Juni 2019
Autor: Oliver Döhne
Tunnelblick: Die Bauarbeiten im Brenner Basistunnel zwischen Innsbruck und Franzensfeste sind in vollem Gange. Im Jahr 2026 soll die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt einsatzbereit sein. © BBT SE
Schaltgetriebe aus Kassel und Butter aus Oberbayern gegen Parmesankäse aus Reggio Emilia und Verpackungsmaschinen aus Bologna: Der deutsch-italienische Warenaustausch erreichte 2018 mit rund 130 Milliarden Euro einen neuen Rekord. Damit überholte Italien das Vereinigte Königreich als fünftgrößter deutscher Handelspartner.
Ein Ort, an dem diese intensive Beziehung mehr zu spüren ist als irgendwo sonst, ist Verona – dem quasi unumgänglichen Zwischenstopp im bilateralen Warenverkehr. Am Treffpunkt von Brennerverbindung und der Autobahn A4, die Turin mit Mailand und Venedig verbindet, sowie an den Bahnstrecken nach Modena und Bologna gelegen, nimmt Verona die Funktion als Sammel- und Verteilerstelle für die italienische Halbinsel ein und gilt als Gateway für den Norden.
Tatsächlich spricht so viel für Verona, dass zahlreiche deutsche Unternehmen ihre Italienzentrale hier und nicht im vermeintlich wichtigeren Mailand aufschlagen. Dazu gehören neben großen Playern wie Volkswagen, DB Schenker, Aldi, Lidl und dem Drogeriemarkt DM auch viele kleine und mittelgroße Unternehmen. Insgesamt sind in der Umgebung rund 200 deutsche Firmen ansässig.
Standortvorteile Verona
- Sehr gut ausgebaute Infrastruktur
- In der wichtigsten Industrie- und Agrarregion Italiens gelegen
- Hohe Kaufkraft in der Region
- Günstigere Quadratmeterpreise als im benachbarten Mailand
- Wissenschaftsstandort, vier Topuniversitäten in Venetien
- Hohe Lebensqualität durch die Dolomiten und den Gardasee
- Hohe Dichte spezialisierter Logistikdienstleister
Ideales Pflaster für Investitionen
Auch der Pumpenhersteller Netzsch setzt seit 1995 auf Verona und produziert vor Ort. „Wir sind von Verona in vier Stunden im Mutterwerk in Deutschland und zudem sehr gut mit allen norditalienischen Städten verbunden“, sagt Italiendirektor Stefano Olivotto. „Außerdem ist Verona deutlich günstiger als Mailand.“ Olivotto ist sich sicher: Verona ist ein idealer Firmenstandort, da „viel in Betriebe investiert wird, auch was Hallen und Büros angeht“. Alle nötigen Dienstleistungen seien vor Ort verfügbar und die Behörden zudem kooperativ.
Für Stefano Castellani, Geschäftsführer von Krone Italia, dem Importeur des Emsländer Lkw-Anhängerherstellers Krone, kommt in Italien kein anderer Standort infrage. „In Verona sitzen wir sowohl an der wichtigsten logistischen Kreuzung Italiens als auch genau in der Mitte unseres Absatzgebietes, der Po-Ebene.“
»Im Interporto in Verona konzentrieren sich alle Vorteile und Dienstleistungen der Region.«
Nicola Boaretti
Direktor der öffentlichen Verwaltungsgesellschaft Consorzio ZAI
Die italienische Politik denkt mit
Die Provinz Verona war weitsichtig genug, sich nicht auf ihrem geografischen Vorteil auszuruhen, sondern ihn noch zu veredeln. So entstand im Viereck zwischen Brennerautobahn, der Autobahn A4, dem Flughafen von Verona und zwei Bahnstrecken das wichtigste intermodale Warenverkehrszentrum Europas – der Interporto Quadrante Europa. Dort kommen täglich 54 Züge an, deren Waren auf eine Armada von Lkw verladen werden. Pro Jahr bewegt der Quadrante Europa fast acht Millionen Tonnen Ware per Bahn.
Vor Ort wimmelt es nur so von Speditionen und multinationalen Unternehmen. Den meisten Platz nehmen die Italienzentrale von Volkswagen, ein Speditionszentrum, das Schenker-Terminal und das Agrar- und Lebensmittelforum Veronamercato ein. Auch für den Nachwuchs ist gesorgt: Eine Interporto-eigene Technische Hochschule bietet ein Masterstudium für Logistik und Innovationssysteme für Mobilität an. 90 Prozent der Absolventen fangen sofort vor Ort an.
Wertvolles Schienennetz
„Bei uns konzentrieren sich alle Vorteile und Dienstleistungen der Region“, sagt Nicola Boaretti, Direktor der öffentlichen Verwaltungsgesellschaft Consorzio ZAI, bei der sich Neuankömmlinge Büroräume zwischen 20 und 600 Quadratmeter mieten können. Auch Thomas Nobel, Geschäftsführer der Deutschen GVZ-Gesellschaft (DGG), lobt den Standort. „Im Vergleich zu anderen europäischen Warenverkehrszentren tut sich Verona besonders bei Warenmengen, Zugfrequenzen, Beschäftigtenzahl, Serviceangebot und Qualität des Managements hervor.“ Es verwundert also kaum, dass die DGG Verona in ihren vergangenen beiden Rankings der europäischen Güterverkehrszentren 2010 und 2015 jeweils zur Nummer eins kürte.
Auch die Warsteiner Brauerei betreibt seit vielen Jahren eine Vertriebsniederlassung in Verona und ist mit dem Quadrante Europa seit 2005 über einen eigenen Gleisanschluss verbunden. „Wir sind insbesondere in Norditalien mit unseren Premiumbieren in der Gastronomie stark vertreten“, sagt Jens Bergfeld, stellvertretender Leiter Unternehmenskommunikation. Im Jahr 2017 transportierte Warsteiner rund 140.000 Tonnen Güter über die Schiene – und sparte so rund 5.600 Lkw auf den Straßen ein. „Warsteiner leistet somit einen nachhaltigen Beitrag zur Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene“, sagt Bergfeld.
In Zukunft dürften die Geschäfte in Verona noch an Fahrt aufnehmen. Im Jahr 2026 soll der Brenner Basistunnel fertig sein. „Dadurch wird sich das Warenvolumen noch erhöhen“, sagt Boaretti von ZAI. „Darauf stellen wir uns mit einem neuen Zugterminal ein, das auch extralange Züge von 750 Metern abfertigen kann.“ Auch der geplanten Schnellzugverbindung zwischen Turin und Lyon blickt er hoffnungsvoll entgegen, da sie den Schienenverkehr in Ost-West-Richtung in Gang bringen könnte. Platz gibt es auf jeden Fall genug: Im Industriegebiet Marangona steht genügend freie Fläche für neue Vertriebs- und Logistikzentren bereit.
Ranking – Topstandorte im intermodalen Güterverkehr
1) Interporto Quadrante Europa Verona
- Anzahl von Beschäftigten, Dienstleistern und Qualität des Managements
- Zahlreiche Zugfrequenzen
2) GVZ Bremen
- Optimal angebunden an Autobahnen, Bahnschienen, Häfen und Flughäfen
- Erweiterungspotenzial
3) GVZ Nürnberg
- Ökologisch hochwertige Neubauten
- Trimodale Umschlaganlage
4) GVZ Berlin Süd Großbeeren
- Hoher Wertschöpfungsanteil der Dienstleistungen
- Stark zunehmende Beschäftigtenzahl
5) Plaza Logistica Zaragoza
- Viel Platz
- Intensive Nutzung der Luftfrachtschnittstelle
Quelle: Deutsche GVZ-Gesellschaft, Ranking der europäischen Güterverkehrszentren (GVZ) 2015
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