August 2019
Autorin: Stefanie Schmitt
Neunmal dämpfen und kochen sie die Mischung aus Sorghum, Weizen und Wasser, achtmal setzen sie die Maische mit Weinhefe zur Fermentation an. Zuletzt destillieren sie das Gebräu siebenmal – die Schnapsbrenner aus Maotai im Südwesten Chinas. Ein Jahr dauert es, bis der Basisschnaps fertig ist. Dann lagern sie ihn drei Jahre in großen Keramikbehältern, bevor sie ihn abschmecken und mit Destillaten anderer Jahrgänge mischen. Der Blend muss mindestens ein weiteres Jahr ziehen, ehe er in den Verkauf kommt. „Je älter, desto besser“, sagen Kenner. „Ein echter Maotai hat kein Verfallsdatum.“
Wer den kleinen Ort besucht, dem steigt sofort der schwere Geruch der rund 300 Destillerien in die Nase, die hier den hochprozentigen Hirseschnaps brennen, für den Maotai berühmt ist. Kweichow Moutai als größter und renommiertester Erzeuger verarbeitete 2018 rund 60.000 Tonnen Hirse zu 49.700 Tonnen Basisschnaps. Aus einer Tonne des Destillats lassen sich 2.124 der gängigen Halbliterflaschen abfüllen.
Seit der Gründung des Staatsbetriebs im Jahr 1953 durfte Moutai auf keinem Funktionärsdinner fehlen. Von Chruschtschow über Nixon bis Schröder wurde jedem Staatsgast der Volksrepublik der 53-prozentige Fei Tian-Moutai kredenzt, das Spitzenprodukt des Hauses mit den zwei fliegenden Feen. Vor allem galt Moutai als hochprozentiges Schmiermittel, um Entscheidungen zu beschleunigen.
Kweichow Moutai
Chinas berühmtester Hochprozentiger
Traditioneller chinesischer Bai Jiu (Weißer Alkohol) wird aus roter Hirse (Sorghum), Weizen und Weinhefe gebrannt. Der beste soll aus dem kleinen Ort Maotai in der Südwestprovinz Guizhou kommen. Nur wenn alle Zutaten – einschließlich des aufgrund des Mineraliengehalts besonders wohlschmeckenden Wassers – aus Maotai stammen, darf sich ein Bai Jiu „Maotai“ nennen. Höchstes Renommee genießt der Hirseschnaps der Firma Kweichow Moutai. Trotz 53 Prozent Alkoholgehalt soll er wegen seiner Reinheit keine Kopfschmerzen verursachen.
© GTAI/Stefanie Schmitt
Experimentierfreudige Mittelschicht
Doch mit dem Amtsantritt des Staatspräsidenten Xi Jinping 2013 wurde alles anders. Xi rief die große Antikorruptionskampagne aus und untersagte die bis dahin üblichen, nicht selten in Gelage ausufernden Geschäftsessen für Staatsbedienstete und Parteikader. Seither schenkt die Elite sich roten Saft statt Rotwein ein. Und wer auf Maotai nicht verzichten will, muss ihn selbst mitbringen. In der Folge ging der Absatz massiv zurück. Im oberen Preissegment brachen die Verkäufe laut China Alcoholic Drinks Association sogar um 63 Prozent ein. Doch während viele kleinere Destillerien vom Markt verschwanden, stellte sich Kweichow Moutai neu auf. Von der Art, wie der Schnapsbrenner das tat, können deutsche Exporteure einiges über die Besonderheiten des chinesischen Marktes lernen.
Um die Nachfragelücke zu schließen, hatte man die Mittelschicht ins Visier genommen, die hochqualitative Produkte schätzt und gern auch deutsche Produkte kauft. Deren Angehörige experimentieren gern mit für China neuartigen Getränken wie Wein oder importierten Spirituosen. Vor allem Jüngere orientieren sich oft an westlichen Konsumgewohnheiten. Hiervon profitieren auch deutsche Exporteure von Konsumgütern nach China. „Uns kommt der allgemeine Trend zu qualitativ hochwertigerem Konsum entgegen“, stellt Xiang Ping fest, Marketingchef bei Kweichow Moutai.
Erstmals in seiner Geschichte öffnete sich der Staatsbetrieb einem größeren Kundenkreis. War Moutai zuvor nur in speziellen Spirituosenläden erhältlich gewesen, machte das Unternehmen 2014 sogar einen eigenen Onlineshop auf.
Lessons Learned
So schmeckt’s auch den Chinesen
Mit der Zeit gehen
Xiang Ping, Präsident für das Marketing der Kweichow Moutai Group, hält stets Ausschau nach „nutzbringenden Innovationen“, wie er sagt. Deshalb baut er nun unter anderem das Onlinegeschäft weiter aus.
Auf Qualität setzen
Kweichow Moutai folgt dem Motto: „Nicht alles, was neu ist, ist gut.“ Das Unternehmen versuchte zum Beispiel, die Weinhefe für die Fermentation mit Maschinen zu Platten zu pressen. „Aber der Geschmack war enttäuschend“, sagt An Huailun, Vorsitzender der Im- und Exportgesellschaft der Moutai Group. Jetzt übernehmen das wieder die Arbeiter mit ihren Füßen.
Premiumpreise nehmen
Gegenwärtig gilt: je teurer, desto begehrenswerter. „Deshalb konnten wir 2017 sogar erstmals seit 2012 unsere Preise wieder erhöhen und wurden hierfür von den Kunden nicht abgestraft“, sagt Moutai-Manager An Huailun.
Breit aufstellen
Kweichow Moutai bleibt mit limitierten Sondereditionen oder neuen Produkten wie Mischgetränken im Gespräch und erschließt sich so zusätzliche Nischen.
Sondereditionen und Cocktails
Das Unternehmen legte limitierte Sondereditionen auf, etwa für einzelne Tierkreiszeichen oder die Neue-Seidenstraßen-Initiative. Das Spekulieren jeder Art ist in China äußerst beliebt. Nicht wenige Sammler legen sich solche seltenen Flaschen als Geldanlage in den Safe, um sie später bei einer Auktion gewinnbringend zu verkaufen, sofern sie sie nicht doch selbst trinken. Im Jahr 2011 wurde eine 1992 abgefüllte Flasche Moutai zum Rekordpreis von umgerechnet knapp einer Million Euro versteigert – sie stammte aus einer Edition mit nur zehn Flaschen.
Im Jahr 2015 richtete sich Kweichow Moutai mit U Meet erstmals mit einer Produktlinie an junge, städtische Chinesinnen. Vielen Frauen ist echter Moutai zu stark. U Meet ist eine Mischung aus Moutai und Heidelbeersaft, es gibt sie in einer Zwölf- und einer 15-Prozent-Variante, außerdem bietet die Destillerie sie in schicken bunten Glasflaschen an. Darüber hinaus hat Moutai eine Reihe von Cocktails entwickelt.
Die Bilanz kann sich sehen lassen: 2018 erzielte der Staatsbetrieb einen Umsatz von umgerechnet rund 9,6 Milliarden Euro, 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Zugleich gingen die Gewinne um 25 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro nach oben. Damit zählt die Kweichow Moutai Group nun zu den rentabelsten Firmen des Landes. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot“, sagt An Huailun, Vorsitzender der Im- und Exportgesellschaft der Gruppe. Das freut ihn. Denn: „Knappheit ist ein zusätzliches Verkaufsargument.“
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Mehr zur Lebensmittelindustrie in China: www.gtai.de/china
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