Mai 2020

©Euler Hemes
Herr Schulte Lünzum, Ende April hat die Bundesregierung die Sonderinitiative Erneuerbare Energien bei den Exportkreditgarantien des Bundes beschlossen. Worum geht es da?
Der Bereich der Erneuerbaren Energien ist von großer Bedeutung: Sowohl mit Blick auf den Klimatschutz als auch als ein wichtiger Industriezweig in Deutschland mit vielen, hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Um die globale Klimawende erfolgreich voranzutreiben ist entscheidend, dass die deutschen Unternehmen nicht nur auf dem Heimatmarkt erfolgreich sind, sondern weltweit.
Die Sonderinitiative trägt dazu bei, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft in diesem wichtigen Zukunftssektor zu stärken. Bereits heute ist Deutschland technisch ganz vorn dabei. Immer häufiger zeigt sich jedoch, dass bei der Auftragsvergabe nicht mehr allein die Technologie und der Preis den Ausschlag geben, sondern dass auch die Fähigkeit, ein attraktives Finanzierungsangebot für die Kunden mitbringen zu können, entscheidend ist. Und genau hier setzt die Sonderinitiative an.
Künftig können bis zu 70 Prozent ausländische Zulieferungen in eine Bundesdeckung einbezogen werden. Inwieweit stärkt das die Position deutscher Anlagenbauer im internationalen Wettbewerb?
An dem Grundsatz, dass es um die Förderung der deutschen Exportwirtschaft geht, ändert sich durch die Sonderinitiative nichts. Deutschland ist und bleibt der Ausgangspunkt. Hier haben die Unternehmen ihren Sitz; hier wird die Technologie entwickelt. Wir dürfen jedoch nicht verkennen, dass sich die Lieferketten im Sektor Erneuerbare Energien in den letzten Jahren zunehmend internationalisiert haben. Zum Teil aus Kostengründen, zum Teil, um näher an den Zielmärkten zu sein.
Um am Markt bestehen zu können, ist es für deutsche Exportunternehmen essentiell, weniger komplexe Komponenten kostengünstig in das Projekt einbeziehen zu können. Die Einbeziehung eines höheren Anteils ausländischer Zulieferungen ermöglicht es den Unternehmen, zu wettbewerbsfähigeren Preisen anbieten und gleichzeitig eine kompetitive, hermesgedeckte Finanzierung für den gesamten Auftragswert beibringen zu können.
Darüber hinaus verzichtet der Bund künftig regelmäßig auf das Anzahlungserfordernis für lokale Kosten. Das hört sich sehr technisch an. Was bedeutet das in der Praxis?
Es hört sich technisch an, ist aber von großer praktischer Relevanz. Unter dem Strich können die Exporteure durch diese Maßnahme besser auf die zunehmenden Lokalisierungsanforderungen in den Zielmärkten reagieren.
Nunmehr können sämtliche lokale Kosten, die gemäß OECD-Konsensus in die Deckung einbezogen werden können, finanziert werden und müssen nicht mehr von Kunden vorab bezahlt werden. Dies ist eine ganz praktische Erleichterung für den ausländischen Besteller und verbessert die Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen. Zugleich ist es ein wichtiger Beitrag zur Herstellung eines Level Playing Field.
Viele andere Export Credit Agencys (ECA) haben ihren Exporteuren bereits in der Vergangenheit die Finanzierung von lokalen Kosten ermöglicht und ihnen damit einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Inwieweit wirkt sich der Verzicht auf ein Anzahlungserfordernis auf die Finanzierung eines Geschäfts aus?
Die Lokalisierungsanforderungen führen nicht selten dazu, dass es beim Geschäft Finanzierungslücken gibt. Lokale Kosten lassen sich häufig nicht vollständig oder nicht zu den gewünschten Volumina und Laufzeiten kommerziell finanzieren. Wenn dann keine umfassende ECA-Finanzierung verfügbar ist, gibt es ein Problem. Durch den Wegfall des Anzahlungserfordernisses kann jetzt ein größerer Anteil der lokalen Kosten finanziert werden, so dass die Lücke geschlossen werden kann.
Die dritte Säule der Sonderinitiative ist die aktive Marktbearbeitung. Was bedeutet das konkret?
Marktnähe ist hier das Stichwort. Wir werden die Exporteure noch stärker als bislang aktiv bei den Themen Markterschließung und Projektanbahnung unterstützen.
Wir bieten den Exporteuren an, sie sowohl bei konkreten Einzelprojekten als auch im Rahmen der Erschließung spezifischer Märkte zu begleiten. Zudem werden wir auf die internationalen Stakeholder in den Zielmärkten direkt zugehen und z.B. verstärkt an Branchenkonferenzen teilnehmen und eigene Road Shows durchführen. In Corona-Zeiten lauft das natürlich ausschließlich digital ab. Aber ich hoffe, dass wir uns in nicht allzu ferner Zeit auch wieder mit Exporteuren und Investoren direkt und persönlich austauschen können.
Bei der aktiven Marktbearbeitung helfen uns zudem die in vielen Ländern bestehenden bilateralen Energiepartnerschaften. Und auch mit unseren Finanzierungsexperten in Nairobi, Dubai und Singapur werden wir bei der Marktbearbeitung sehr eng zusammenarbeiten.
Die Bundesregierung stuft Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien als besonders förderungswürdig ein und hat allein im Jahr 2019 Exporte i.H.v. mehr als einer Milliarde Euro mit Exportkreditgarantien abgesichert. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung in diesem Sektor ein und welche Rolle fällt dabei den Exportkreditgarantien des Bundes zu?
Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien hängt stark von ihrer Fähigkeit ab, sich nicht nur im Inland, sondern auch international zu behaupten. Die angestammten Märkte sind zunehmend gesättigt, so dass die Erschließung und Entwicklung neuer Märkte für das weitere Wachstum von großer Bedeutung ist. Der Bund hat mit den Exportkreditgarantien ein schlagkräftiges Instrument im Angebot, das Exporteure genau dabei vor unkalkulierbaren Risiken in den Zielländern schützt und eine wettbewerbsfähige Finanzierung ermöglicht.
Service & Kontakt
Weitere Informationen zur Sonderinitiative Erneuerbare Energien bei Euler Hermes finden Sie hier.
Ihre Ansprechpartner bei Euler Hermes:
Ulrich Schulte Lünzum
ulrich.schulte-luenzum@eulerhermes.com
Matthias Jansen
Matthias.Jansen@eulerhermes.com
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