August 2020
Autor:innen: Karin Appel und Dmitry Marenkov
Müssen Exporteure für bestimmte Waren Einfuhrgenehmigungen in Russland beantragen?
Ja, das gilt für die Einfuhr vieler Waren: zum Beispiel ozonabbauende Substanzen, Pflanzenschutzmittel, Kulturgüter, lebende Tiere, Edelmetalle, Betäubungsmittel, radioelektrische Mittel und Hochfrequenzgeräte. Die entsprechende Genehmigung zur Vorlage bei den Zollbehörden beantragen Unternehmen bei den jeweiligen Abteilungen des Ministeriums für Industrie und Handel oder den speziellen Lizenzbehörden.
Sind bei der Einfuhr besondere Normen und Qualitätsanforderungen zu beachten?
Für bestimmte Waren, die in einer einheitlichen Liste geregelt sind, werden nach und nach technische Reglements (TR) verabschiedet. Dazu zählen Spielzeug, Möbel und Kosmetik. Die TRs regeln Konformitätsanforderungen. Ohne ein TR-Zertifikat kann zertifizierungspflichtige Ware nicht verzollt werden. Bislang sind 48 technische Reglements in Kraft.
Wie hoch sind die Einfuhrzölle in Russland? Gibt es Vergünstigungen?
Die durchschnittliche Zollbelastung liegt derzeit bei elf Prozent und soll im Laufe des Jahres 2020 auf sieben Prozent sinken. Die meisten Zollsätze in Russland sind Wertzölle, die Behörden ermitteln sie in Prozent vom Zollwert der eingeführten Ware (zum Beispiel zehn Prozent auf Waschmaschinen). Es gibt auch spezifische Zollsätze (zum Beispiel 0,088 Euro/ein Kilogramm auf Äpfel) oder Mindestzölle, die eine Kombination aus dem Wertzoll und dem spezifischen Zoll darstellen (zum Beispiel 15 Prozent, aber mindestens 0,30 Euro/ein Kilogramm auf Emmentaler). Zollvergünstigungen gibt es nur im Rahmen von Freihandelsabkommen oder für Waren aus Entwicklungsländern.
Gibt es besondere Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften in Russland?
Ja. In Sachen Kennzeichnung hat sich in Russland in den vergangenen Jahren einiges getan. Im März 2019 führte die Regierung zur Kennzeichnung von Waren ein nationales Digitalkennzeichnungs- und Produktrückverfolgungssystem ein. Das System nennt sich Chestnyy ZNAK (ehrliches Zeichen) und wird durch das Zentrum zur Entwicklung aussichtsreicher Technologien umgesetzt, einem öffentlich-privaten Partnerzentrum des Ministeriums für Industrie und Handel. Sowohl russische Hersteller als auch Importeure müssen alle in Verkehr gebrachten Produkte mit einem Data-Matrix-Code (2D-Code) bedrucken. Ziel ist es, den Umlauf gefälschter Waren zu bekämpfen, legale Unternehmen und Verbraucher zu schützen und die Steuereinnahmen des Staates zu erhöhen. Zunächst galt die Pflicht nur für Pelz- und Tabakwaren, seit Juni auch für Milchprodukte und seit Juli für Arzneimittel und Schuhe. Weiter geht es ab 1. Oktober 2020 mit Parfüms, Fotoapparaten und Blitzlichtgeräten, ab 1. November 2020 mit Reifen und schließlich gilt die Kennzeichnungspflicht ab dem 1. Januar 2021 auch für bestimmte Textilien.
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Was ist bei der Vertragsgestaltung mit einem russischen Geschäftspartner zu beachten?
Verträge werden meist zweisprachig verfasst, der russische Wortlaut ist in der Regel für die Zollabfertigung und die russische Steuerbehörde notwendig. Es empfiehlt sich, festzulegen, welche Fassung maßgeblich ist. Vor Vertragsabschluss mit einem neuen Geschäftspartner ist es ratsam, einen Handelsregisterauszug und eine Bonitätsauskunft einzuholen sowie zu prüfen, ob der Verhandlungspartner von Sanktionen betroffen ist. Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer leistet hierbei Unterstützung. Wichtig: Deutsche Gerichtsurteile können in Russland nicht vollstreckt werden. Einen deutschen Gerichtsstand zu vereinbaren ist nur dann sinnvoll, wenn der Geschäftspartner in Deutschland oder im EU-Ausland über Vermögen verfügt, in das vollstreckt werden kann. Will man bei der Rechtsdurchsetzung ein „Auswärtsspiel“ vor russischen Gerichten vermeiden, empfiehlt sich eine Schiedsklausel zugunsten einer renommierten Schiedsinstitution, zum Beispiel der Internationalen Handelskammer oder der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit. Dank des New Yorker UN-Übereinkommens von 1958 können ausländische Schiedssprüche in Russland vollstreckt werden. Das auf den Vertrag anwendbare Recht kann man frei vereinbaren. Da Deutschland und Russland Vertragsstaaten des UN-Kaufrechtsübereinkommens sind, findet es automatisch auf deutsch-russische Kaufverträge Anwendung. Es steht den Parteien frei, seine Geltung auszuschließen, zum Beispiel: „Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts“.
Was ist der Rechtsrahmen für Investitionen in Russland?
Das russische Investitionsrecht kennt das Konzept der öffentlich-privaten Partnerschaft. Vor Investitionen in sogenannte strategische Branchen (etwa die Atom- oder Telekommunikationsbranche) müssen Investoren ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. Bei einem Engagement in einer Sonderwirtschaftszone winken Steuer- und Zollvergünstigungen. Investoren im Bereich hochtechnologischer Industrieproduktion können mit dem russischen Staat einen sogenannten Sonderinvestitionsvertrag abschließen, der Steuererleichterungen bringt und die Stabilität der Rahmenbedingungen gewährleistet.
Kann man als Ausländer Grundeigentum in Russland erwerben?
Ausländische natürliche und juristische Personen dürfen grundsätzlich Grund und Boden in Russland erwerben. Eine Ausnahme bilden landwirtschaftliche Flächen, Grundstücke in Grenzregionen und an Seehäfen. Der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen ist auch nicht über eine russische Gesellschaft möglich, wenn diese sich im ausländischen Mehrheitsbesitz befindet. Beim Kauf von Gebäuden gibt es keine Einschränkungen.
Wie gründe ich eine Firma in Russland?
Für die Gründung einer Tochtergesellschaft kommt die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Betracht. Die russische Abkürzung lautet: OOO. Das Mindeststammkapital beträgt umgerechnet nur circa 130 Euro. Die Gründung einer 100-Prozent-Tochter ist zulässig. Gesellschaften, die selbst nur einen Gesellschafter haben, dürfen jedoch keine weitere Einpersonengesellschaft in Russland gründen. Dieser Regel können Unternehmer Rechnung tragen, indem sie einen lokalen Partner mit einer geringen Beteiligung ins Boot holen. Die Einlagen sind spätestens vier Monate nach der staatlichen Registrierung der Gesellschaft zu leisten. Das Gründungsverfahren inklusive der Registrierung bei der Steuerbehörde dauert rund einen Monat. Alternative: die Eröffnung einer Repräsentanz oder Filiale. Beide agieren im Namen und im Auftrag des ausländischen Stammunternehmens und müssen beim russischen Steuerdienst akkreditiert werden. Die Repräsentanz darf lediglich unterstützend tätig sein, etwa im Marketing oder bei der Pflege von Geschäftskontakten. Die Filiale darf dagegen kommerziell tätig werden. Repräsentanzen und Filialen können nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Es bleibt daher bei der Haftung des Stammhauses. Auch dabei kann die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer behilflich sein.
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Yevgeniya Rozhyna
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