Ewiges Gründer-Eldorado

Der Einbruch einst starker Techwerte seit Frühjahr 2022 schlug zwar auch auf die US-Gründerszene durch. Doch dank starker Wagniskapitalkultur und neuer Chancen für grüne Start-ups wagen weiterhin viele deutsche Unternehmen den Sprung über den Atlantik.

Februar 2023
Autor: Heiko Steinacher

Das Gründerparadies der USA aus der Vogelperspektive: San Francisco und das Silicon Valley © Frank Ramspott/GettyImages

Martin Schichtel ist Realist. „Industrielle Wärme ist verantwortlich für 28 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes – wenn es uns gelingt, die Wärmeerzeugung zu dekarbonisieren, haben wir gute Chancen, unser Rennen gegen den Klimawandel zu gewinnen.“ Schichtel weiß, wovon er spricht. Sein Unternehmen Kraftblock stellt thermische Energiespeichersysteme her. Das Ziel: Industrielle Gaskessel und Feuerungen durch grüne Wärme ersetzen und somit CO₂-frei produzieren.

In den großen US-Markt zu expandieren, ist für ihn besonders spannend. Das saarländische Start-up nahm deshalb im November 2022 neben elf weiteren deutschen Jungunternehmen an einem Gründer-Pitch im Silicon Valley teil, der von der AHK USA – San Francisco organisiert wurde. „Taktgebende Forschungsinstitutionen sowie zahlreiche Wagniskapitalfonds locken immer mehr innovative Start-ups auch im Bereich Climate-Tech hierher“, sagt AHK-Chef Sven Thorsten Potthoff. „Um diese mit den wichtigsten Playern im Valley zu vernetzen, haben wir das Programm Launchpad Silicon Valley ins Leben gerufen.“

Viele Wege führen in die USA

Der Erfolg deutscher Start-ups in den USA hat viele Gesichter: Mal gelingt es, aufgrund der risikofreudigeren Mentalität von US-Investoren schnell und viel Wagniskapital einzusammeln. Mal dringen sie mithilfe von Vor-Ort-Partnern tiefer in den Markt ein, als es allein möglich wäre. Im Frühjahr 2022 schafften es gleich sieben deutsche Firmen in den begehrten Accelerator Y Combinator (YC) aus dem Silicon Valley. Ausgerechnet YC verlangt aber von deutschen Start-ups meist einen sogenannten Flip, bei dem die Unternehmen in eine US-amerikanische Holding-Struktur zu überführen sind.

Durch diesen Schritt verbessert sich zwar häufig ihr Zugang zur Frühphasenfinanzierung. Doch der US-Flip birgt auch Nachteile: Laut Rechtsanwaltskanzlei Orrick, Herrington and Sutcliffe kann er etwa bei einer eventuell später gewollten Umwandlung in eine deutsche Holdinggesellschaft zu einer hohen Steuerbelastung führen und praktische Probleme verursachen. „Der German Accelerator berät Gründer daher sehr früh, sodass sie nicht notwendigerweise einen Flip machen müssen“, sagt Christian Jorg, Managing Partner US beim vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Gründerprogramm.