Februar 2020
Autorin: Michaela Elena Balis
Griechenlands neuer Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis bei der Amtseinführung des neuen Kabinetts im Juli 2019. Seine Regierung hat sich vorgenommen, Bürokratie abzubauen. © Panagiotis Moschandreou Xinhua/eyevine/laif
Wer in Griechenland investiert, braucht einen langen Atem. Das weiß Alexander Zinell, Geschäftsführer des Flughafenbetreibers Fraport Greece, nur zur gut. Vier Jahre dauerte es, von der Ausschreibung für die Modernisierung, den Betrieb und die Instandhaltung vierzehn griechischer Regionalflughäfen, bis sie das deutsch-griechische Konsortium Fraport-Slentel im Jahr 2017 für 1,23 Milliarden Euro übernahm.
Das lag nicht nur an den bürokratischen Verfahren. Die Regierungsübernahme der links-rechtsextremen Koalition Syriza-Anel im Jahr 2015 schürte die Befürchtungen vor einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Zudem verschreckten Bankenferien und Kapitalverkehrskontrollen die Investoren. „Das Jahr 2015 war ein verlorenes Jahr“, resümiert Zinell.
Trotzdem hat der deutsche Flughafenbetreiber drei Jahre später gemeinsam mit seinem griechischen Partner Kopelouzos die Flughäfen auf Vordermann gebracht. Das Spektrum reicht von Modernisierungsmaßnahmen bis zum kompletten Neubau. Die letzten Flughäfen, zum Beispiel ein modernes Terminal auf der Insel Mykonos, werden im Jahr 2021 fertig sein.
Regierung setzt auf Reformen
Seit 2015 hat sich einiges getan. Die neue, konservative Regierung, die im Juli 2019 das Amt übernahm, schaffte die Kapitalkontrollen ab und kündigte Maßnahmen für ein unternehmerfreundlicheres Investitionsklima an: Griechenland will nun schleunigst die Genehmigungsverfahren vereinfachen. Es wird eine digitale städtebaurechtliche Karte erarbeitet, die einen Überblick über die landesweite Flächennutzung geben soll. Private Wirtschaftsprüfer dürfen fortan den Abschluss von Investitionen zertifizieren, Unternehmer sind also nicht mehr von den Behörden abhängig. Mit der Steuerreform fiel die Körperschaftssteuer für 2019 um vier Prozent auf 24 Prozent.
„Diese Regierung meint es ernst“, sagt Zinell. Würde Fraport wieder in Griechenland investieren? „Aus heutiger Sicht ja, selbstverständlich“, bestätigt er. Seine Argumente: „Die Wachstumsraten steigen, die Arbeitslosigkeit sinkt, der Verkehr der Flughäfen legt zu, die Renditen für Staatsanleihen gehen zurück.“
Damit fasst Zinell die Erholungszeichen der griechischen Wirtschaft zusammen. Das griechische Bruttoinlandsprodukt soll im Jahr 2020 um 2,3 Prozent zulegen, prognostiziert die Europäische Kommission. Die Rendite für griechische Staatsanleihen fiel im Oktober 2019 um drei Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. „Griechenland bietet einmalige Chancen für Investitionen“, sagt Panos Xenokostas, Präsident und Geschäftsführender Vorstand der Onex Group. „Sie müssen nur erkannt und ergriffen werden.“ Die Onex Group erwarb im Jahr 2018 die Werft Neorio auf der Insel Syros. Die Werft arbeitet an rund 116 Schiffen pro Jahr und trägt maßgeblich zur Wiederbelebung der griechischen Werftindustrie bei.
Interview
»Wir wollen Investoren aus der ganzen Welt.«
Adonis Georgiadis
Der griechische Minister für Wirtschaftsentwicklung und Investitionen erklärt, warum das neue Investitionsförderungsgesetz von Ende Oktober 2019 das Land endlich nach vorn bringen wird.
Herr Georgiadis, worin unterscheidet sich das neue Gesetz von den vorherigen?
Das Gesetz basiert auf einer neuen Philosophie: Es verringert nicht nur die Bürokratie, sondern vereinfacht auch die Verfahren durch die Einbindung des privaten Sektors bei der Bewertung der Investitionsvorhaben.
Lassen sich deutsche Investoren von der Aufbruchsstimmung überzeugen?
Die Deutschen denken praktisch. Die Krise hat uns alle reifer gemacht. Die neue Regierung hat den Willen, die Reformen voranzutreiben und ist ein vertrauenswürdiger Partner.
Es gibt bereits erfolgreiche Beispiele chinesischer Investitionen im Land, zum Beispiel der Hafen von Piräus. Konzentriert sich die Regierung auf Investoren aus dem Land der Mitte?
Wir wollen nicht nur chinesische Investoren, sondern welche aus ganz Europa und der Welt.
Gibt es Beispiele für die neue Ära?
US-Konzerne haben bereits Interesse an Investitionen in der Schwerindustrie geäußert. Der US-Investitionsfonds Blackstone Real Estate Partners Europe hat zum Beispiel fünf Hotels erworben. Interessenten gibt es auch für die Werften von Elefsina und Skaramagas.
Welche Wirtschaftssektoren bieten sich für Investitionen an?
Im Tourismussektor gibt es viel Potenzial – vom Bau über den Erwerb bis hin zum Betrieb von Hotels. Auch die Logistikbranche und Privatisierungsprojekte sind attraktiv, zum Beispiel die Betriebsgesellschaften der nordgriechischen Häfen in Alexandroupolis und Kavala.
Netzwerke bleiben entscheidend
Gerade jetzt, wo Investoren Griechenland wieder auf dem Schirm haben, gibt es noch viel zu tun. „Griechenland muss sein Wirtschaftsmodell ändern“, sagt Xenokostas. Der Fokus müsse auf das produzierende Gewerbe und Technologie gelegt werden. Das sieht auch Fraport-Greece-Geschäftsführer Zinell so: „Die Wettbewerbsfähigkeit der touristischen Standorte muss gesichert werden“, ergänzt er. „Es gibt großen Nachholbedarf bei der Abfallverarbeitung. Außerdem muss die lokale Infrastruktur wie Häfen und Straßen verbessert werden.“
Wie in anderen Märkten auch gilt in Griechenland: Die Zusammenarbeit mit einem lokalen Player ist ausschlaggebend für den Erfolg vor Ort. Es sei schwierig, die richtigen Wege durch die Ministerien zu finden, sagt Zinell. „Athen ist eine kleine Gesellschaft. Es ist wichtig, die richtige Person zu kennen oder ihr vorgestellt zu werden, um oft sinnlose bürokratische Hürden zu überwinden“, sagt er. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf.
Service & Kontakt
Ihr GTAI-Ansprechpartner für Griechenland
Paul Stricker
+49 228 249 993 819
Aktuelle Wirtschaftsdaten und Studien: www.gtai.de/griechenland
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