Südafrika: Gesundes Wachstum

Die Regierung Südafrikas will eine gesetzliche Krankenversciherung einführen. Dafür müssen viele öffentliche Gesundheitseinrichtungen modernisiert werden.

Oktober 2017
Autor:  Heiko Stumpf

In ganz Subsahara-Afrika entstehen neue Märkte: bei der Basisinfrastruktur, durch neue Outsourcing-Angebote und den Nachholbedarf in Sachen Einzelhandel. In Südafrika ist derweil eine besondere Art von Spezialisten gefragt. Das Land am Kap renoviert sein Gesundheitssystem – das bietet deutschen Spezialisten gute Chancen.

In den vergangenen Jahren sind die Umsätze in der Medizintechnik jeweils um sechs bis acht Prozent gestiegen. Weite Teile der Bevölkerung sind medizinisch unterversorgt: Nur rund 16 Prozent der 55 Millionen Südafrikaner können sich eine private Krankenversicherung oder den Besuch einer Privatklinik leisten.

Der Rest der Bevölkerung ist auf den öffentlichen Sektor angewiesen, in dem noch große Mängel herrschen. Patienten müssen häufig weite Wege und lange Wartezeiten auf sich nehmen. Nicht selten fehlt es an ausreichendem Personal, Medikamenten und funktionstüchtigen Geräten.

Patienten stehen für eine kostenlose Diabetesuntersuchung in Südafrika an. Nur 16 Prozent der 55 Millionen Einwohner haben eine Krankenversicherung. Die Regierung führt nun eine gesetzliche Krankenversicherung ein, um die Versorgung zu verbessern.

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Die Regierung will mit der Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung die Gesundheitsversorgung verbessern. Im Rahmen der geplanten National Health Insurance (NHI) sollen sowohl private als auch öffentliche Einrichtungen Leistungen erbringen können. Um die künftigen Standards der NHI zu erfüllen, müssen jedoch viele der rund 4.000 öffentlichen Gesundheitseinrichtungen modernisiert werden, zahlreiche Kliniken werden zudem neu gebaut. Insgesamt stehen bis zum Jahr 2019 rund 2,3 Milliarden Euro für den Ausbau der Gesundheitsinfrastruktur zur Verfügung.

Deutsche Unternehmen müssen sich dabei nicht auf die klassische Zuliefererrolle beschränken. Mit Pioniergeist können sie selbst zur Verbesserung des Gesundheitssystems beitragen. Das Medizintechnikunternehmen B. Braun aus der hessischen Kleinstadt Melsungen vertreibt weltweit rund 5.000 Produkte, darunter beispielsweise künstliche Gelenke, Infusionsbeutel oder Skalpelle. 95 Prozent davon stammen aus der eigenen Fertigung.

Für Südafrika erkannte die Firma, wie knapp Behandlungskapazitäten für Dialysepatienten sind. „Verglichen mit anderen Schwellenländern müsste die Behandlungsquote mehr als doppelt so hoch sein“, erklärt der Geschäftsführer für Südafrika Jens Papperitz. Viele Nierenkranke können deshalb nicht behandelt werden, oft wird ein Nierenversagen gar nicht erst diagnostiziert. In diese Lücke stößt B. Braun und betreibt in Südafrika bereits 33 eigene Dialysezentren, vier weitere in Simbabwe.

Südafrika in Zahlen

62 %

der Diabetiker in Südafrika werden bislang nicht diagnostiziert und behandelt.

70 %

der Frauen in Südafrika sind übergewichtig. Bei den Männern sind es rund 40 %.

6 Mio.

Menschen zählt heute schon die konsumfreudige schwarze Mittelschicht des Landes.

60 Mrd.

Euro sollen von 2019 bis 2020 in den Ausbau der Infrastruktur fließen.

Dialysezentren aus Deutschland

Rund zwölf Prozent der Patienten, die das Unternehmen in Südafrika betreut, kommen aus dem öffentlichen Sektor über Public-private-Partnerships. Tendenz steigend. Mit diesem Engagement schafft B. Braun eine Win-win-Situation: Zum einen entstehen dringend benötigte Behandlungsmöglichkeiten.

Zum anderen erschließt das Unternehmen eine Gesundheitssparte mit stark steigendem Bedarf. Gleichzeitig trägt es mit der Aufklärungskampagne KidneyWise dazu bei, dass das Bewusstsein für Nierenerkrankungen steigt und diese rechtzeitig diagnostiziert werden können.

Bei dem Engagement im südlichen Afrika setzt das Unternehmen zudem stark auf Wissenstransfer: B. Braun liefert seine Dialysestationen auch an externe Kunden und bietet dabei umfassende Servicepakete an, die auch die Ausbildung zum Betrieb des Zentrums umfassen.

„In Sambia, wo wir gerade eine neue Tochtergesellschaft gründen, fliegen wir beispielsweise Ärzte zu Schulungszwecken aus Südafrika ein“, sagt Papperitz. „Wir bilden auch Servicetechniker aus, die Wartung und Reparatur vor Ort vornehmen können.“ Dadurch entstehen Behandlungskapazitäten, die es ansonsten wohl kaum gäbe: Es fehlt einfach das Know-how.