Ring frei!

Inmitten der Covid-­19­-Pandemie und sozialer Unruhen wählen die USA im November ein neues Staatsoberhaupt. Wie sich die Wahlprogramme der Kandidaten unterscheiden – und was das für deutsche Firmen bedeutet.

August 2020
Autor: Ulrich Umann

An ihm scheiden sich die Geister, doch eins ist unumstößlich: Donald Trump ist ein Entertainer durch und durch. Der US-Präsident kann seine große Stärke derzeit allerdings nur eingeschränkt ausspielen, denn Covid-19 setzt Wahlveranstaltungen und großen Menschenansammlungen klare Grenzen. Das Virus trifft die USA in einem entscheidenden Jahr: Im November stehen rund 220 Millionen US-Amerikaner an den Wahlurnen und entscheiden über den nächsten Präsidenten ihres Landes.

Der Amtsinhaber
Donald Trump

Der 45. US-Präsident war vielen vor seiner Wahl vor allem als Unternehmer ein Begriff. Sein Sieg überraschte, nicht zuletzt, weil er erst seit 2009 Mitglied der Republikaner ist. Er ist auch der erste Präsident, der es ohne vorheriges politisches Amt oder militärischen Rang an die Spitze der Regierung geschafft hat. America First lautet seine Devise, Gegner oder Widerredner bekommen seine Meinung laut und deutlich auf Twitter zu spüren. Zu Spitzenzeiten setzte er auf dem Kurznachrichtendienst 200 Tweets am Tag ab.

Der Herausforderer
Joe Biden

Joseph „Joe“ Biden ist ein politisches Urgestein: Der studierte Jurist mischt seit 1973 in der US-Politik mit, zweimal hat er sich bereits als Kandidat für die Präsidentschaftswahl aufstellen lassen. Die meisten kennen ihn als Vize Barack Obamas. In diesem Jahr tritt der mittlerweile 77-jährige Demokrat an, um Donald Trump vom Thron zu stürzen. Ob ihm das gelingt, bezweifeln nicht nur seine Gegner: Trump nennt ihn „Sleepy Joe“. Vielen Wählern ist er schlichtweg zu alt. Würde er gewählt, wäre er am Ende seiner ersten Amtszeit bereits 82 Jahre alt.

Ob der Sieger nun Donald Trump oder Joe Biden heißt, eins ist klar: Das diesjährige Rennen um die US-Präsidentschaft dürfte in die Geschichtsbücher eingehen. Während der amtierende Präsident und sein Herausforderer sonst sämtliche Anstrengungen in den Wahlkampf investieren, fließt ein Großteil der Kraft in diesem Jahr in die wirtschaftliche und soziale Stabilisierung der Vereinigten Staaten. Nicht nur die Covid-19-Krise wirbelt den Wahlkampf seit März tüchtig durcheinander. Ende Mai kamen die teils gewaltsamen Proteste im ganzen Land dazu, rund um den Tod des Afroamerikaners George Floyd.

Trump setzt auf Bewährtes

Für Trump ist das keine leichte Zeit. Zwar gilt er als wirtschaftsnah, was ihm durchaus einen Vorteil verschaffen kann – schließlich steht ökonomischer Sachverstand in Rezessionszeiten besonders hoch im Kurs. Doch sind diesbezügliche Erfolge aus seinen ersten drei Amtsjahren angesichts von Konkurswellen und Massenarbeitslosigkeit in der Zwischenzeit verblasst. Seit dem Ausbruch der Pandemie will ihm einfach nichts Positives mehr gelingen. Jedenfalls nichts, was ausdrücklich ihm allein als Erfolg zugeschrieben wird.

Aus dem Weißen Haus sind die immer gleichen Schlagworte zu vernehmen: niedrige Steuern und Deregulierung, Rettung systemrelevanter Konzerne, Protektionismus, Abkehr von der internationalen Zusammenarbeit sowie handelspolitische Alleingänge. Offensichtlich tritt Donald Trump mit diesen wenigen Stichpunkten den Gang zur Wahlurne an: Fortsetzung des Bekannten, Kursänderung ausgeschlossen. Dabei braucht es Antworten auf drängende Fragen, beispielsweise, wie die USA die gegenwärtig stark steigende Staatsverschuldung bewältigen sollen. Doch das scheint in seinem Drehbuch überhaupt keine Rolle zu spielen.