.
Service & Kontakt
Ihre GTAI-Ansprechpartnerin für das Wirtschaftsrecht in Ruanda
Katrin Grünewald
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