Februar 2021
Autoren: Jakob Kemmer und Klaus Möbius
Müssen für bestimmte Waren in der Türkei Einfuhrgenehmigungen beantragt werden?
Ja, das gilt zum Beispiel für Süßstoffe, geografische Karten, Land- und Luftfahrzeuge, Gebrauchtwaren, persönliche Schutzausrüstungen, das Ozon schädigende Substanzen und Waren, die diese enthalten, wie zum Beispiel Kühlschränke, sowie Chemikalien, die im Chemiewaffenübereinkommen gelistet sind. Genaueres ergibt sich aus den Importverordnungen, die gemeinsam mit den Konformitätserlassen jährlich neu im türkischen Amtsblatt veröffentlicht werden.
Sind bei der Einfuhr in die Türkei besondere Normen und Qualitätsanforderungen zu beachten?
Es gibt zahlreiche Waren, für die besondere Qualitätsanforderungen gelten. Dazu zählen unter anderem: Feuerlöscheinrichtungen, Rohre und Schläuche aus Weichkautschuk, Baumwollgarne, Eisen- und Stahlerzeugnisse, Abfallstoffe, Chemikalien, lebende Tiere, Lebensmittel pflanzlichen und tierischen Ursprungs, Brennstoffe, Rundfunk- und Telekommunikationstechnik, Spielwaren, Baumaterialien, Batterien und Akkumulatoren, Medizintechnik, Alkoholika und Tabakwaren sowie Fahrzeugteile. Auch diese Bestimmungen werden jährlich im türkischen Amtsblatt veröffentlicht.
Gibt es besondere Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften in der Türkei?
Die CE-Kennzeichnung für technische Waren gilt auch in der Türkei. Damit weist der Hersteller nach, dass die Ware den geltenden technischen Vorschriften entspricht. Die türkischen Behörden behalten sich allerdings vor, zu prüfen, ob das CE-Kennzeichen zu Recht an der Ware angebracht ist. Näheres regelt der Produktkonformitätserlass Nr. 2020/9 (eine der Einfuhrverordnungen aus dem türkischen Amtsblatt). Besondere Kennzeichnungspflichten gibt es insbesondere noch für Lebensmittel und alkoholische Getränke.
Wie hoch sind die Einfuhrzölle in der Türkei? Gibt es Vergünstigungen?
Zwischen der Türkei und der EU besteht seit dem 1. Januar 1996 eine Zollunion. Diese gilt für fast alle gewerblichen Waren und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse, allerdings nicht für landwirtschaftliche Grunderzeugnisse und EGKS-Waren (Kohle und Stahl), hier gibt es Präferenzabkommen. Unternehmen können Waren, die sich im zollrechtlich freien Verkehr des einen Teils der Zollunion befinden, also zollfrei in den anderen Teil der Zollunion bringen. „Zollrechtlich freier Verkehr“ bedeutet, dass die Waren entweder im Zollgebiet hergestellt sind oder aus einem Drittland importiert und dabei verzollt wurden. Das müssen Importeure dann mit einer Freiverkehrsbescheinigung (A.TR) nachweisen. Alle Teile einer Zollunion haben einen gemeinsamen, einheitlichen Außenzoll. In einer Zollunion müssen allerdings nicht sämtliche Einfuhrvorschriften vereinheitlicht sein. Selbst Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle sind innerhalb der Zollunion möglich.
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Welcher Rechtstradition folgt die Türkei – und was bedeutet das?
Die Türkei hat zum Teil ganze Gesetzbücher mit nur geringfügigen Änderungen aus verschiedenen europäischen Staaten übernommen: darunter das schweizerische Zivilgesetzbuch oder das deutsche Handelsgesetzbuch. Das türkische Recht gehört daher zum sogenannten Civil-Law-Rechtskreis (Zivilrecht), der im Vergleich zum Common Law (Gewohnheitsrecht), auf kodifiziertes, niedergeschriebenes Recht zurückgreift. Daraus folgt zum einen: Im Zivil- und Handelsrecht ist der Umgang mit den türkischen Gesetzen durch einen Vergleich mit den deutschsprachigen Vorbildern vereinfacht. Zum anderen gilt: Das türkische Recht hat in diesen Gebieten inzwischen europäische Standards erreicht.
Können Deutsche in der Türkei unbeschränkt investieren?
Wie kann ich in der Türkei eine Gesellschaft gründen?
Das türkische Handelsgesetzbuch aus dem Jahr 2012 kennt, ähnlich wie das deutsche Recht, Personen- und Kapitalgesellschaften. Ausländischen Investoren, die einen dauerhaften Aufenthalt in der Türkei haben, stehen mit der „kollektif sirket“ (in etwa eine deutsche offene Handelsgesellschaft) und der „komandit sirket“ (in etwa eine deutsche Kommanditgesellschaft; KG) zwei bekannte Personengesellschaften zur Verfügung. Eine Besonderheit bei der türkischen KG: Der mit seinem Vermögen haftende Komplementär muss eine natürliche Person sein. Die in Deutschland beliebte Konstruktion einer GmbH & Co. KG ist in der Türkei also nicht möglich. Es gibt auch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG). Bei einer GmbH reicht zur Gründung bereits ein Gesellschafter, mehr als 50 dürfen es jedoch nicht werden. Das Gründungskapital beträgt 10.000 türkische Lira (circa. 1.000 Euro). Der Gesellschaftsvertrag muss einen hinreichend bestimmten Zweck, einen Sitz, Dauer, Kapital, Inhaber sowie Geschäftsführung der Gesellschaft regeln. Die Gründung einer AG läuft sehr ähnlich ab, das Mindestkapital liegt hier allerdings bei 50.000 türkischen Lira (circa 5.000 Euro). Ein AG-Vorstand darf höchstens drei Jahre im Amt sein. Gesellschafterbeschlüsse müssen notariell beglaubigt werden.
Werden deutsche Gerichtsentscheidungen in der Türkei anerkannt und vollstreckt?
Damit in der Türkei eine Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile erfolgen kann, ist zunächst ein gesondertes türkisches Vollstreckungsurteil notwendig. Dieses ergeht nur dann, wenn das deutsche Urteil auf dem Gebiet des Zivilrechts ergangen und bereits rechtskräftig ist. Weitere Voraussetzungen, um ein deutsches Urteil in der Türkei zu verwerten: Der Verfahrensgegenstand darf nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit eines türkischen Gerichts fallen. Und auch die Voraussetzung der „Verbürgung der zivilprozessualen Gegenseitigkeit“ ist im Verhältnis zu Deutschland erfüllt, da in beiden Ländern vergleichbare rechtliche Standards bei der Urteilsentstehung vorherrschen.
Service & Kontakt
Ihr GTAI-Ansprechpartner für ausländisches Wirtschaftsrecht
Jakob Kemmer
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