Februar 2020
Autor: Fausi Najjar
Der Besuch bei Bosch Rexroth mutet wie eine Zeitreise an. Als Schüler habe ich bei Bosch in Feuerbach (Stuttgart) gejobbt. Auch in Südafrika überwiegen Blaumänner, die zielstrebig von A nach B laufen, es ist unendlich sauber, und: Ich hätte mich nicht gewundert, wenn mir noch irgendwer ein „Mahlzeit“ entgegengeschmettert hätte. Die Verwaltungsräume sind völlig unprätentiös, es geht um Funktionalität, nicht um Präsentation oder gar Prestige; Bilder von Betriebsereignissen zeigen: Das Wir zählt, Mitarbeitermotivation ist zentral, und dazu gehört auch, eine lange Zugehörigkeit zum Betrieb gebührend zu würdigen.
Auf dem Weg zu Tillmann Olsen, dem Geschäftsführer der Bosch Rexroth Holding Südafrika, nehme ich, ganz schwäbisch, die Treppe. Ich besuche das Werk in einem Gewerbegebiet in Kempton Park vor Johannesburg. Es handelt sich um eine Übernahme des südafrikanischen Automations- und Hydraulikanbieters Hytec und eben nicht um einen traditionellen Bosch-Betrieb in Südafrika. Außerdem: Die Übernahme selbst trägt eher untypische Züge.
Bosch Rexroth in Südafrika vertreibt mit rund 770 Angestellten und neun Tochterunternehmen Hydraulikanlagen, stellt sie im Sondermaschinenbau selbst her und tritt als Maintenance-Dienstleister auf. Allein im Aluminiumwerk Mozal in Mosambik sind mehr als 40 Mitarbeiter im Maintenance tätig. Wichtige Branchen sind neben dem Bergbau die maritime Wirtschaft, der Energiesektor und Infrastrukturprojekte. „Im Bergbau gilt das Prinzip der ununterbrochenen Produktion, verlorenes Volumen kann kaum im Nachhinein wettgemacht werden“, so Olsen. „Wir müssen also die ständige Maschinenverfügbarkeit gewährleisten.“
© THEGIFT777, Christopher Furlong/Staff, Henrique NDR Martins, Jörg Schneider/Kamman Rossi
Dieses Vorurteil stimmt
Im Grunde sei Bosch Rexroth eine große Ausnahme, sagt Olsen. Die hinzugekommenen Unternehmenseinheiten haben nach der Übernahme im Februar 2018 die Abläufe und Prozesse der ehemaligen Hytec Holding weitgehend beibehalten. „Das ist ungewöhnlich für eine so große und traditionsreiche Firma wie die Bosch-Gruppe“, betont er. „Wir wollten die Fehler, die häufig bei Mergers und Aquisitions gemacht werden, meiden. Es ist wichtig, die Betriebskultur zu wahren.“
Der afrikanische Markt ist komplex. Wichtige Länder wie Nigeria sind nichts für Einsteiger. Zentral für die Markterschließung in Afrika ist es, „Lösungen für den lokalen Markt zu finden“, stellt Geschäftsführer Olsen fest. Sein Kunde sei End-User, und der habe oftmals Probleme, die nicht mit technischen Spezifikationen einer einzelnen Anlage zu lösen sind. „Es geht darum, das Gesamtproblem des End-Users im Auge zu behalten und ihn bei der Lösung seiner Probleme zu unterstützen.“ Klar sei auch: „Dem Kunden fehlt es oft an Know-how, das wir gerne liefern.“ Das unterscheide Bosch Rexroth von Anbietern, die aufgrund niedriger Preise erfolgreich sind.
Auch vor der Übernahme war die damalige Hytec Holding stark im südlichen Afrika vertreten: in Namibia, Botsuana, Sambia, Mosambik und natürlich auch in Südafrika, mit – neben Johannesburg – im ganzen Land über 17 Zweigstellen. Zudem gibt es in Ghana und Kenia jeweils eine Niederlassung. „Als Teil von Bosch Rexroth können die Unternehmen der ehemaligen Hytec Holding jetzt auf dem afrikanischen Markt weiter expandieren“, so Olsen. Aber auch Südafrika selbst sei interessant.
Deutsche Unternehmen wollen – und das vor allem im Bergbau – einen Reputationsschaden wegen unsauberer Geschäftspraktiken meiden. Bosch Rexroth hatte vor der Übernahme genügend Zeit, Hytec kennenzulernen. Man kooperierte mehr als 50 Jahre miteinander. Die vollständige Übernahme erfolgte erst, nachdem Bosch Rexroth als Teil der Bosch-Gruppe im Jahr 2014 50 Prozent seines Vertriebspartners übernommen hatte. „Die Hytec Holding war mit ihren Unternehmenseinheiten durchweg von Nulltoleranz geprägt, wenn es um das Thema Compliance geht“, sagt Olsen. „Das entspricht unseren Werten und gibt uns die Möglichkeit, auch innerhalb der hinzugekommenen Gruppe weiterhin als Ethical Player zu punkten.“
»Man sollte seine Werte auch in Afrika nicht über Bord werfen.«
Fausi Najjar
GTAI-Korrespondent Johannesburg
Für die Markterschließung in Afrika gibt es kein Patentrezept, aber gute Beispiele, so Fausi Najjar, seit Mitte 2018 Korrespondent für das südliche Afrika. Er hat mit dem Geschäftsführer von Bosch Rexroth über einen besonderen Lösungsansatz gesprochen.
Das ist made in Germany
Bei aller Flexibilität bleibt das Unternehmen seinem hohen Anspruch bei Service, Qualität und Transparenz treu. Offenbar sind das die Pfründe, die sich deutsche Unternehmen bewahren sollten, weil man mit diesen auch in Afrika erfolgreich punkten kann. Eine hohe Flexibilität muss demnach nicht heißen, eigene Unternehmenswerte über Bord zu werfen, nur weil es sich um den schwierigen afrikanischen Markt handelt.
Auch für mittlere Unternehmen kann es also interessante Partner in Südafrika geben; für den lokalen und für den gesamtafrikanischen Markt. Südafrikanische Unternehmen sind oftmals eine relevante Größe auf dem afrikanischen Kontinent. 2017 waren von den 50 größten afrikanischen Aktiengesellschaften 39 südafrikanischen Ursprungs. Diese Unternehmen sind in der Regel auch außerhalb Südafrikas auf dem Kontinent aktiv. Dies gilt auch für kleinere Unternehmen.
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Weitere Informationen und die neuesten Wirtschaftsdaten zu Südafrika finden Sie unter: www.gtai.de/suedafrika.
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